21.05.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 231 / Zusatzpunkt 9

Thomas JurkSPD - Aktuelle Stunde – Entschädigungszahlungen für Braunkohlekraftwerke

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst stelle ich fest, dass die Bergleute und Kraftwerker der Kohlekonzerne seit vielen Jahrzehnten dafür sorgen, dass bei uns jederzeit Strom aus der Steckdose kommt.

(Beifall bei der AfD)

Wir sprechen also von hart arbeitenden Menschen, die für eine sichere Energieversorgung in Deutschland sorgen.

Die Grünen versuchen hier dagegen, den Eindruck zu erwecken, dass sich die bösen Kapitalisten von RWE und der LEAG die Taschen auf Steuerzahlerkosten füllen. Das ist völlig absurd; denn für die Zahlung des Bundes besteht eine ganz klare Zweckbindung: Die Mittel sollen die Tagebaufolgekosten abdecken.

(Beifall bei der SPD – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sollen die Betreiber selber machen! Steht im Gesetz!)

– Das steht im Vertrag. Sie müssen ihn mal lesen, Herr Krischer.

Diese Zweckbindung der Bundesmittel – –

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht im Bundesberggesetz!)

– Entschuldigung! Können Sie mir mal zuhören? Dann können Sie gerne weiterdiskutieren. Ich muss Ihnen das jetzt erst mal erklären; dann können wir weitermachen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Diese Zweckbindung der Bundesmittel ist in dem öffentlich-rechtlichen Vertrag in vielfacher Hinsicht abgesichert. Lesen Sie die §§ 10 oder 16!

(Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welchen jetzt? – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welches Gesetz!)

Im Fall der LEAG geschieht das sogar über eigene Zweckgesellschaften in Brandenburg und Sachsen, welche die Zahlungen des Bundes erhalten. Daran ist eben nichts fragwürdig.

(Zuruf des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das sehen natürlich auch die Grünen in Brandenburg und Sachsen so; denn sie haben die jeweiligen Vorsorgevereinbarungen der Zweckgesellschaften mitgetragen. Das Verhalten der Grünen auf Länderebene ist eben auch logisch; denn je weniger Geld der Bund zur Deckung der Tagebaufolgekosten gibt, desto höher ist das Risiko für die Länder, am Ende auf diesen Kosten sitzen zu bleiben, und diese Kosten sind nicht gering.

Ein Beispiel aus der Lausitz ist der Cottbuser Ostsee im einstigen Tagebau Cottbus-Nord. Die Flutung läuft bereits seit 2019. Insgesamt wird die LEAG allein für die Herstellung des Ostsees 300 Millionen Euro einsetzen. Sie können es gerne im aktuellen Bundesrechnungshofbericht nachlesen: Bund und Länder haben seit 1991 bereits rund 12 Milliarden Euro über die LMBV in die Braunkohlesanierung des Mitteldeutschen und Lausitzer Reviers gesteckt. Insofern halte ich die im Vertrag vereinbarten Summen durchaus für nicht unrealistisch.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh!)

Wir sollten zudem eines nicht vergessen: Es geht bei dem öffentlich-rechtlichen Vertrag auch um die sozialverträgliche Umsetzung des Kohleausstiegs. Dazu haben sich die Kohlekonzerne im Vertrag verpflichtet. Dies ist ein ganz wesentlicher Teil des von der Kohlekommission vorgeschlagenen Kompromisses, und dazu steht die SPD-Bundestagsfraktion ausdrücklich.

(Beifall bei der SPD – Manfred Grund [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Es ist völlig klar, dass die tarifvertraglichen Regelungen zum Anpassungsgeld niemals greifen können, wenn die vereinbarte Entschädigungssumme infrage gestellt wird. Wer also die Hand an die Entschädigung legt, wie das die Grünen hier tun, der legt auch die Hand an die soziale Absicherung des Kohleausstiegs.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Leute, Leute! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da klatscht nicht mal Ihre Fraktion!)

Die Höhe der Entschädigungszahlung ist im Übrigen nicht fragwürdig berechnet, sondern das Ergebnis eines intensiven Verhandlungsprozesses. Darin sind verschiedene Erwägungen eingeflossen. Ich nenne insbesondere die durch die vorgezogenen Kraftwerkstilllegungen fehlenden Deckungsbeiträge zur Finanzierung der Tagebaufolgekosten. Außerdem ist ein umfassender Rechtsbehelfsverzicht der Betreiber einschließlich eines Ausschlusses der Schiedsgerichtsbarkeit vereinbart worden. Letzteres ist ein nicht ganz unwesentlicher Aspekt, wie inzwischen alle wissen, selbst wenn sie nicht Völkerrecht studiert haben sollten.

(Heiterkeit und Beifall des Abg. Karsten Hilse [AfD])

Dazu noch grundsätzlich ein Hinweis: Im Kohleausstiegsgesetz wurde in Bezug auf die Braunkohle aus guten Gründen keine Berechnung der Entschädigungshöhe vorgenommen; denn dazu hätten wir eine Vielzahl von spekulativen Annahmen für die nächsten 20 Jahre treffen müssen. Wie die inzwischen sehr stark von Finanzinvestoren getriebene Entwicklung der Preise von CO

Mit dem öffentlich-rechtlichen Vertrag und den bereits in Kraft getretenen gesetzlichen Vorschriften wird die Reduzierung und Beendigung der Braunkohleverstromung in Deutschland planbar und vor allem rechtssicher umgesetzt.

Deutschland ist zweifelsohne auf eine sichere Energieversorgung angewiesen. Zugleich stehen wir bei der Strukturentwicklung in den Revieren vor großen Aufgaben. Forderungen nach einem noch früheren Kohleausstieg sind deshalb fehl am Platze. Wir brauchen mehr Verlässlichkeit in der Energie- und Klimapolitik und keine neuen Unsicherheiten und Risiken.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Die jüngsten Aussagen – und das ist ein Beweis für neoliberale Politik – aus den Reihen der Grünen zur Erhöhung des CO

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie das mal Ihrer Umweltministerin!)

Lassen Sie uns künftig darüber und weniger über Ihre Verschwörungstheorien sprechen!

Mit einem herzlichen Glückauf verabschiede ich Sie alle ins Wochenende.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reden Sie mal mit Svenja Schulze darüber! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mein Gott! Das können Sie aber mit Svenja Schulzes Ideen nicht umsetzen! Also, so holt die Münster nicht! – Gegenruf des Abg. Thomas Jurk [SPD]: Immer bei den Fakten bleiben! – Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], an Abg. Thomas Jurk [SPD] gewandt: Ja, ich bin bei den Fakten!)

Vielen Dank. – Das Wort geht an die FDP-Fraktion mit Dr. Martin Neumann.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7523495
Wahlperiode 19
Sitzung 231
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde – Entschädigungszahlungen für Braunkohlekraftwerke
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