21.05.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 231 / Zusatzpunkt 9

Claudia MollSPD - Aktuelle Stunde – Entschädigungszahlungen für Braunkohlekraftwerke

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich bei Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, dass wir heute erneut über den Kohleausstieg sprechen. Sie wollen jedoch nicht über die drängenden und konkreten Herausforderungen der Menschen in den Kohleregionen und im Industrieland Deutschland sprechen. Sie stellen die Entschädigungszahlungen an die Braunkohlekonzerne in den Mittelpunkt der heutigen Debatte. Gut! Das passt bestimmt in Ihren Wahlkampf: Schmutziges Geld für schmutzige Konzerne. Da lacht doch das Wahlkämpferherz der Grünen am Infostand.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich finde, wir müssten jetzt endlich diese Symboldebatten sein lassen. Entschädigungszahlungen sind doch nicht das fundamentale Problem. Während wir hier über Entschädigung streiten, gehen in den Revieren die Lichter aus.

(Zuruf der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

– Ach, komm. – Wir müssen wohl auch nicht darüber reden, dass die Entschädigungen – –

(Zuruf der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

– Habe ich eben bei ihm auch so gebrüllt? Nein, habe ich nicht, obwohl ich mich tierisch aufgeregt habe.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)

Ja, heizen Sie mich noch mehr an!

Wir müssen wohl auch nicht darüber reden, dass die Entschädigungen auch ihre Berechtigung haben. Sie wissen natürlich auch, dass es bei den Entschädigungen nicht nur um entgangene Gewinne geht. Nein, es geht um Sozialkosten und Mehrkosten bei der Renaturierung. Wenn man Tagebaue früher beendet, fallen natürlich auch höhere Kosten an.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wer will denn hier noch als Unternehmer tätig sein und Arbeitsplätze schaffen, wenn in der Politik ein ständiges Hin und Her gemacht wird?

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das passt Ihnen nicht ins Bild; Sie sprechen nicht darüber. Sie waren ja auch Teil dieses Hin und Her. Als Teil der rot-grünen Landesregierung haben Sie doch die Entscheidung zur Kohle NRW mitgetragen, nur um sich ein Jahr danach gut zu inszenieren und den Protesten anzuschließen. Anstatt dass Sie jetzt mithelfen, die gewaltigen Folgen zu meistern, machen Sie weiter Ihre Show.

(Zuruf von der CDU/CSU: Ja!)

Ich sehe nur eines: grüne Politikerinnen und Politiker, sei es im Bund, im Land oder in den Kommunen, die nur über den Ausstieg reden, nicht aber über die Konsequenzen.

Ich sage es deshalb noch mal: Während wir hier über die Entschädigungen streiten, gehen in den Revieren die Lichter aus. Wir müssen uns doch die Frage stellen, wie unser Land Industrie- und Energieland bleibt, ein Land mit wertvollen und guten Arbeitsplätzen.

Ich frage mich ernsthaft: Wo ist Ihr Beitrag dazu? Wo bleibt die Aktuelle Stunde, dass der Kohleausstieg schon morgen losgeht und noch kein Job in der Lausitz oder im Rheinischen Revier entstanden ist?

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da müssen Sie mal Armin Laschet fragen!)

Sehen Sie es denn nicht auch, dass viele Forschungsarbeitsplätze gefördert werden, aber die klassischen Industriejobs anscheinend nicht mehr gewünscht sind?

(Manfred Grund [CDU/CSU]: Ja!)

Ich glaube, Sie wollen sich mit diesen konkreten Fragen der Transformation gar nicht befassen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Und wenn Sie mal konkret etwas anpacken müssen, kommt nichts dabei rum. Ernsthaft: In ganz Baden-Württemberg sind zwölf Windräder in 2020 in Betrieb genommen worden.

(Dr. Andreas Lenz [CDU/CSU]: Weniger als in Bayern!)

Das ist grüne Klimapolitik. Ganz toll!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Sie scheinen zufrieden, wenn die bösen Konzerne eins über die Mütze kriegen und die schmutzigen Kohlekumpel obendrein.

(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ausschreibungen!)

Nicht mit mir, nicht mit uns Sozialdemokraten!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich bin heilfroh, dass Olaf Scholz Sie im Wahlkampf genau da stellen wird. Klimaschutz ist eine ganz konkrete Frage, Klimaschutz ist eine soziale Frage, und Olaf Scholz hat ganz klar gesagt: Wir müssen jetzt die Voraussetzungen für einen erfolgreichen und sozial gerechten Klimaschutz schaffen.

(Zuruf der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Für mich sind das vor allem gute und nach Tarif bezahlte Arbeitsplätze.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Strukturwandel muss vor Ort funktionieren und die Betroffenen einbinden.

(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie viel jetzt noch?)

Wir dürfen nicht denken, dass alles geregelt ist, wenn wir nur über das Aussteigen aus der Kohle oder über Entschädigungen für Konzerne sprechen. Wir haben viele Baustellen vor der Brust, wichtigere Baustellen als den Streit um Entschädigungen. Wenn man Klimaschutz wirklich will, müssen wir diese Fragen lösen: Zukunft für die Kumpels, Zukunft für die Region, Zukunft für unser Industrieland.

Und ich habe deshalb am Ende meiner Rede eine ganz herzliche Bitte an Sie, liebe Grüne: Solange Sie weiter nur auf diesen Symboldebatten rumreiten, sprechen Sie bitte nicht davon, dass kein Kumpel zurückgelassen werden soll. Sie leisten hier und heute wieder keinen Beitrag dazu. Das sage ich Ihnen als stolzes Mitglied einer Bergmannsfamilie. Das sage ich Ihnen als Sozialdemokratin, die will, dass Klimaschutz für die Menschen in unserem Land sozial gerecht gelingt.

(Zuruf des Abg. Dr. Götz Frömming [AfD])

Und ich darf mit Stolz „Glückauf!“ sagen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Frau Kollegin, die Redezeit ist beendet.

Ich bin fertig.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das darf meine Familie aus Hamm auch! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist die SPD der Zukunft! – Gegenruf der Abg. Claudia Moll [SPD]: Ja, das ist die SPD der Zukunft, genau!)

Vielen Dank. – Das Wort geht an Lisa Badum von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7523500
Wahlperiode 19
Sitzung 231
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde – Entschädigungszahlungen für Braunkohlekraftwerke
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