09.06.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 232 / Tagesordnungspunkt 3

Thomas ErndlCDU/CSU - 80. Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Überfall auf die Sowjetunion vor 80 Jahren begann das nationalsozialistische Deutschland einen der grausamsten Feldzüge der Menschheitsgeschichte. Rassenwahn und Naziideologie lösten in Osteuropa unbeschreibliches Leid aus. Zerstörung und millionenfacher Tod waren die Folge. Ob Baltikum, Weißrussland, Ukraine oder die anderen Sowjetländer: Das damalige Deutschland hinterließ im Osten Europas blutgetränkte Erde. Es muss uns deshalb mit großer Dankbarkeit erfüllen, dass viele Länder der ehemaligen Sowjetunion trotz dieser tragischen Vergangenheit heute gute und enge Partner Deutschlands sind.

Meine Damen und Herren, wir haben die historische und immerwährende Pflicht, an diese Verbrechen zu erinnern und aufzuklären. Aber bliebe es nur beim Erinnern, dann würden wir diese Pflicht nicht ausreichend erfüllen. Denn wir sprechen ganz besonders an diesem Jahrestag auch über eine gemeinsame Verantwortung für die Zukunft: die Verantwortung zu einem friedlichen Zusammenleben – und das gerade auch mit Russland.

Trotz aktueller Spannungen gibt es starke Brücken zwischen beiden Ländern. Liebe Kolleginnen und Kollegen, nächstes Jahr jährt sich der Abschluss des Deutsch-Russischen Kriegsgräberabkommens zum 30. Mal. Es klingt wie eine Kleinigkeit, wenn man die Erhaltung und Pflege der Kriegsgräber im jeweils anderen Staat per Vertrag regelt. Aber als Anfang der 90er-Jahre der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge seine Arbeit in der ehemaligen Sowjetunion aufnehmen konnte und fast 50 Jahre nach Kriegsende Ruhestätten schaffte, waren es russische Veteranen, die gemeinsam mit deutschen Veteranen mithalfen, den Opfern eine würdige letzte Ruhe zu ermöglichen. Das zeigt: Ehemalige Feinde, die sich hier gemeinsam engagieren, gemeinsam Gräberpflege betreiben, gemeinsam damit auch den Schrecken dieses Krieges wachhalten, mahnen auch gemeinsam zum Frieden – für mich ein kräftiges Symbol dafür, wie wichtig gerade persönliche Beziehungen für die Versöhnung zwischen den Völkern sind.

Meine Damen und Herren, es ist natürlich äußerst bedauerlich, dass Kooperationen von russischer Regierungsseite immer wieder behindert werden. Einschränkungen der Zivilgesellschaft, die NGO-Gesetze, Sanktionen gegen deutsch-russische Organisationen sind nicht zielführend, vor allem, weil wir in den vergangenen Jahren an vielen Stellen konstruktiv zusammengearbeitet haben, aktuell beim „Deutschlandjahr in Russland“. Gerade in angespannten Zeiten müssen wir ein Zeichen für einen starken kulturellen Austausch setzen. Wir haben lebendige Städtepartnerschaften. Und heute studieren rund 11 000 russische Studenten in Deutschland. Es gibt knapp 1 000 Hochschulkooperationen. Russland ist eines der Länder mit den meisten ausländischen DAAD-Stipendiaten pro Jahr. Das ist so wichtig – gegenseitiges Verstehen, Kennenlernen – für bessere Beziehungen in der Zukunft.

Diese Beispiele, meine Damen und Herren, zeigen: Wir haben ein breites Fundament zur Zusammenarbeit mit den Menschen in Russland. Hierauf müssen wir weiter aufbauen, und wir dürfen uns nicht entmutigen lassen. Denn wir wollen gute Beziehungen zu diesem Land; das ist für uns eine zentrale Lehre aus der Geschichte.

Ich bin dankbar, dass es trotz aller Differenzen, die wir mit der politischen Führung in Russland haben, in der Bevölkerung auf beiden Seiten den Willen zu Freundschaft, Frieden und Kooperation gibt.

Herzlichen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7526291
Wahlperiode 19
Sitzung 232
Tagesordnungspunkt 80. Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion
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