09.06.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 232 / Zusatzpunkt 1

Carsten SchneiderSPD - Aktuelle Stunde - Presseberichte über vermeintlich minderwertige Masken

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Deutsche Bundestag ist auch ein Ort für eine scharfe politische Auseinandersetzung. Dazu komme ich noch.

Ich finde aber, dass das, Herr Brandner, was Sie hier eben gemacht haben, und zwar dieses Insinuieren von möglichen Geschäften des Ehemanns von Herrn Spahn, wofür es keinen Beweis und auch keinen Beleg gibt, nur Ihre Verleumdung, eine Sauerei ist.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE])

Das gehört sich nicht. Ich weise das in aller Schärfe zurück. Ich finde, Sie können sich mit dem Gesundheitsminister als politischer Person auseinandersetzen, aber nicht mit Angehörigen, wofür Sie keinerlei Belege haben.

Ich will zu drei Punkten was sagen: erstens zum Vorgang der Masken, zweitens zur Bilanz des Gesundheitsministers und drittens zur Koalition. Herr Ziemiak kommt ja auch noch.

Erstens: dieser Maskenvorgang. Die Sozialdemokraten stehen dafür – das haben wir auch durchgesetzt –, dass vulnerable Gruppen, Leute, die wenig Geld haben, die aber Schutz brauchen – Obdachlose, auch Arbeitslosengeld-II-Empfänger und andere –, die notwendige Schutzausrüstung bekommen: FFP2-Schutzmasken. Das haben wir gefordert; das haben wir politisch auch durchgesetzt. Es war auch richtig.

Und diese Masken sollen natürlich die gleichen Schutzstandards und Vorkehrungen haben wie die allen anderen zur Verfügung gestellten Masken. Deswegen hat das Arbeits- und Sozialministerium klar gesagt, dass die nicht getesteten Masken, die sich jetzt in Reserve befinden und die, sollten sie mal genutzt werden, nach allen Standards getestet werden müssen, nicht zur Verfügung gestellt werden. Diese Entscheidung war richtig, und ich bedanke mich bei Hubertus Heil für diese klare Kante.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass daraus jetzt eine Aktuelle Stunde, ein politischer Vorgang an sich geworden ist, hat ein bisschen was mit der gesamten Leistungsbilanz der politischen Person Jens Spahn zu tun; zu der komme ich jetzt.

(Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Das hat mit der Linken zu tun!)

– Ja, die Aktuelle Stunde findet statt auf Antrag der Linken.

Das Erste ist: Diese Koalition hat, glaube ich, in der Coronapandemie zwar mit Fehlern, klar, aber dem Grunde nach richtig und ordentlich gehandelt. Wir sind in Deutschland gut damit gefahren.

Zweitens. Herr Spahn hat zu Beginn der Pandemie gesagt – das war, glaube ich, hier im Bundestag, in einer Regierungsbefragung –, man werde sich viel verzeihen müssen. Das war sehr vorausschauend, insbesondere was das eigene Ressort betrifft. Und da habe ich doch mehr als Kritikpunkte, nämlich auch wirklich einschlägig eine andere Einschätzung.

Erstens. Die Impfstoffbeschaffung kam zu spät. Sie war auf europäischer Ebene zu gering. Sie war in Teilen zu geizig. Und wenn Deutschland und Herr Spahn als Gesundheitsminister damals in der EU die Federführung dafür auch mit hatte, so hätten wir dort schneller und auch tiefgreifender handeln müssen. Das hätte uns ein, zwei Monate früher mehr Impfstoff beschafft.

Zweitens. Worüber ich mich wirklich sehr geärgert habe, war die Testverordnung.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie waren doch auch dabei! – Widerspruch des Abg. Paul Ziemiak [CDU/CSU])

– Herr Ziemiak, es geht um Milliarden.

Herr Spahn hat – ich glaube, es war Mitte Februar – angekündigt: Zum 1. März haben alle Tests. – Nichts war vorbereitet, gar nichts. Was daraus folgte, war zum 1. April in der Konsequenz ein viel zu hoher Preis – 18 Euro – und durch fast keine Kontrollen eine Einladung zur Selbstbedienung. Dieser Fehler kostet uns sehr, sehr viel Geld, und er war absehbar. Er war absehbar, und auch Haushaltspolitiker dieser Koalition haben darauf hingewiesen, dass es in weiten Teilen eine Einladung zum Betrug ist und vor allen Dingen auch mit zu hohen Kosten verbunden ist. Das ist eine politische Verantwortung, Herr Spahn, die Sie tragen und die wir als Sozialdemokraten nicht mittragen, im Gegenteil.

Zum Zweiten: das Impfangebot für Kinder ab zwölf, wenn kein Impfstoff da ist. All das sind Enttäuschungen, die hervorgerufen wurden, die nichts mit klugem Erwartungsmanagement in der Politik zu tun haben.

Nun will ich aber noch einen Satz zur Koalition sagen. Die SPD hat diese Debatte nicht aufgemacht.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Nicht Ihre Vorsitzende?)

Die SPD hat auch nicht dafür gesorgt, dass es dafür eine Veröffentlichung gäbe, überhaupt nicht. Was ich aber sagen will, ist, dass diese sozialdemokratische Partei und diese Fraktion zu dieser Regierung stehen.

Und ich kann Ihnen nur eines sagen, Herr Grosse-Brömer, von Kollege zu Kollege: Es ist eure Fraktion, die viele Beschlüsse, die das Kabinett getroffen hat, blockiert und nicht zum Abschluss im Deutschen Bundestag bringt. Ich nenne mal das Wehrhafte-Demokratie-Gesetz, ich nenne Kinderrechte im Grundgesetz, Streichung des Rassebegriffs, Unternehmenssanktionsrecht, die hälftige Aufteilung der Erhöhung des CO2-Preises zwischen Vermietern und Mietern:

(Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Sieben Gesetze – Paul Ziemiak [CDU/CSU]: Noch weiter!)

All das hat das Kabinett, hat eure Bundeskanzlerin mit beschlossen, und ihr seid als Fraktion nicht bereit, es hier im Bundestag mit zu beschließen.

(Beifall bei der SPD)

Das ist so eine Entfernung von Regierungsfähigkeit und letztendlich auch eine Entfremdung zur Regierung, dass ich nur sagen kann, um das abzuschließen: Wir werden es im September sehen. Aber ein paar Jahre in der Opposition täten euch auch gut.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Tino Sorge [CDU/CSU]: Genauso wie in Sachsen-Anhalt!)

Vielen Dank, Carsten Schneider. – Nächste Rednerin: für die Fraktion Die Linke Susanne Ferschl.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7526323
Wahlperiode 19
Sitzung 232
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Presseberichte über vermeintlich minderwertige Masken
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta