Ralf KapschackSPD - Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses 2020
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Präsidentin, ich weiß ja nicht, ob Sie mir nachher auch eine Verabredung anbieten. Warten wir’s mal ab.
(Heiterkeit bei der SPD und der LINKEN)
Nein, das war umgekehrt. Er hat sie mir angeboten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir bearbeiten jedes Jahr eine Menge Petitionen. Mehr Menschen wollen sich einmischen, und das ist auch gut so. Der Petitionsausschuss ist eben eine wichtige direkte Verbindung zwischen Bürgerinnen und Bürgern und dem Parlament. Wer starke Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern will, der muss auch den Petitionsausschuss und seine Arbeit stärken; denn es geht um den Kontakt unserer Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zu ihrem Parlament. Um diesen Kontakt zu verbessern, um deutlich zu machen, dass Petitionen willkommen sind, weil sie oft Schwachstellen in Gesetzen oder im Verhalten von Ämtern und Behörden offenlegen, ist es Zeit, dass der Ausschuss seine Arbeitsweise und seine Instrumente überdenkt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Manche wenden sich aus Not, aus Verzweiflung, aus Unverständnis über den Umgang mit ihrem Anliegen durch Ämter und Behörden an uns. Zwei Beispiele: In einer Petition beklagt sich die Mutter einer schwerbehinderten jungen Frau über das bürokratische Gestrüpp zwischen Bundesteilhabegesetz und Krankenkassen. Offenbar hat ihr niemand ausführlich erläutert, an wen sie sich wenden kann, welche Leistungen ihr zustehen – das erst recht nicht – und wo sie sich beraten lassen kann. Hilfe aus einer Hand ist etwas anderes.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Im zweiten Fall hat ein sehbehinderter Mann ein Auto gekauft und wusste nicht, dass er dafür einen Zuschuss in Anspruch nehmen kann. Mit dem Hinweis, er habe aber den Empfang eines 47 Seiten langen Merkblatts unterschrieben, in dem unter anderem diese finanzielle Hilfe aufgeführt ist, wurde die nachträgliche Förderung abgelehnt. – In beiden Fällen mag es vielleicht formal korrekt zugegangen sein. Das in Ordnung zu finden, fällt schwer, und bürgerfreundlich ist sicher etwas ganz anderes.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Kersten Steinke [DIE LINKE])
Was ich von Anfang an nicht verstanden habe – das muss ich an dieser Stelle auch mal sagen –: Auch im Petitionsausschuss stimmen die Koalitionspartner nur gemeinsam ab.
(Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist schlecht!)
Daher liegen viele Petitionen auf Halde. In Hessen, habe ich gehört, soll das auch so sein, Frau Rüffer.
(Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, ganz schlecht! Auch in Hessen! – Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: So macht man das!)
Weil wir uns in der Koalition nicht einigen konnten, liegen viele Petitionen auf Halde. Manchmal ist schon der Wunsch, das zuständige Ministerium um eine Verbesserung der Informationen für Hilfe- und Ratsuchende zu bitten, nicht konsensfähig. Das versteht außerhalb dieser Mauern niemand, ich oft auch nicht.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Der Petitionsausschuss ist eben nicht wie andere Ausschüsse unmittelbar an der Gesetzgebung beteiligt; er spielt eine Sonderrolle. Da wäre auch in einer Koalition manchmal mehr Souveränität und Selbstbewusstsein angebracht.
Aber auch andere Aspekte der Ausschussarbeit gehören auf den Prüfstand, etwa die Zugänglichkeit und Verbreitung unseres Onlineangebots oder die teilweise extrem lange Bearbeitungsdauer trotz des großen Engagements unserer Büromitarbeiter/-innen und auch der Mitarbeiter/-innen im Ausschussdienst.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Das sind einige Stellschrauben, um das Image des Petitionsausschusses als zentrales Argument für Bürgerbeteiligung zu stärken.
Ich komme sofort zum Schluss. – „Demokratie beginnt mit Dir“ ist das Motto der niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung. Ein großartiger Satz! Der passt auch hier. Es ist ein Angebot und eine Aufforderung gleichermaßen, gerade in dieser Zeit. Lassen Sie uns als Demokraten bei allen Unterschieden dafür sorgen, dass Bürgerinnen und Bürger das auch so verstehen und sich weiter einmischen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, Ralf Kapschack. – Nächster Redner: für die AfD-Fraktion Johannes Huber.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7526332 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 232 |
Tagesordnungspunkt | Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses 2020 |