Volker KauderCDU/CSU - Stiftung Orte der deutschen Demokratiegeschichte
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Nach längerer Zeit intensiver Beratung und auch Diskussionen werden wir heute ein Gesetz verabschieden, das Demokratiegeschichte anhand von konkreten Orten und Erlebnissen erfahrbar macht.
Oft reden wir ja über Demokratie und darüber, wie wichtig es ist, Demokratie immer wieder neu zu erringen, relativ theoretisch; aber gerade junge Menschen können, da sie an eine digitale Bilderwelt gewohnt sind, viel mehr damit anfangen, wenn sie an einen ganz konkreten Ort kommen, wo sie erleben können, wie Menschen gerungen haben, wie Menschen gelitten haben. Fast alle hier in diesem Deutschen Bundestag kennen die Erfahrung, die wir machen, wenn wir beispielsweise in die beklemmenden Konzentrationslager der Nationalsozialisten kommen. Da kann sich keiner mehr dem Eindruck dieses Ortes widersetzen, und er kann erleben, nachvollziehen, wie es Menschen dort ergangen sein muss.
Wir haben in unserem Land – in Ost und West, in Nord und Süd – eine ganze Reihe von Erfahrungsorten. Einige sind besonders bekannt, andere weniger. Viele von diesen Erfahrungsorten werden von ehrenamtlich tätigen Menschen betreut und in Schwung gehalten. Einige von diesen Orten sind aber, wie man so schön sagt, in die Jahre gekommen und erfüllen nicht mehr die museumspädagogischen und museumsdidaktischen Anforderungen, die heute notwendig sind, um junge Menschen zu begeistern.
Mit diesem Gesetz zur Errichtung einer „Stiftung Orte der Demokratiegeschichte“ wollen wir in erster Linie – das muss ich ausdrücklich betonen, weil die Anhörung es auch gezeigt hat – eine Förderstiftung errichten. Wir verfolgen mit dieser Stiftung in erster Linie also nicht den Ansatz, neue Orte zu schaffen, neue theoretische Gebäude zu entwickeln, sondern wir wollen alles, was an jetzigen Strukturen vorhanden ist, über diese Stiftung fördern.
Der Deutsche Bundestag hat in dieser Legislaturperiode einem Antrag zugestimmt, in dem formuliert worden ist, dass jährlich 10 Millionen Euro dafür zur Verfügung gestellt werden. Es war etwas ganz Außergewöhnliches, dass wir den Haushältern nicht gesagt haben: „Jetzt helft uns mal ein bisschen, dass wir da Geld bekommen“, sondern dass wir das ganz konkret beschlossen haben. Ich bitte darum, dass wir das auch konsequent umsetzen. In diesem Jahr sind 3 Millionen Euro zur Verfügung gestellt worden. Das reicht auch; aber es reicht natürlich nicht für die nachfolgenden Jahre. Es muss auch eine – Modewort – nachhaltige Zusage da sein, damit die ganzen Programme, die jetzt wirken sollen, von den Ehrenamtlichen umgesetzt werden können.
Neben den vielen Orten – ich will gar keine besonders nennen – glaube ich aber, dass wir bei der inhaltlichen Konzeption, die ja auch Gegenstand des Beschlusses ist, noch etwas nachbessern müssen. In der Anhörung ist deutlich geworden, dass wir den einen oder anderen Ort in den neuen Ländern noch etwas pointierter herausstellen sollten. Dafür nenne ich mal ein Beispiel, damit es konkret wird: In der Konzeption steht Leipzig drin, aber die deutsche Einheit wird vor allem mit den Montagsdemonstrationen an der Nikolaikirche in Leipzig verbunden. Diese sollte auch zu einem solchen Ort werden.
Wir haben einen Punkt in der Konzeption, der über das hinausgehen wird, was wir in der sogenannten Förderstiftung machen, und das betrifft die Paulskirche in Frankfurt – ein Thema, das auch vom Bundespräsidenten in besonderer Weise angesprochen wurde, und das ist ein sensibles Thema. Jeder, der die Paulskirche kennt, weiß, dass die Ausstrahlung nicht besonders charmant und ansprechend ist.
(Ulli Nissen [SPD]: Na, na!)
– Frau Kollegin, das sagen mir auch die Frankfurter selber. Ich war mehrfach dort. – Die Paulskirche soll natürlich nicht total umgestaltet werden, aber es soll etwas von dem erfahrbar werden, was dort stattgefunden hat. Das Ganze wird außerhalb der vorgesehenen 10 Millionen Euro finanziert. Wir wollen an der Paulskirche ein „Haus der Demokratie“ errichten, in dem Schülerinnen und Schüler, aber auch ehrenamtlich tätige Vereine in Diskussionen erfahren können, was sich in der Paulskirche zugetragen hat.
Dafür wird nicht die Bundesregierung einen Vorschlag machen, sondern es gibt eine Expertenkommission, und die wird einen Vorschlag unterbreiten. Dann wird hier im Plenum, in der Bundesregierung darüber entschieden, was aus der Paulskirche werden soll. Ich glaube, die Paulskirche ist ein wunderbares Beispiel dafür, was Demokratie in Deutschland zu leisten in der Lage war.
Deswegen freue ich mich, dass wir das jetzt noch in dieser Legislaturperiode geschafft haben. Noch in dieser Legislaturperiode wird die Stiftung eingerichtet werden und dann mit ihrer Arbeit beginnen. Demokratie wird erfahrbarer. Demokratie – so wird deutlich – ist nicht ohne täglichen Einsatz und manchmal auch nicht ohne Opfer möglich.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank, Herr Kollege Kauder. – Nächster Redner ist der Kollege Dr. Götz Frömming, AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7526356 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 232 |
Tagesordnungspunkt | Stiftung Orte der deutschen Demokratiegeschichte |