09.06.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 232 / Tagesordnungspunkt 8

Götz FrömmingAfD - Stiftung Orte der deutschen Demokratiegeschichte

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Kauder, wir sind Ihnen dankbar, dass Sie soeben ein Plädoyer gehalten haben für eine erweiterte Geschichtsbetrachtung. Dafür setzen wir als AfD-Fraktion uns schon länger ein.

Meine Damen und Herren, der heute zu diskutierende und zu beschließende Vorschlag ist ein guter Vorschlag. Wir wollen Orte der deutschen Demokratiegeschichte würdigen. Kollege Kauder hat bereits die Paulskirche erwähnt. Wir finden es sehr gut, dass dieser Ort auch ein Bestandteil des Konzepts ist. Wir finden das sogar so gut, dass wir unseren Fraktionssaal nach der Paulskirche benannt haben. Wir tagen im „Saal Paulskirche“.

(Abg. Ulli Nissen [SPD] schüttelt den Kopf)

Leider haben die sich selbst demokratisch nennenden Fraktionen offenbar etwas dagegen, dass wir den Saal auch offiziell so nennen. Wir würden gerne außen ein Schild anbringen dürfen, Herr Präsident, um diesen Saal auch offiziell „Saal Paulskirche“ nennen zu dürfen. Da könnten Sie mal gelebte Demokratie beweisen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der AfD – Zuruf der Abg. Ulli Nissen [SPD])

Herr Präsident, gestatten Sie mir, mit einem Zitat zum eigentlichen Teil zu kommen:

Die Zeit schreitet in Stürmen vorwärts, ihren ungestümen Gang gewaltsam aufhalten zu wollen, wäre ein eitles Unternehmen.

Man kommt kaum darauf, wer das gesagt hat: Klemens Fürst von Metternich im Jahre 1820 – fast schon prophetische Worte. Sie erinnern sich: Metternich war derjenige mit dem Metternichʼschen System. Dieses System steht für die Unterdrückung der Opposition. Es steht für die Einschränkung der Versammlungsfreiheit. Es steht für Zensur. Es steht für die Verfolgung von Schriftstellern, Wissenschaftlern, Gelehrten – denken Sie an die Göttinger Sieben. Das sind alles Einschränkungen, wie wir sie jetzt auch erleben, und so bekimmen wir ein eindrückliches Bild, wie es damals zur Zeit der Restauration in Deutschland ausgesehen hat.

Meine Damen und Herren, wir wissen aber auch, dass der Wunsch, die Sehnsucht nicht nur nach Demokratie, Freiheit und Recht, sondern auch nach Einigkeit nicht auszulöschen war, auch nicht durch die stärkste staatliche Observation und Repression. Genauso wird es auch heute sein: Kein Verfassungsschutz der Welt kann die Demokratie in ihrem Gang aufhalten.

(Beifall bei der AfD – Lachen des Abg. Alexander Graf Lambsdorff [FDP])

Ich hatte es schon gesagt: Wir begrüßen grundsätzlich den Vorschlag, die Orte der Demokratiegeschichte zu würdigen. Erstaunlicherweise haben im Ausschuss nicht alle Fraktionen dieses Projekt begrüßt. Es gibt besonders aus einer Ecke Vorbehalte. Wir haben uns doch sehr gewundert, dass es sogar Initiativen gibt, die sich auch gegen eine Rekonstruktion der Paulskirche aussprechen.

Liest man mal in den offenen Briefen dieser Initiative nach, dann wundert man sich, mit welchen Argumenten hier argumentiert wird: Die Paulskirche solle deshalb nicht wieder in einen ansehnlichen Zustand gebracht werden, weil damit Geschlechterungerechtigkeit zementiert würde; denn damals hätten die Frauen nicht direkt neben den Männern gesessen usw. Meine Damen und Herren, wenn man solche Vorurteile von heute auf die Zeit von damals überträgt, dann wird man der Geschichte nicht gerecht, und dann kommen wir mit diesem Projekt überhaupt nicht voran. Das ist Unsinn.

(Beifall bei der AfD)

Wir hingegen meinen, dass dieses Projekt sowohl zeitlich als auch räumlich durchaus noch erweitert werden könnte. Wir sollten den Blick über die bundesrepublikanische Provinz hinaus wagen. Denken Sie bitte daran, dass auch außerhalb Deutschlands Orte der deutschen Demokratie zu finden sind; ich nenne da zum Beispiel Kreisau. Der Kreisauer Kreis wird einigen bekannt sein. Dort ist auch Demokratie gemacht worden. Wir sollten zeitlich vielleicht ein bisschen weiter zurückschauen. Denken Sie zum Beispiel an die Stadt Memmingen; dort gab es die ersten Bauernaufstände. Auch dort sind schon erste Ideen formuliert worden, wie Demokratie aussehen kann.

Lassen Sie mich schließen mit einem Appell, dass wir nicht nur zurückblicken, dass Sie nicht nur zurückblicken, dass Sie nicht nur Demokratiegeschichte würdigen. Noch besser wäre es, wenn die sich selbst seit einiger Zeit so nennenden demokratischen Parteien auch mal mehr Demokratie leben, mehr Demokratie wagen würden.

(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Das scheint ja tief zu sitzen bei Ihnen!)

Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss.

Wagen Sie es doch einfach mal, unseren Vizepräsidenten zu wählen. Dann würden Sie sich als wahre Demokraten erweisen.

Bitte kommen Sie zum Schluss.

Denn zur Demokratie, meine Damen und Herren, gehört auch der Schutz der Minderheiten. Das können Sie morgen beweisen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der AfD – Zuruf der Abg. Ulli Nissen [SPD])

Vielen Dank, Herr Kollege Frömming. – Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Martin Rabanus, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7526357
Wahlperiode 19
Sitzung 232
Tagesordnungspunkt Stiftung Orte der deutschen Demokratiegeschichte
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