Katrin BuddeSPD - Stiftung Orte der deutschen Demokratiegeschichte
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Deutschland hat eine wechselvolle Geschichte. Wenn wir über Erinnerungskultur reden, reden wir meist über die schlimmen Zeiten: Wir dürfen nicht vergessen – wir müssen uns erinnern – das darf nie wieder passieren. – Und das hat seine Gründe, weil das letzte Jahrhundert das Jahrhundert der Diktaturen war. Das hat Deutschland geprägt, und das hat viel Leid nicht nur in Deutschland, sondern auch über Europa und die gesamte Welt gebracht.
Es gibt in unserer Geschichte aber selbstverständlich auch Zeiten und auch Dinge, auf die wir nicht nur stolz sein dürfen, sondern auch stolz sein müssen: das Entstehen der Demokratie, das Stabilbleiben der Demokratie nach 1945, die Friedliche Revolution, Gleichberechtigung, das Grundgesetz, freie Wahlen, freie Gewerkschaften, freie Presse.
In dem Rahmenkonzept werden große Orte genannt wie die Frankfurter Paulskirche, das Hambacher Schloss und das Haus der Weimarer Republik. Dabei soll es aber, lieber Erhard Grundl, nicht bleiben, sondern das ist die erste Rahmenkonzeption, und – ja – da muss weitergemacht werden; darin sind wir uns einig. Denn es gibt natürlich zahllose Erinnerungs- und Ereignisorte in unserem Land, die positiv mit Demokratie in all ihren Facetten besetzt sind.
Das Konzept muss ein lernendes Konzept sein; es darf kein statisches Konzept sein, weil wir diese weiteren Orte überall bzw. nebenan brauchen. Wo ist Demokratiegeschichte nebenan zum Anfassen geschrieben worden? – Und das ist wichtig.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ja, die Friedliche Revolution in der DDR und die Wiedervereinigung sind natürlich herausragende Momente in der Freiheits- und Demokratiegeschichte unseres Landes. Das müssen wir würdigen. Dazu gehört für mich auch ein Freiheits- und Einheitsdenkmal in Leipzig; das muss in der nächsten Legislatur beschlossen und bezahlt werden. Deutschlandweit gibt es aber überall kleinere und größere Orte nicht nur aus der Zeit der Friedlichen Revolution, sondern aus der gesamten Zeit der Entstehung der Demokratie und der Bewahrung der Demokratie, sodass wir nebenan sichtbar machen müssen, wo Demokratie ist und wie man sie bewahren kann.
Dazu gehören zum Beispiel auch ganz alte Orte. Thomas Müntzer hat in Altstädt in Sachsen-Anhalt das erste Mal gegenüber den Fürsten das Widerspruchsrecht des gemeinen Mannes eingefordert. Okay, mit den Frauen hatte er es noch nicht so gehabt, und so richtig Demokratie wollte er auch nicht. Aber ein Widerspruchsrecht einzuführen, ist ja überhaupt erst mal ein erster Schritt. Und auch das ist wichtig.
Wir haben in unserem Land eine inzwischen schon erwachsene Generation und viele, die nachkommen, die unser Land nur noch so kennen, wie es ist. Gott sei Dank! Sie leben in Freiheit, in Demokratie. Man kann sagen, was man will, und wird nicht bestraft. Das heißt aber auch, dass wir ihnen zeigen und immer wieder sagen und sichtbar machen müssen, dass es Demokratie nicht einfach zum Nullkostenpreis gibt, sondern dass Demokratie jeden Tag erkämpft, erarbeitet, bewahrt werden muss; und dafür brauchen wir diese Orte.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Frau Kollegin, kommen Sie zum Schluss.
Ich würde gerne schließen mit einem Satz von Frank-Walter Steinmeier – mein letzter Satz in meiner Rede –:
Was sich nicht wiederholen soll, darf nicht vergessen werden. Aber auch an das, was Vorbild war, was Bestand und Zukunft haben soll, muss erinnert werden.
Dazu soll die Stiftung beitragen, und das ist gut.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Vielen Dank, Frau Kollegin Budde. – Damit schließe ich die Aussprache.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7526364 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 232 |
Tagesordnungspunkt | Stiftung Orte der deutschen Demokratiegeschichte |