Marco Bülowfraktionslos - Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie, Klimaschutz
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Bundesverfassungsgericht urteilte, dass fehlender Klimaschutz die Freiheit der jungen und der zukünftigen Generationen gefährdet. Ich würde deswegen gerne die kurze Redezeit nutzen, um über den Begriff „Freiheit“ zu sprechen.
Freiheit ist ein sehr hohes Gut, auch für mich. Hannah Arendt, die Philosophin, hat das in den Mittelpunkt ihrer Arbeit gestellt und dazu einen Aufsatz „Die Freiheit, frei zu sein“ verfasst. Ich kann nicht nur jedem Liberalen, sondern allen Menschen empfehlen, dieses Buch zu lesen. Ihre Hauptaussage ist: Für die Freiheit, frei zu sein, muss die Befreiung der Freiheit vorangehen, die Befreiung von Furcht und sozialer Not; ansonsten gibt es keine Freiheit.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Genau das muss im Mittelpunkt stehen. Das hat absoluten Vorrang. Deswegen ist die Anwendung von „Freiheit“ auf die Freiheit des Marktes oder die Freiheit beim Rasen auf der Autobahn eine absolute Verkürzung, nicht statthaft und diesem Begriff nicht angemessen.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Hans Jonas, ein weiterer Philosoph, hat das erweitert und die Verbindung von Freiheit und Verantwortung hergestellt. Er spricht von der Verantwortung unseres Handelns und vom Prinzip Verantwortung, wobei er sich auch auf Kant beruft. Bei ihm wird deutlich, dass wir nicht alles tun dürfen, was wir wollen oder was wir können. Freiheit endet immer da, wo sie die Freiheit von anderen und eben auch der zukünftigen Generationen einschränkt. Seine Maxime ist:
Handle so, daß die Wirkungen deiner Handlung verträglich sind mit der Permanenz
– ich wiederhole: mit der Permanenz –
echten menschlichen Lebens auf Erden.
Auch das ist eine umweltpolitische Verantwortung: unsere Lebensgrundlagen permanent zu schützen. Ansonsten wird die Freiheit gefährdet, spätestens die unserer Kinder und Enkel. Genau so sollten wir handeln.
Das heißt, dass Umwelt- und Klimaschutz Menschenschutz ist; das vergessen wir so häufig. Genau dort haben wir versagt, dort sind wir unserer Verantwortung eben nicht gerecht geworden, weil wir in den letzten 30, 40 Jahren nicht darauf geachtet haben, dass wir alle Ressourcen verbrauchen, dass wir so viel CO2 in die Luft schießen, dass, wenn wir so weitermachen, unsere Kinder eben nicht mehr diese Freiheit haben. Das ist übrigens mit dem Begriff der „Ökodiktatur“ gemeint. Dieser Begriff meint nicht, dass irgendjemand Beschränkungen usw. beschließt, sondern der Begriff der „Ökodiktatur“ meint, dass wir heute so handeln, unsere Beschlüsse so umsetzen, dass unsere Kinder und Enkel am Ende eben nicht mehr frei sind, dass sie unter einer Ökodiktatur leben. Das ist die klare Einschränkung von Freiheit, die wir nicht zulassen dürfen.
Deswegen müssen wir handeln, und deswegen ist es auch unstatthaft, ökologische und soziale Belange auseinanderzubringen. Es ist unglaublich, dass einige auf einmal ihr soziales Herz entdecken – nach vielen unsozialen Beschlüssen –, wenn es um Klimapolitik geht. Genau das müssen wir unterbinden, und wir müssen es hinbekommen, diesen Freiheitsbegriff wieder auf die Füße zu stellen. Dann wären wir einen Schritt weiter, und dann hätten unsere Kinder und Enkel auch eine Chance.
Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Matern von Marschall, CDU/CSU, ist der nächste Redner.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7526412 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 233 |
Tagesordnungspunkt | Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie, Klimaschutz |