10.06.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 233 / Tagesordnungspunkt 15

Mathias MiddelbergCDU/CSU - Verfassungsschutzrecht

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Geschätzte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir beraten heute in zweiter und dritter Lesung die Anpassung des Verfassungsschutzrechts und lösen damit eines der letzten innenpolitischen Versprechen aus unserem Koalitionsvertrag ein. In dem Vertrag hieß es damals: Die Sicherheitsbehörden brauchen gleichwertige Befugnisse im Umgang mit dem Internet wie auch außerhalb des Internets. – Es ist der wesentliche Kern und die wesentliche Intention dieser gesetzgeberischen Anpassung, das Verfassungsschutzrecht auf den Stand der Dinge und auch auf den Stand der Technik zu bringen.

Wir haben auch in der vorangegangenen Debatte über Extremismus sowie über Terrorismus gesprochen. Terrorismus gibt es von verschiedenen Seiten: Vor allen Dingen erleben wir das von der rechtsextremistischen Seite, aber auch von der islamistischen Seite sowie auf anderen Feldern. Immer wieder wird dann gesagt: Ihr müsst diese terroristischen und diese extremistischen Netzwerke frühzeitig erkennen. Ihr müsst diese Netzwerke verfolgen, und ihr müsst diese Netzwerke aufdecken.

(Beatrix von Storch [AfD]: Nicht einreisen lassen! Das wäre am besten!)

Das kann man aber nur, wenn man auch technisch auf dem Stand der Dinge ist. Das wiederum gelingt nur, wenn wir auf die Kommunikation in diesen Netzwerken Zugriff nehmen können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Früher war so etwas relativ einfach möglich, als die Leute sich noch irgendwie mit Rauchzeichen oder Topfschlagen verständigt haben. Da konnte jeder irgendwie mithören und alles einigermaßen entschlüsseln.

(Stephan Brandner [AfD]: Das ist aber schon etwas länger her!)

Irgendwann sind wir dann zum Telefon übergegangen, und da gab es gesetzgeberisch klare Voraussetzungen, wonach man nur unter ganz bestimmten Bedingungen einen Telefonanschluss abhören durfte, nämlich in begründeten Einzelfällen nach richterlicher Genehmigung.

Jetzt ist es aber so, dass nicht mehr allzu viele Leute analog telefonieren, sondern die meisten – und gerade die, die sich im extremistischen Spektrum bewegen – nutzen verschlüsselte Dienste. Sie nutzen Messengerdienste, und auch wir nutzen solche Dienste im Alltag, etwa WhatsApp oder Telegram.

Wenn wir auf solche Dienste und auf solche Kommunikation Zugriff nehmen wollen, dann geht das nicht mittels der herkömmlichen Telekommunikationsüberwachung, sondern nur über die Telekommunikationsüberwachung an der Quelle, die sogenannte Quellen-TKÜ. Deswegen brauchen wir diese Quellen-TKÜ für unsere Geheimdienste. Wir brauchen sie für den Auslandsgeheimdienst; wir brauchen sie aber auch für unseren Verfassungsschutz und für den MAD.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist schlicht eine Anpassung an die technischen Verhältnisse. Jedem, der diese Problemszenarien beschwört, will ich ganz klar sagen: Es geht um eine sehr überschaubare Zahl von Fällen im Jahr. Es sind nicht 80 Millionen Bundesbürger betroffen.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Natürlich!)

Bei der traditionellen Telekommunikationsüberwachung gab es in Deutschland im gesamten Jahr 2018 lediglich 222 Fälle. Unsere Sicherheitsbehörden veranschlagen die Quellen-Telekommunikationsüberwachung in einem zweistelligen Bereich, also bei 20, 30 oder 40 Fällen maximal pro Jahr. Mehr Fälle wird es nicht geben. Das heißt, hier sind ein, zwei, drei oder maximal vier von 8 Millionen Bundesbürgern betroffen. Das sind die Zahlenrelationen, über die wir uns unterhalten.

Und selbst wenn es mal einen Problemfall gibt, dass irgendein Dritter sich in ein solches Tool einschalten kann, das der Verfassungsschutz implementiert hat – das werden aber nur ganz wenige Fälle sein –, dann wird die Kommunikation nur von unserem Verfassungsschutz mitgelesen, also von Sicherheitsbehörden. Das Ganze wird nicht etwa öffentlich gemacht oder breit ausgestreut, sondern die Sicherheitsbehörden sind dabei – –

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Middelberg, das ist doch Quatsch!)

– Herr von Notz, jetzt hören Sie doch einfach mal zu! Sie sind ja auch gleich dran.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich höre die ganze Zeit zu, aber es wird nicht besser!)

– Es wird noch deutlich besser, Herr von Notz.

Die ganze Aktion – und das wissen Sie auch – steht unter strengsten Vorgaben. Es wird nicht pauschal jeder Fall freigegeben, sondern der Eingriff muss sachlich begründet sein. Zudem wird er überprüft durch die G 10-Kommission. Das ist eine Kommission, die wir personell jetzt noch aufgestockt haben; darin befinden sich sechs Personen, die zum Richteramt befähigt sind.

(Beatrix von Storch [AfD]: Placeboeffekt!)

Darin sitzen also sechs Richter, die das Ganze überprüfen, bevor wir überhaupt tätig werden. Diesen einen Punkt möchte ich herausstellen; denn er scheint mir besonders wichtig zu sein.

Damit kann ich dieses Gesetz heute dringend zur Beschlussfassung empfehlen.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Roland Hartwig für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7526431
Wahlperiode 19
Sitzung 233
Tagesordnungspunkt Verfassungsschutzrecht
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