10.06.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 233 / Tagesordnungspunkt 16

Konstantin KuhleFDP - Bundespolizei

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kaum eine Sicherheitsbehörde in Deutschland hat in den letzten Jahren einen solchen Bedeutungszuwachs erlangt wie die Bundespolizei. Die Bundespolizei stellt in Krisen regelmäßig ihre besondere Expertise unter Beweis, und sie wächst auch in Krisenzeiten besonders über sich hinaus.

Expertise hat die Bundespolizei vor allen Dingen in einem Bereich. Das ist der Bereich der Durchsetzung der Ausreisepflicht, also der Bereich der Abschiebungen. Und weil das so ist, begrüßen wir Freie Demokraten es sehr, dass der Bund und ganz besonders die Bundespolizei mit diesem Gesetz neue Befugnisse im Bereich der Abschiebungen erlangen. Viele Menschen in Deutschland fragen sich, warum es nicht hinhaut, warum es nicht klappt, die Ausreisepflicht durchzusetzen. Das liegt oftmals daran, dass es ein Zuständigkeitswirrwarr zwischen Bund und Ländern gibt. Wir meinen, es macht Sinn, dass die Bundespolizei, wenn eine Person im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei aufgegriffen wird – am Bahnhof, am Flughafen –, die Abschiebehaft auch selbst beantragen und dann die Abschiebung vollziehen kann. Das ist der richtige Weg, das ist der richtige Schritt.

(Beifall bei der FDP)

Wir hätten deswegen gerne heute dem Gesetz zugestimmt, auch als Zeichen der Wertschätzung für die wichtige Arbeit der Beamtinnen und Beamten. Das Problem ist: Sie verhunzen dieses schöne Gesetz mit der Einführung des Staatstrojaners.

(Beifall bei der FDP)

Sie verhunzen dieses schöne Gesetz mit der Einführung der Quellen-Telekommunikationsüberwachung. Und das machen Sie, obwohl im Innenausschuss ganz eindeutig gesagt worden ist, dass das mit der praktischen Arbeit der Bundespolizei überhaupt nichts zu tun hat.

Wir haben eine Situation mit einem föderalen Sicherheitssystem -16 Landespolizeien, 16 Landeskriminalämter –, und in dieser Situation führen Sie auf Bundesebene heute – neben dem Bundesamt für Verfassungsschutz – auch noch bei der Bundespolizei den Staatstrojaner ein. Am Ende ist die innere Sicherheit so organisiert: Alle Behörden machen alles und sind für alles zuständig. – Das ist die organisierte Verantwortungslosigkeit und führt nicht zu mehr Sicherheit in der Bundesrepublik Deutschland, liebe Kolleginnen und Kollegen. Deswegen muss das heute abgelehnt werden.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kollegen, der Staatstrojaner führt zu einem erheblichen Eingriff in die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger, weil eben für diese Maßnahmen Sicherheitslücken in der digitalen Kommunikation aller Menschen in Deutschland offen gelassen werden müssen. Das ist ein massiver Eingriff in die digitale Kommunikation und ihre Vertraulichkeit. Und ich höre es ja schon wieder, dass die Menschen sagen: Ich habe doch nichts zu verbergen. – Lassen Sie ihnen gesagt sein: Wer nichts zu verbergen hat, der hat ein verdammt trauriges Leben.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)

Deswegen schützen wir die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger vor diesem Staatstrojaner, der so nicht eingeführt werden darf.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, Sie machen hier ein Riesentheater – Sie bringen das hier auf den Weg – für eine Maßnahme, die am Ende kaum eingesetzt wird, aber massive Auswirkungen auf die IT-Sicherheit und die Bürgerrechte hat. Wir haben ein jahrelanges Theater vor dem Bundesverfassungsgericht auf dem Rücken der Beamtinnen und Beamten und auf dem Rücken der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger vor uns.

Heute führen Sie den Staatstrojaner für den Verfassungsschutz und die Bundespolizei ein. Heute ist ein schwarzer Tag für die Bürgerrechte. Heute ist ein schwarzer Tag für die IT-Sicherheit. Heute ist ein schwarzer Tag für die Glaubwürdigkeit der SPD, die das eigentlich nicht wollte. Und heute ist vor allen Dingen ein schwarzer Tag, weil das die letzte richtige innenpolitische Debatte dieser Legislaturperiode ist,

(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! – Zuruf von der CDU/CSU: Nein!)

einer Legislaturperiode ohne Überwachungsgesamtrechnung, ohne periodischen Sicherheitsbericht, ohne GTAZ-Gesetz, ohne Musterpolizeigesetz und ohne eine Strukturreform der Sicherheitsarchitektur. Es gibt in der nächsten Legislaturperiode im Bereich der Innenpolitik viel zu tun.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke sehr. – Das Wort geht an Ulla Jelpke von der Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7526446
Wahlperiode 19
Sitzung 233
Tagesordnungspunkt Bundespolizei
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