10.06.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 233 / Tagesordnungspunkt 17

Gabriele Hiller-OhmSPD - Arbeitsbedingungen, Arbeitszeit

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kleinwächter, Ihre Angriffe auf Minister Heil sind unterirdisch. Sie sind eine Unverschämtheit. Ich will Ihnen sagen, was die Wahrheit ist: Die Beschäftigten können froh sein, dass sie einen Minister haben, der sich so engagiert für die Belange der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland einsetzt. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der AfD)

Ich komme zu den vorliegenden Anträgen der Linken und greife hier drei Themen heraus, zu denen ich ausführen werde: erstens zu sachgrundlos befristeten Arbeitsverträgen und Kettenverträgen, zweitens zum Thema Arbeitszeit und drittens zu den Minijobs.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion, am Montag haben wir als SPD-Bundestagsfraktion eine ganztägige Konferenz mit weit über 500 Betriebs- und Personalrätinnen und Personalräten durchgeführt. Dabei wurden zwei Themen immer wieder angesprochen: die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung und die Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs zur Arbeitszeiterfassung. Diese beiden Forderungen finden sich auch in den vorliegenden Anträgen wieder.

Erstens, zur sachgrundlosen Befristung und zu den Kettenverträgen. Die Position der SPD hierzu ist klar. Wir fordern schon seit Jahren die Abschaffung von Arbeitsverträgen ohne Nennung eines Sachgrunds. Diese Verträge sind ein Schlag ins Gesicht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Niemand verdient es, eingestellt zu werden, ohne zu wissen, ob es sich zum Beispiel um eine Vertretung im Krankheitsfall, eine Elternzeit- oder Urlaubsvertretung handelt und ob es die Perspektive auf eine Verlängerung des Vertrages gibt. Hierunter leiden vor allen Dingen Frauen und junge Beschäftigte. Sie sind am stärksten betroffen. Ganz schlimm sind auch Kettenverträge. Hier reiht sich ein befristetes Arbeitsverhältnis an das nächste, und das nicht selten über ein ganzes Arbeitsleben. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat mit Respekt gegenüber den Beschäftigten nichts zu tun. Solche Verträge gehören abgeschafft.

(Beifall bei der SPD – Norbert Kleinwächter [AfD]: Ja, und warum machen Sie das dann nicht? Sie sind in der Regierung!)

Deshalb haben wir in dem Koalitionsvertrag mit der CDU/CSU schon Anfang 2018 hierzu mit unseren Forderungen einen wichtigen Pflock eingeschlagen.

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Ja, das bringt wirklich viel!)

Ich freue mich, dass unser Arbeitsminister Hubertus Heil den Entwurf eines Gesetzes zur Eindämmung von sachgrundlosen Befristungen und Kettenverträgen ins Kanzleramt einbringen konnte.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben den aber noch nie gesehen hier im Parlament! Wo ist der denn?)

Doch was passiert dort? Die Kanzlerin steht mit beiden Beinen auf der Bremse und gibt den eins zu eins im Koalitionsvertrag vereinbarten Gesetzentwurf nicht zur Abstimmung an ihre Ministerinnen und Minister weiter. Deshalb wird er das Parlament wohl nicht mehr erreichen. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU, ist ein klarer Vertragsbruch. Das ist enttäuschend und respektlos gegenüber den betroffenen Beschäftigten.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der AfD: Das ist aber auch eine Kanzlerin! Also wirklich!)

Zweitens, Arbeitszeiterfassung. Ein weiteres Thema, das der SPD am Herzen liegt, ist das Arbeitszeitgesetz. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, fordern die Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs zur Erfassung der Arbeitszeit. Auf unseren Druck hin konnten wir die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung immerhin im Arbeitsschutzkontrollgesetz für die Fleischindustrie verankern. Das ist ein erster und wichtiger Schritt.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das muss für alle gelten!)

Wir brauchen die Arbeitszeiterfassung aber für alle Branchen. Schauen wir nur einmal auf die Zeit der Coronapandemie. Oftmals haben sich die Grenzen zwischen „Home“ und „Office“ verwischt und verwässert. Wir setzen uns für eine klare Begrenzung der Arbeitszeit ein, ob im Homeoffice oder im Betrieb. Das funktioniert aber nur mit einer transparenten Zeiterfassung. Eine Aufweichung des Arbeitszeitgesetzes und eine Entgrenzung der Arbeitszeit, die unter dem Motto „Flexibilisierung“ schmackhaft gemacht werden soll, wird es mit der SPD nicht geben.

(Beifall bei der SPD)

Das Arbeitszeitgesetz ist ein Arbeitsschutzgesetz. Deshalb werden wir uns weiter für eine komplette Erfassung der Arbeitszeit einsetzen.

Drittens, die Minijobs. Auch hier hat die Coronapandemie die bestehenden Probleme auf drastische Art und Weise ans Tageslicht gebracht. Minijobs bieten eben keine soziale Absicherung, keine Aufstiegsmöglichkeiten, keine vernünftige Alterssicherung, kein Sprungbrett in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen. Vor allen Dingen leiden die Frauen darunter. Das müssen wir verändern. Im SPD-Wahlprogramm haben wir deshalb festgelegt, dass es in Zukunft keine sozialversicherungsfreien Beschäftigungen mehr geben darf. Dafür kämpfen wir.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Kommen Sie bitte zum Ende.

Ein letzter Satz. – Alle, die in der nächsten Legislaturperiode hier noch an Bord sein werden, sind gefordert. Ich, liebe Kolleginnen und Kollegen, werde nicht mehr dabei sein. Ich blicke voller Dankbarkeit auf fünf spannende Legislaturperioden im Bundestag zurück. Danke für die Zeit – und dann mal tschüss!

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herzlichen Dank, liebe Kollegin. – Das Wort geht an Matthias Nölke von der FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7526466
Wahlperiode 19
Sitzung 233
Tagesordnungspunkt Arbeitsbedingungen, Arbeitszeit
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