10.06.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 233 / Zusatzpunkt 15

Sebastian BrehmCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Doppelbesteuerung von Renten

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Vogel, wenn Sie der Koalition vorwerfen, sich in dieser Legislatur aus der Verantwortung gestohlen zu haben,

(Zuruf der Abg. Dr. Wiebke Esdar [SPD])

kann ich nur sagen: Ich weiß noch, wer sich am Anfang der Legislaturperiode komplett aus der Verantwortung gestohlen hat.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das war die FDP, die nämlich keine Lust hatte, zu regieren, oder Angst vor der Verantwortung hatte. Sie hätten all das umsetzen können, was Sie jetzt fordern;

(Otto Fricke [FDP]: Eben nicht! – Weitere Zurufe von der FDP)

aber Sie haben am Anfang der Legislaturperiode beschlossen, nicht mitzumachen, sondern in die Opposition zu gehen.

(Widerspruch bei der FDP)

– Wenn einem das so vorgeworfen wird, muss man das wirklich noch mal sagen.

Worum geht es im Kern in dieser Diskussion? Es geht in dieser Diskussion darum, dass das Bundesverfassungsgericht 2002 einen Übergang zur nachgelagerten Rentenbesteuerung angestoßen hat. Bis dahin war immer nur der Ertragsanteil der Rente zu versteuern. Bei normalen Renten hat das dazu geführt, dass es zu überhaupt keiner Versteuerung gekommen ist; die Pensionen sind jedoch voll versteuert worden. Deswegen hat damals das Bundesverfassungsgericht gesagt, man solle das angleichen und eine nachgelagerte Besteuerung vornehmen. Das Prinzip der nachgelagerten Besteuerung besagt, dass eben bei Auszahlung besteuert wird und die eingezahlten Rentenbeiträge sukzessive bzw. dann in der Stufe ab 2040 vollständig von der Steuer abgezogen werden können – übrigens ein großer Vorteil im System ab 2040.

Dieser Systemwechsel ist dann in 2005 vorgenommen worden. Die klare Vorgabe war – das bleibt übrigens auch hier die ganz klare Vorgabe; das ist ja immer wieder betont worden –: Es darf zu keiner Doppelbesteuerung von Renten kommen. – Damals hat die rot-grüne Regierung das umgesetzt. In der Tat hat man es berechnet, hat aber – das ist natürlich eine sehr komplexe Materie – auch damals schon gesagt, man wolle keine Doppelbesteuerung. Nun ist aber das Urteil des Bundesfinanzhofs ergangen. Der X. Senat des Bundesfinanzhofs hat zum ersten Mal eine völlig klare Systematik vorgelegt. Übrigens: In der Anhörung wurde ja schon berichtet, es habe überhaupt keine klare Systematik gegeben; der eine Fachmann hat es so gesagt, der andere Fachmann hat es so gesagt. Deswegen ist es gut und richtig, dass der Bundesfinanzhof jetzt klare, konkrete Berechnungsparameter vorlegt, die verdeutlichen, wann eine Doppelbesteuerung von Renten vorliegt.

Ganz ehrlich – da schaue ich Sie, Herr Glaser, oder auch Matthias Birkwald von den Linken an –: Es ärgert mich wirklich. Ich weiß nicht, ob Sie das Urteil gelesen haben, aber ich empfehle, es mal nachzulesen; denn da steht nämlich ganz genau drin, dass es bislang zu keiner Doppelbesteuerung gekommen ist.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das habe ich in meiner Rede gesagt!)

Sie sagen genau das Gegenteil.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nein! Sie haben nicht zugehört! Sie können meine Rede nachlesen! Steht im Protokoll!)

Sie verunsichern damit – das ist aber Ihre Masche – die Rentnerinnen und Rentner und wollen mit Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl einen Nährboden schaffen.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das ist doch falsch!)

Ich kann Ihnen bloß sagen: Das wird nicht gelingen, weil sich seriöse Politik immer bei Wahlen durchsetzen wird, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ihre Politik ist nicht seriös, was die Doppelbesteuerung angeht! Seit 17 Jahren nicht!)

Warum führen wir überhaupt diese Diskussion? Wir haben eine Übergangsphase. Jeder, der Anfang 2005 in Rente gegangen ist oder schon in Rente war, hat 50 Prozent seiner Renteneinkünfte der Besteuerung zu unterwerfen; das bleibt übrigens ein Leben lang so. Wenn einer 2006 in Rente gegangen ist, sind es 52 Prozent. So geht es immer um zwei Prozentpunkte weiter. Gleichzeitig ist die steuerliche Abziehbarkeit der in die Rentenversicherung eingezahlten Beiträge immer mehr ansetzbar. Deswegen kann und wird es so sein – das war auch die Intention des Bundesfinanzhofs –, dass es in dieser Übergangszeit zwischen 2005 und 2040 zu Doppelbesteuerungen kommt.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Was ist das jetzt anderes, als was ich vorhin an diesem Redepult gesagt habe?)

Deswegen muss man die Anpassungen vornehmen, wahrscheinlich auch relativ schnell.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Aha!)

Frau Kollegin Tillmann hat es gesagt: Es gibt zwei Möglichkeiten bzw. eine gemischte Form: entweder mehr Beiträge sofort steuerlich geltend zu machen oder eine spätere hundertprozentige Besteuerung der Renteneinkünfte vorzunehmen oder ein Mix aus beiden Maßnahmen. Das werden wir tun. In dieser Legislaturperiode – davon gehe ich aus – wird es leider nichts mehr. Der Finanzminister wäre aber gut beraten, hier mit einem Vorschlag schon mal Rechtsklarheit zu schaffen. Aber letztlich werden wir das dann in der neuen Wahlperiode – mit welchen Mehrheiten auch immer – beschließen. Und dann ist es natürlich so, dass jede Fraktion die Verantwortung, die sie einfordert, auch wahrnehmen kann. Dann können wir auch diese Geschichte miteinander besprechen und weiterhin dafür sorgen, dass es zu keiner Doppelbesteuerung von Renten kommt, so wie es derzeit ist.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Kollege Ralf Kapschack hat für die SPD-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7526497
Wahlperiode 19
Sitzung 233
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Doppelbesteuerung von Renten
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