Sepp MüllerCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Doppelbesteuerung von Renten
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde wurde von den Freien Demokraten beantragt, weil ein Gerichtsurteil vorliegt. In dem Gerichtsurteil wird festgestellt, dass es in dem zugrundeliegenden Fall keine nachgelagerte Besteuerung von Renten gibt. In diesem Fall ist klar festgestellt worden:
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Zwei Fälle! Es waren zwei Fälle!)
Die nachgelagerte Besteuerung ist verfassungsgemäß.
(Albrecht Glaser [AfD]: In dem Fall!)
– Da kann man von rechts und links und von der liberalen Seite reinschreien, wie man will – es bringt nichts. Es gibt keine nachgelagerte Besteuerung in diesen Fällen. Das ist mal klar festzuhalten.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die nachgelagerte Besteuerung, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist gerechter.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Da verwechseln Sie jetzt nachgelagerte Besteuerung mit Doppelbesteuerung!)
Warum ist sie gerechter? Weil wir als junge Generation im Erwerbsleben einen höheren Steuersatz haben und deswegen natürlich auch die Rentenbeiträge mit einem höheren Steuersatz steuerlich geltend machen können und im Rentenleben ein geringeres Einkommen und somit auch einen geringeren Einkommensteuersatz haben und somit auch geringere Steuersätze darauf zahlen. Das heißt, wir haben ein verfassungsgemäßes System, wir haben ein gerechtes System, und wir haben ein ordentliches staatliches System, und das lassen wir uns als Union auch nicht kaputtreden, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wenn ich jetzt von rechts außen höre, wir als Große Koalition hätten Wahlgeschenke gemacht, dann frage ich Sie allen Ernstes: Bezeichnen Sie die Mütterrente als Wahlgeschenk? Bezeichnen Sie die Rente mit 63 als Wahlgeschenk, durch die Maurer oder auch Friseure, die 45 Jahre lang gearbeitet haben, mit Vollendung des 63. Lebensjahres in Rente gehen können? Dass Sie von rechts außen das als Wahlgeschenk bezeichnen, das demaskiert Sie in jeder sozialpolitischen Debatte, und ich sage: Schämen Sie sich!
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN – Karsten Hilse [AfD]: Oh, oh, oh!)
Und wenn wir uns über die Grundrente unterhalten, dann sage ich Ihnen auch was: Das ist kein Wahlgeschenk. Als es zur Wiedervereinigung kam – ich komme aus den neuen Bundesländern, und Sie, mein Vorredner von der Linken, waren ja bei Lothar Bisky angestellt und waren auch in der DKP, von daher haben Sie ja gut gelernt –, was war denn damals nach 1990? Da sind die Frauen als Friseure für 3,30 Mark Stundenlohn sechs Stunden lang knechten gegangen, und jetzt stellen sie sich im Sozialamt an. Das ist kein Wahlgeschenk; es ist richtig, dass wir die Grundrente eingeführt haben. Wir sind die Partei der Wiedervereinigung. Wir erkennen die Leistung der Menschen gerade in den neuen Bundesländern an, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Jetzt muss man auch mal ein Wort zur FDP sagen. Wenn ich höre, dass das staatliche System nicht funktionieren soll, dann geht mir die Hutschnur hoch. Wir hatten seit 2015 eine Rentensteigerung von 15 Prozent in den alten Bundesländern und 23 Prozent in den neuen Bundesländern. Das staatliche System der gesetzlichen Rentenversicherung funktioniert, und wir als Union haben es gemeinsam mit den Sozialdemokraten auf solide Füße gestellt.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Lieber Kollege Vogel, wenn Sie eine Aktienrente einführen wollen, dann sagen Sie doch, wer das bezahlen soll. Sie fordern in Ihrem Vorschlag: 2 Prozent des Beitragssatzes sollen in Aktien angelegt werden. – Darüber kann man sich gerne unterhalten. Aber Sie vergessen den Nebensatz, dass dadurch der gesetzlichen Rentenversicherung 10 Prozent an Einnahmen fehlen.
(Zuruf von der FDP: Nein!)
Und wo diese Einnahmen herkommen sollen, das sagen Sie gar nicht. Dann sagen Sie doch den Menschen, dass wir mehr Geld in das Rentenversicherungssystem zahlen müssten.
(Zuruf von der FDP: Stimmt doch gar nicht!)
Wir zahlen jetzt schon jedes Jahr 100 Milliarden Euro, ein Drittel des Bundeshaushaltes, in die gesetzliche Rentenversicherung, weil das Versprechen von Norbert Blüm steht: Die Renten sind sicher. – Dafür stehen wir als Union, meine Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten der AfD)
– Da können Sie von rechts außen sicherlich in Gelächter verfallen, weil es Ihnen nicht passt, die Fakten einfach mal vor Augen geführt zu bekommen.
Wir haben ein Urteil. Dieses Urteil ist glasklar. Und dieses Urteil – jawohl! – hat uns Hausaufgaben aufgegeben. Die Hausaufgaben müssen wir uns anschauen. Es geht um den Grundfreibetrag, es geht um die zukünftig eventuell eintretende Doppelbesteuerung. Das muss man sich ganz genau anschauen; das werden wir auch tun.
Aber eines ist auch klar: Wir als Union gehen den Weg der Mitte. Wir werden weiterhin an einer staatlichen gesetzlichen Rentenversicherung festhalten. Wir werden diese nicht schlechtreden, wir werden sie weiterhin gut ausstatten. Wir werden die private geförderte und die betriebliche Altersvorsorge weiter stärken. Da hätten wir uns ein bisschen mehr Unterstützung durch den Koalitionspartner gewünscht; vielleicht ist das beim nächsten Mal anders.
Ganz klar ist auch: Wir appellieren an die jüngere Generation: Ihr müsst in meinem Alter natürlich auch privat vorsorgen. Der Staat kann nicht alles leisten.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ganz schlechte Idee! Haben Sie doch bei Riester gesehen, wie das in die Hose geht!)
Aber wir wollen und werden die junge Generation natürlich dazu befähigen, indem wir gut bezahlte Arbeitsplätze zur Verfügung stellen. Dafür stehen wir als Union. Wir unterstützen die Wirtschaft mit gut bezahlten Arbeitsplätzen, dann läuft es auch in der Rente rund.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Herr Müller, fürs Protokoll: Ich bin aus der DKP ausgetreten, da waren Sie gerade mal anderthalb Jahre alt! Nur so nebenbei bemerkt!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7526500 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 233 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Doppelbesteuerung von Renten |