Fritz GüntzlerCDU/CSU - Abwehr von Steuervermeidung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Lieber Lothar Binding, auch ich möchte mich persönlich bei dir für acht Jahre gemeinsame Steuerpolitik bedanken. Sie können sich vorstellen: Wir kommen aus unterschiedlichen Richtungen. Wir haben viele Diskussionen, unzählige Podiumsdiskussionen geführt. Eigentlich hatten wir vor, noch einmal auf ein Podium zu gehen und dort dann die Rede des jeweils anderen zu halten – wir kennen uns mittlerweile gegenseitig sehr gut –: Wir hätten wahrscheinlich größere Irritationen herbeigeführt. – Es war immer spannend, mit dir zu diskutieren, an der Sache orientiert. Wir hatten gerade jetzt einige Berichterstattungen gemeinsam und haben viel erreichen können. Dafür ein herzliches Dankeschön, lieber Lothar!
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Wir verabschieden heute ein weiteres wichtiges Steuergesetz, das sogenannte Steueroasen-Abwehrgesetz. Wir wollen die Wohlfühlorte für Steuerflüchtlinge, die Steueroasen, trockenlegen.
Wir hatten im Koalitionsvertrag bereits vereinbart, dass wir gemeinsam gegen Steuerbetrug und Steuervermeidung und für eine gerechte Besteuerung einstehen wollen. Wir haben in dieser Legislaturperiode einiges gemacht: Ich nenne das ATAD-Umsetzungsgesetz. Die Share Deals haben wir geregelt usw. Wir haben gemeinsam also viel erreicht gegen unfairen Steuerwettbewerb.
Aber erlauben Sie mir noch den Hinweis: Steuerwettbewerb an sich ist kein Problem. Ich finde, das kommt in den Debatten meistens zu kurz. Natürlich sind wir in einem internationalen Wettbewerb. Natürlich kämpfen wir darum, Investitionen und Innovationen nach Deutschland zu holen. Von daher wird es immer Wettbewerb geben; der darf nur nicht ruinös werden.
Von daher ist es gut und richtig, dass man sich jetzt auf OECD-Ebene auf eine Mindestbesteuerung verständigt und die Zielrichtung vorgegeben hat. Es wird nicht einfach sein, alles umzusetzen; das ist viel Technik. Aber, ich glaube, das ist ein großer Erfolg, den wir gemeinsam in dieser Großen Koalition erreicht haben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Bernhard Daldrup [SPD])
Wir haben das BEPS-Projekt weiter vorangebracht. Ich habe den OECD-Prozess angesprochen. Da geht es nicht nur um die Mindestbesteuerung, sondern auch um die gerechtere Verteilung von Steuersubstraten, die Besteuerung der digitalen Wirtschaft, dass diese dort, wo sie ihren Nutzen hat, auch einen Anteil der Finanzierung übernimmt.
Mit diesem Steueroasen-Abwehrgesetz treffen wir nicht kooperative Staaten und Steuergebiete. Wer ist nicht kooperativ? Das sind diejenigen, die in Steuersachen nicht die notwendige Transparenz an den Tag legen, den unfairen Steuerwettbewerb – ich betone: den unfairen Steuerwettbewerb! – mit vorantreiben und sich eben nicht an die Mindeststandards, die wir im BEPS-Prozess festgelegt haben, halten.
Das ist in der Rechtsverordnung genau geregelt und natürlich in der sogenannten Blacklist, die durch die EU vorgegeben ist. Da finden sich Staaten wie Panama, die Seychellen und auch andere, und wir müssen abwarten, ob nicht noch ganz andere Staaten in Zukunft auf diese Liste kommen, etwa Staaten, die zurzeit auf der grauen Liste stehen, wie die Türkei und Botswana. Wenn die Türkei offiziell zur Steueroase erklärt wird, dann wird dieses Gesetz richtig greifen, und dann wird man richtige Auswirkungen sehen.
Wir haben auf EU-Ebene vereinbart, dass wir mindestens eine Abwehrmaßnahme durchsetzen. Der Kollege Gottschalk hat darauf hingewiesen. Wir haben alle vier Abwehrmaßnahmen umgesetzt. Aber man muss deutlich sagen: Diese greifen nicht kumulativ, sondern zeitlich nacheinander. Es gibt immer nur eine Maßnahme, die greift. Das ist entweder das Verbot des Betriebsausgabenabzuges, eine verschärfte Quellenbesteuerung, eine sogenannte verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung und auch Ausnahmen von den Regelungen des Doppelbesteuerungsabkommens bei Gewinnausschüttung. Es wird also immer nur eine Maßnahme greifen; es ist eine Kaskadierung vorgesehen. Also: Hier zu behaupten, wir hätten dafür gesorgt, dass alle vier Maßnahmen gleichzeitig zur Anwendung gebracht werden, ist wieder einmal schlicht falsch.
Wir haben den Gesetzentwurf so geändert, dass sogar noch eine Übersanktionierung herausgenommen wird; denn es hätte sein können, dass eine Hinzurechnungsbesteuerung greift, dass also ausländische Einkünfte in Deutschland besteuerungspflichtig sind, und das Betriebsausgabenabzugsverbot auch zur Anwendung kommt. Wir haben das herausgenommen, weil wir da sehr sauber bleiben wollten. Es gilt immer nur eine Maßnahme.
Von daher bin ich davon überzeugt, dass wir hier einen richtigen Schritt gegen Steuervermeidung und Steuerhinterziehung gehen. Wir müssen in der Debatte aber auch sehen, dass wir natürlich die Staaten treffen wollen. Wir tun dies mittelbar über die Unternehmen, die Geschäftsbeziehungen in diese Staaten haben. Das ist der Weg; das wird den Staaten wehtun. Von daher halte ich das alles für vertretbar und würde mich freuen, wenn wir eine breite Zustimmung erhalten.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank, Fritz Güntzler.
Ich möchte darauf hinweisen, dass in zehn Minuten die namentliche Abstimmung geschlossen wird. Das heißt, Kolleginnen und Kollegen, die noch nicht abgestimmt haben, können das jetzt noch tun. In zehn Minuten wird die namentliche Abstimmung geschlossen.
Der nächste Redner ist für die FDP-Fraktion Markus Herbrand.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7526525 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 233 |
Tagesordnungspunkt | Abwehr von Steuervermeidung |