Steffen KotréAfD - Industrie und Handelskammern
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Den ursprünglichen, heute noch postulierten Zweck der IHKs gibt es nicht mehr. Es gibt kein gesamtwirtschaftliches Interesse. Es gibt allenfalls Brancheninteressen. Dienstleistungsunternehmen und Unternehmen, die produzieren, haben nicht die gleichen betrieblichen Grundlagen, können also auch nicht von einer einzigen Institution abgebildet werden. Branchenverbände können das viel besser.
Der DIHK ist zu einem Lobbyverband für Konzerne verkommen. Die Interessen der Mittelständler werden nicht mehr verfolgt. Da, wo er hätte handeln müssen, hat er nicht gehandelt. Er hat sich nicht gegen die Russland-Sanktionen gewendet. Doch die Russland-Sanktionen stehen den wirtschaftlichen Interessen unseres Landes diametral entgegen. Da hat er nicht gehandelt. Daran zeigt sich eben, dass die Kammern ihre postulierte Aufgabe nicht wahrgenommen haben
(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Das ist jetzt das Wichtigste, ja? Russland?)
und nicht wahrnehmen wollen, weil sie sich eben lieber vor den Karren der Bundesregierung spannen lassen. Das hat der Wirtschaft sogar geschadet.
(Beifall bei der AfD)
Schlimm ist auch, dass der DIHK mit Stellungnahmen zu nichtwirtschaftlichen Themen seine Kompetenz ständig überschreitet. Die Quittung dafür hat er dann auch bekommen. Das Bundesverwaltungsgericht hat deshalb einer IHK erlaubt, aus dem DIHK auszutreten, und das mit gutem Recht; denn jede sonstige, über das Wirtschaftliche hinausgehende politische Meinungsbildung und Meinungsäußerung von Institutionen, die die Wirtschaft vertreten, hat zu unterbleiben. Es gibt keine Themen von gesellschaftlicher Relevanz, bei denen Unternehmen vertreten werden müssten. Unternehmen sollen gewerblich tätig sein, sie sollen Arbeitsplätze sichern, sie sollen für die Gesellschaft da sein, und sie sollen den Sozialstaat finanzieren. Alles andere sind Elemente der Planwirtschaft, meine Damen und Herren.
Wenn der DIHK nun vom Gesetzgeber fordert, sich auf weitere Themen von gesellschaftlicher Relevanz fokussieren zu dürfen, dann hat er sich vollständig unglaubwürdig gemacht; denn dann ist er nämlich zu einem eigenständigen politischen Gremium geworden und für die Wirtschaft nicht mehr geeignet.
(Beifall bei der AfD)
Um die Meinungsbildung und Transparenz ist es ja auch nicht so gut bestellt. Da gibt es Konzerne, die in etwa genau die gleichen Stimmrechte haben wie alle anderen Mitglieder, Mittelständler, zusammengenommen. Die Wahlbeteiligung bei Wahlen in die Gremien ist, ähnlich wie bei den Wahlen in die Parlamente, so gering, dass von einer eindeutigen Legitimierung der Gewählten nicht mehr gesprochen werden kann. Die Leistungen der Kammern werden nur von einem geringen Teil der Mitglieder nachgefragt. Daran erkennt man eben, dass die Kammern wenig legitimiert sind.
Die Zwangsmitgliedschaft von Unternehmen in der IHK verstößt gegen die negative Vereinigungsfreiheit und damit auch gegen das Grundgesetz.
(Reinhard Houben [FDP]: Das ist Blödsinn!)
Das Prinzip der Selbstorganisation steht einem Zwang hierzu von außen entgegen. Auch Artikel 20 der UN-Menschenrechtscharta sagt: „Niemand darf gezwungen werden, einer Vereinigung anzugehören.“
(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Die Rede passt irgendwie zur Geisterstunde!)
Genau deshalb ist die Pflichtmitgliedschaft aufzuheben,
(Beifall bei der AfD)
nicht auf einmal, doch schrittweise, so, dass sich die Kammern umorientieren können; denn sie haben durchaus eine wichtige Aufgabe.
(Marianne Schieder [SPD]: Ach!)
Aber die Pflichtmitgliedschaft passt einfach nicht in einen freiheitlichen Staat, so wie Deutschland es ist und sein sollte.
(Marianne Schieder [SPD]: So wie die AfD nicht in einen freiheitlichen Staat passt! – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Ich dachte immer, es wäre eine Diktatur nach Ihrer Auffassung!)
Und sie müssen vor allem entpolitisiert werden, ganz wichtig.
Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss.
Diese beiden Dinge sind Grundvoraussetzungen.
Herr Kollege Kotré, bitte.
Wenn diese Voraussetzungen wieder stimmen, dann sind die Kammern auch wieder legitimiert.
(Beifall bei der AfD)
Vielen Dank, Herr Kollege Kotré.
Die Kollegin Sabine Poschmann, SPD-Fraktion, hat ihre Rede zu Protokoll
(Marianne Schieder [SPD]: Sehr schön! Sehr lobenswert!)
– Ich teile Ihre Auffassung, Frau Kollegin.
Nächster Redner ist deshalb der Kollege Reinhard Houben, FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Warum geben Sie nicht zu Protokoll?)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7526596 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 233 |
Tagesordnungspunkt | Industrie und Handelskammern |