10.06.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 233 / Tagesordnungspunkt 35

Sebastian MünzenmaierAfD - Reiserechtliche Vorschriften

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 25. September 2019 ist das deutsche Insolvenzschutzsystem für Pauschalreisende in sich zusammengebrochen. Im Sog der Pleite des britischen Mutterkonzerns Thomas Cook mussten auch die deutschen Tochtergesellschaften Insolvenz anmelden. Die in Deutschland zulässige Haftungsbegrenzung der Kundengeldabsicherer auf 110 Millionen Euro pro Geschäftsjahr führte dazu, dass am Ende der Steuerzahler für den Rest der Schadenssumme in Höhe von ungefähr 160 Millionen Euro zur Kasse gebeten wurde.

Und woran liegt das? Die Vorgängerregierung dieser Bundesregierung mit Justizminister – damals noch – Heiko Maas hatte 2017 schlicht und ergreifend die europäische Pauschalreiserichtlinie nicht genau gelesen. Denn obwohl diese Richtlinie ausdrücklich verlangt, „dass Reisende, die eine Pauschalreise erwerben, vor der Insolvenz des Reiseveranstalters in vollem Umfang geschützt“ werden müssen, durften in Deutschland die Versicherungen ihre Haftung auf 110 Millionen Euro pro Geschäftsjahr begrenzen.

Wenn Sie jetzt bedenken, dass 2019 die sieben größten deutschen Reiseveranstalter Jahresumsätze von 1,4 bis 7,3 Milliarden Euro erzielten, war es also nur eine Frage der Zeit, wann das Rettungsnetz von 110 Millionen Euro pro Versicherer und Jahr reißen würde.

Halten wir also fest: Der ganze Schlamassel, den wir heute beseitigen müssen, war eine Katastrophe mit Ansage und beruhte darauf, dass in einer Regierung unter Kanzlerin Merkel und mit Justizminister Maas verbindliche Normen nicht genau gelesen wurde.

(Beifall bei der AfD)

ein Fehler, der die Steuerzahler einfach mal so 160 Millionen Euro gekostet hat. – So viel zur Vorgeschichte.

Kommen wir jetzt zum Gesetzentwurf der Regierung. In der ersten Lesung dieses Gesetzes haben fast alle Fachpolitiker der Bundesregierung vorgehalten, dass sie die harte Kritik vieler Fachleute nicht zur Kenntnis nimmt, und alle haben durchgreifende Nachbesserungen am Gesetzentwurf gefordert. Die Regierungsfraktionen – da muss ich Sie ja ausnahmsweise mal loben – haben damals offenbar zugehört und tatsächlich heute einen Änderungsantrag zum Entwurf der eigenen Regierung vorgelegt, mit dem wesentliche Schwachstellen abgeräumt werden:

Insbesondere die Absenkung der Mindesthöhe der Sicherheitsleistungen, die Unternehmen entrichten müssen, wenn sie dem Sicherungsfonds beitreten möchten, wird den durch die Coronakrise schwer angeschlagenen Reiseunternehmen helfen.

Außerdem wird auch die Haftungsübernahme durch den Sicherungsfonds dafür sorgen, dass ansonsten drohende Versicherungslücken oder gar Marktaustritte vermieden werden.

In der überarbeiteten Fassung wird die AfD-Fraktion den Gesetzentwurf also mittragen, weil wir sicherstellen wollen, dass weitere Insolvenzfälle im Pauschalreisebereich abgewickelt werden können, ohne dass jedes Mal der Steuerzahler in Haftung genommen wird. Wir stimmen dem vorliegenden Gesetzentwurf also zu.

Da dies voraussichtlich die letzte tourismuspolitische Rede in dieser Legislatur ist, möchte ich die Gelegenheit nutzen, um mich als Ausschussvorsitzender bei allen Mitgliedern des Ausschusses für die konstruktive, harmonische und vor allem zielorientierte Arbeit der letzten Jahre zu bedanken. Gerade der vorliegende Gesetzentwurf zeigt nämlich, dass sich der fraktionsübergreifende Einsatz unseres Ausschusses für die vielen Unternehmer und Beschäftigten in der Branche gelohnt hat, weil ein ursprünglich grottenschlechter Entwurf aus dem Hause der Justizministerin durch fachkundige Experten und Abgeordnete zumindest akzeptabel verbessert wurde.

Ich wünsche allen Mitgliedern des Ausschusses auch weiterhin viel Erfolg beim Einsatz für die fast 3 Millionen Beschäftigten im Tourismus in Deutschland und den ausscheidenden Mitgliedern unseres Ausschusses, die im September nicht mehr antreten, auch persönlich alles Gute.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Münzenmaier. – Der Kollege Sebastian Steineke, CDU/CSU-Fraktion, der Kollege Roman Müller-Böhm, FDP-Fraktion, die Kollegin Kerstin Kassner, Fraktion Die Linke, der Kollege Markus Tressel, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Kollegin Gülistan Yüksel, SPD-Fraktion, und der Kollege Paul Lehrieder, CDU/CSU-Fraktion, haben ihre Reden zu Protokoll gegeben,


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7526616
Wahlperiode 19
Sitzung 233
Tagesordnungspunkt Reiserechtliche Vorschriften
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