Till MansmannFDP - Tabaksteuermodernisierungsgesetz
Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Aus einer Informationsveranstaltung zum Tabaksteuermodernisierungsgesetz habe ich einen Satz von einem Arzt, der schon viele Schwerstkranke behandelt hat, noch gut im Ohr. Er hat dort gesagt, er habe schon viele Menschen am Tabakkonsum sterben sehen, aber am Nikotin sei keiner gestorben; das Lebensgefährliche seien ganz klar die Verbrennungsprodukte beim herkömmlichen Rauchen.
Auf dieser Basis wäre eine tiefere Diskussion gerade über Themen des Gesundheitsschutzes, der Suchtprävention und der Behandlung wichtig gewesen. Sie haben uns stattdessen aber einen Gesetzentwurf mit hektisch zusammengeschusterten Zahlen vorgelegt, für dessen Prüfung wir in dieser Woche nicht einmal zwei Stunden Zeit hatten. Er ist im Ausschuss mit Ihren Stimmen – und nur mit Ihren Stimmen – beschlossen worden, und über diesen Beschluss sollen wir nun nach einer Debatte von wenigen Minuten mitten in der Nacht endgültig abstimmen.
Dabei hätte es bei ordentlicher Diskussion die Chance gegeben, das Ganze auf eine breitere parlamentarische und damit auch gesellschaftliche Grundlage zu stellen. Das wäre wichtig gewesen; denn es geht doch wirklich um etwas; es geht um ein Steuervolumen von vielen Milliarden Euro jährlich. Das ist eine ganz besondere Steuer; denn die Tabaksteuer muss keiner bezahlen; es muss ja keiner rauchen. Deswegen haben wir hier wirklich eine Steuer, bei der die Lenkungswirkung eine hohe Bedeutung hat, bei der niedrige Tarife gerade eben nicht unser Ziel sein müssen.
Es geht um Gesundheitsschutz, Jugendschutz, auch um Schwarzmarkt und Schmuggel. Das ist nichts für Hinterzimmer, nichts für Spielchen, nichts für unappetitliche Kuhhandel. Aber genau das haben Sie von der Großen Koalition gemacht.
Noch dazu haben Sie ganz am Ende eine unpassende und unsinnige Lobbydiskussion draufgepackt, zu der ich Ihnen von den Sozialdemokraten an genau dieser Stelle hier noch eines sagen muss: Bei der wirklich strittigen Frage der Besteuerung von neuen Produkten, wie Verdampfern und Erhitzern, haben Sie es so gemacht, als würden milliardenschwere Zigarettenkonzerne im Hintergrund irgendwelche Strippen ziehen. Aber es ging doch um etwas völlig anderes. Jetzt können doch gerade diese großen Unternehmen mit dem Gesetz am besten leben. Die Lobbyisten, über die Sie lamentiert haben, waren in Wirklichkeit Interessengruppen wirklich kleiner Hersteller oder von Einzelhändlern und nicht zuletzt von nikotinabhängigen Rauchern, die ihre Sucht überwinden wollen, die alle mit großen Konzernen schlicht nichts zu tun haben. Das Gespräch mit denen haben Sie aber verweigert.
Über die Höhe der Steuer für die gesundheitsgefährlichen herkömmlichen Zigaretten haben wir doch überhaupt nicht gestritten. Es ging um andere Produkte, bei denen Sie sich der Diskussion entzogen haben. Das hat zu einem schlechten Ergebnis geführt, gerade für zigarettenabhängige Raucher, die von ihrer Sucht lassen wollen.
Ihre Berechnung des zu erwartenden Steueraufkommens ist unsolide; denn wenn es Ihnen darum geht, die neuen Verdampferprodukte kleinzuhalten, dann können Sie uns die von Ihnen geschätzten hohen künftigen Steuereinnahmen doch gar nicht schlüssig erklären,
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Jörg Cezanne [DIE LINKE] und Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
es sei denn, Sie gehen selbst davon aus, dass Sie mit diesem Ansinnen scheitern.
Der einzige Lichtblick, den ich sehe, ist, dass Sie am Ende unserer Forderung nach einer erhöhten Besteuerung von Wasserpfeifentabak vor allem aus Jugendschutzgründen gefolgt sind; die Grünen haben das auch gefordert. Aber die Art, wie dieser Gesetzentwurf durch die Gremien gepaukt wurde, und das, was jetzt drinsteht: Das wollen wir hier nicht unterstützen. Wir lehnen ihn daher ab, und das ist schade; denn das wäre nicht nötig gewesen.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Vielen Dank, Herr Kollege Mansmann. – Der Kollege Niema Movassat, Fraktion Die Linke, hat seine Rede zu Protokoll gegeben.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7526626 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 233 |
Tagesordnungspunkt | Tabaksteuermodernisierungsgesetz |