11.06.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 234 / Tagesordnungspunkt 40

Dennis RohdeSPD - Europäischer Stabilitätsmechanismus

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! „ Ein neuer Aufbruch für Europa“ – damit war dieser Koalitionsvertrag überschrieben. Und als er unterschrieben wurde, konnte keiner von uns ahnen, in welche herausfordernden Zeiten Europa gehen wird, welche Dinge wir bewältigen mussten. Es ist schon bemerkenswert, dass wir heute sagen können: Europa ist in dieser Krise nicht auseinandergefallen. Europa ist in den letzten Monaten solidarisch zusammengewachsen. Das ist wahrlich ein Aufbruch in Europa gewesen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Es ist bemerkenswert, dass es in vielen Verhandlungen gelungen ist, sich auf große Pakete innerhalb der Europäischen Union zu einigen, um den gesamten europäischen Binnenmarkt zu stabilisieren. Da war das erste Paket gleich zu Beginn der Pandemie, 540 Milliarden Euro schwer, aus dem unter anderem das europäische Kurzarbeitergeld finanziert wurde, ein Projekt, welches das deutsche Kurzarbeitergeld zum Vorbild hat, das ein Erfolgsgarant dafür ist, dass wir heute wesentlich besser durch die Krise gekommen sind als viele andere Länder, und welches in anderen Ländern adaptiert wird. Ich habe in der letzten Sitzung des Haushaltsausschusses gelernt, dass der Begriff „Kurzarbeitergeld“ mittlerweile auch im Englischen ein stehender Begriff für das deutsche Erfolgsrezept ist. Es war richtig und wichtig, das nach Europa zu transformieren, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Es ist in einer Zeit, in der wir ja nicht nur Corona hatten, sondern auch noch den Brexit, gelungen, einen europäischen Haushalt auf den Weg zu bringen, 1 Billion Euro schwer, und auch das einstimmig innerhalb der Europäischen Union.

Am Ende steht der große Wiederaufbaufonds „Next Generation EU“ und damit die klare Botschaft, dass auch wir wissen: Wir werden als Bundesrepublik nur dann wieder wirtschaftlich erfolgreich sein, wenn die gesamte europäische Wirtschaft wieder erfolgreich ist. Auch das ist gelungen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Mein Dank gilt an dieser Stelle ganz ausdrücklich denjenigen, die das verhandelt haben, und vorneweg dem deutschen Finanzminister, der dafür gesorgt hat, dass Europa solidarisch zusammengewachsen ist. Das war eine Leistung mit viel Beharrlichkeit. Ich finde, das verdient unsere Anerkennung.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Solidarität endet ja nicht an der europäischen Außengrenze. Viele von uns haben es nicht für möglich erachtet, dass sich am Ende die G‑7-Staaten darauf verständigen, dass es eine globale Mindeststeuer geben wird, dass Unternehmen wie Amazon, wie Ebay endlich auch dort Steuern zahlen, wo sie Gewinne erwirtschaften. Dass wir jetzt an diesem Punkt sind, dass es diese Vorlage für die G‑7-Konferenz gibt, ist das Verdienst des deutschen Bundesfinanzministers Olaf Scholz. Das ist eine historische Wendung in der globalen Finanzpolitik,

(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Absolut! Sensationell!)

und ich finde, das gehört in dieser Debatte auch erwähnt.

(Beifall bei der SPD)

Abschließend: Heute beraten wir eine weitere Reform des ESM; das ist erneut Ausdruck der Handlungsfähigkeit der europäischen Solidargemeinschaft. Es gibt zwei Änderungen, die für viele sehr technisch sein mögen. Das sind Haushälter gewohnt; wir arbeiten viel mit Technik. Aber am Ende bedeutet diese Technik für viele Menschen im Zweifel sehr viel.

Wir vereinfachen den Zugang zur vorsorglichen Kreditlinie; denn wir wollen, dass Staaten, die ins Straucheln kommen, sich beim ESM bedienen können und nicht die ganze Zeit das Damoklesschwert der Troika im Nacken haben und die Angst, in ihrem Land abgewählt zu werden, weil sie versuchen, ihren Staatshaushalt, ihre Wirtschaft zu retten. Deshalb verabschieden wir uns von der Troika und regeln ab sofort den Zugang über ein Memorandum of Understanding. Das ist der richtige Schritt. Wir brauchen diese vorsorgliche Kreditlinie; aber sie muss auch funktionieren, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Wir machen den ESM am Ende zur Letztsicherung für den europäischen Bankenrettungsschirm. Das klingt auch technisch, bedeutet aber, dass in einer Haftungskaskade erst mal die Gläubiger für die Bank einstehen müssen und der ESM quasi der Letztsicherungsmechanismus ist, man also nicht mehr Wetten darauf abschließen kann, dass eine Bank „too big to fail“ ist. Das sorgt für Stabilität im Euro-Raum. Das ist auch eine wichtige Entscheidung, die getroffen wurde, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben in dieser Legislaturperiode einen neuen Aufbruch für Europa initiiert, so wie der Koalitionsvertrag überschrieben war, in Zeiten, die wir bei Unterschrift des Koalitionsvertrages nicht vorhersehen konnten. Europa ist in dieser Krise solidarisch zusammengewachsen. Auch das bringt der heutige Beschluss zum Ausdruck. Oder um es mit Friedrich Schillers „An die Freude“ zu sagen: „Deine Zauber binden wieder, was der Mode Schwert geteilt.“

(Otto Fricke [FDP]: Endlich mal ein gutes Zitat!)

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Nächster Redner ist der Kollege Albrecht Glaser, AfD.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7526669
Wahlperiode 19
Sitzung 234
Tagesordnungspunkt Europäischer Stabilitätsmechanismus
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