11.06.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 234 / Tagesordnungspunkt 40

Doris BarnettSPD - Europäischer Stabilitätsmechanismus

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Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bedeutung der EU für seine Mitgliedstaaten zeigt sich nicht in Gutwetterperioden, sondern in Krisenzeiten. Die Finanzkrise 2008/2009 und auch die Griechenlandkrise haben erneut zu der Einsicht geführt, dass wir als Gemeinschaft nur in Solidarität überleben können, auch in der Finanzwelt. Deshalb wurde von den 19 Euro-Staaten ein Schutzschirm, EFSF, eingerichtet. Dieser wurde durch die Gründung einer internationalen Finanzinstitution, des ESM, abgelöst.

Aber keine Institution ist von vornherein so perfekt, dass man sie nicht noch verbessern könnte. 2014 einigten sich die Euro-Staaten darauf, dass der ESM auch Banken direkt rekapitalisieren darf. Jetzt wird gerade dieses Finanzhilfsinstrument weiter verbessert. Vielen Dank, Olaf Scholz.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen schließlich nicht mehr erleben, dass eine nächste Finanzkrise wie ein Tsunami die ganze EU bzw. einzelne Mitgliedstaaten überrollt und nachhaltig schädigt. Die Schuldentragfähigkeit in der EU müssen und werden wir stärken. Der ESM bedeutet in der Tat auch ein weiteres Stück des Zusammenwachsens der Mitgliedstaaten. Solidarität ist hier das Zeichen der Zeit, nicht Individualismus: Der führt ins Abseits.

Ich bin jetzt seit fast drei Jahrzehnten Mitglied dieses Hohen Hauses und habe daran mitarbeiten dürfen, dass sich unter dem Vorzeichen der Solidarität unsere Gesellschaft in vielen, wenn auch kleinen Schritten zum Besseren veränderte. Ein Land mit weit über 80 Millionen Einwandern verändert man nicht mit ein, zwei großen Würfen. Dazu bräuchte man eine Revolution, und oft sind die ziemlich blutig.

Wir Sozialdemokraten waren und sind immer bemüht, Konsens herbeizuführen, weil sich nur dann Veränderungen tatsächlich bewerkstelligen lassen. Eine der ersten Veränderungen für mich war 1995 die Einführung der Pflegeversicherung. Ob Sie es glauben oder nicht: Diese Versicherung ist eine Bürgerversicherung, weil sie von Anfang an alle mit einbezogen hat. Rentenreform, Mindestlohn, Kinderbetreuung, Gleichstellung und viele andere Stichworte könnte ich nun nennen, bei denen ich in den 27 Jahren erlebt habe, dass sie zum Gesetz wurden und das Leben vieler veränderte, ich sage: verbesserte.

(Beifall bei der SPD)

Dass ich daran mitarbeiten durfte, gibt mir noch immer ein unglaublich gutes Gefühl. Als Abgeordnete konnte ich wirklich mitgestalten. Eine von 709 Menschen aus einer Bevölkerung von 83 Millionen: Dafür möchte ich mich von Herzen bei all den Menschen bedanken, die mir mit ihrer Stimme ihr Vertrauen gegeben und mich hierhergebracht haben, bei meiner Partei und meiner Fraktion, die mich getragen haben. Danken möchte ich meinen Kolleginnen und Kollegen der Arbeitsgruppen und Ausschüsse, denen ich angehörte und angehöre, jetzt zuletzt dem Haushaltsausschuss und dem Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit, wo wir über Fraktionsgrenzen hinweg gut und vertrauensvoll zusammengearbeitet haben.

Die Weichen stellen, Veränderungen im Haushalt vornehmen, über Hunderte von Milliarden Euro abzustimmen, das ist schon eine große Herausforderung und auch eine große Verantwortung. Es war eine tolle, aufregende, anstrengende Zeit. Aber ich habe gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und ich kann mich auch auf die Mitarbeiter/-innen der Fraktion und der Bundestagsverwaltung und der Ministerien verlassen.

Besonders herausfordernd war die Arbeit als Delegationsleiterin der OSZE-PV. Mit einem neuen Format, super unterstützt vom Auswärtigen Amt, dem Leinsweiler Seminar, konnte ich Konfliktparteien zusammenbringen und ihnen die Möglichkeit bieten, sich anzunähern und somit Konfliktlösungen auszuloten.

Den ganzen Stress kann niemand lange ertragen, wenn er oder sie nicht Menschen im privaten Bereich hat, die einfach nur da sind. Meinen Mann habe ich in den 27 Jahren höchstens die Hälfte der Zeit gesehen, wusste ihn aber immer zu 100 Prozent an meiner Seite.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, achten Sie darauf, dass Sie sich diese Stärke in Ihrem Privatleben bewahren. Dann können Sie auch viel mehr Stress ertragen.

Ich wünsche Ihnen von dieser Stelle aus alles Gute, bleiben Sie gesund und eine gute Zukunft für dieses Land! Mir war es eine große Ehre, hier mit Ihnen zusammenzuarbeiten.

Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei Abgeordneten der AfD – Die Fraktionen der SPD und der CDU/CSU sowie Abgeordnete der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN erheben sich)

Liebe Frau Kollegin Barnett, der fraktionsübergreifende Dank drückt den Respekt und das Ansehen und die Sympathie, die Sie sich in Ihrer langen parlamentarischen Amtszeit bei allen Fraktionen erworben haben, besser aus, als es Worte sagen können.

Ich möchte als Bundestagspräsident zu Ihrer Tätigkeit noch hinzufügen: Sie haben sich in den letzten Legislaturperioden für uns alle auch in der Parlamentarischen Versammlung der OSZE sehr stark engagiert. Auch dafür möchte ich Ihnen im Namen des ganzen Hauses danken.

Jedenfalls wünschen wir Ihnen und Ihrer Familie für Ihren neuen Lebensabschnitt von Herzen alles Gute und danken Ihnen für diesen Dienst an der Demokratie in fast drei Jahrzehnten.

(Beifall)

Voraussichtlich letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Alois Karl, CDU/CSU.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7526676
Wahlperiode 19
Sitzung 234
Tagesordnungspunkt Europäischer Stabilitätsmechanismus
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