11.06.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 234 / Tagesordnungspunkt 41

Norbert KleinwächterAfD - Digitale Ökonomie, Wissenschaftstransfer

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Werte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Kollege Steier, Ihrem Selbstlob möchte ich mal ein bisschen Cicero entgegensetzen. Der sagte einmal: „Am weisesten ist, wem selbst einfällt, was er braucht.“ An dieser Weisheit fehlt es aber leider der Bundesregierung und offensichtlich den Koalitionsfraktionen. Denn Deutschland hat im Bereich der Spitzenforschung und der Innovation nicht, was es braucht; und dafür zu sorgen, fällt der Bundesregierung auch nicht ein.

Klar ist: In der Spitzentechnologie und Spitzenforschung zählen vor allem die klugen Köpfe. Aber Deutschland hat ein Qualitätsproblem, und Deutschland hat ein Abwanderungsproblem.

(Beifall bei der AfD – Zuruf des Abg. René Röspel [SPD])

Die deutsche Politik jedoch – das nervt mich langsam; dieses Problem wurde auch bei den Reden der Kollegen Steier und Stefinger deutlich – löst die Missstände nicht, sondern sie redet sie schön, als sei Wissenschaft eine Frage des Marketings.

Das beste Beispiel dafür sind diese vielen Agenturen oder auch die Exzellenzinitiative. Sie sollte deutsche Unis klasse machen; Harvard und Stanford waren die Messlatten für die neuen deutschen Spitzenunis. Tja! Nach 15 Jahren dümpeln die deutschen Unis in den internationalen Vergleichsrankings immer noch auf mittelprächtigen Plätzen. In den meisten Rankings schaffen sie es nicht mal unter die ersten 50 Plätze. Ich sage Ihnen: Das ist peinlich für ein Land, das sich technisch ganz vorne wähnt. Es ist auch eine Gefahr für die Zukunft; denn wirkliche Spitzenkräfte wollen nicht an mittelmäßigen Institutionen forschen.

(Beifall bei der AfD)

Diese Abwanderung von Spitzenforschern ist wissenschaftlich erwiesen. Die Expertenkommission Forschung und Innovation, EFI, stellte schon 2014 und wiederholt 2017 fest: Mehr Hochqualifizierte wandern aus als ein.

(Zuruf des Abg. René Röspel [SPD])

Deutsche Forscher im Ausland erbringen außerdem höherwertigere wissenschaftliche Leistungen als in Deutschland. Das heißt auf Deutsch, das heißt in klare, einfache Sprache übersetzt – dann verstehen vielleicht auch Sie es –: Die Besten ziehen weg, und das Mittelmaß bleibt.

(Gabriele Katzmarek [SPD]: Wir sind nur mittelmäßige Menschen hier!)

Daran ändert auch das teure GAIN-Programm nichts. Das hat die Dynamik letztendlich nicht verändern können, werte Frau Kollegin.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Zuruf der Abg. Anke Domscheit-Berg [DIE LINKE])

Die Bundesregierung übt sich vielmehr in Ignoranz bei diesem Thema und antwortete auf unsere Anfrage:

Nach Einschätzung der Bundesregierung ist Deutschland ein für hoch qualifizierte Arbeitskräfte attraktives, weltoffenes Land. Eine „Abwanderung hochqualifizierter Deutscher“ ist nicht Gegenstand der amtlichen Statistik. Die Bundesregierung teilt nicht die Einschätzung der Fragesteller, dass internationale Wissenschaftlermobilität zu einer Reduktion der Forschungsqualität in Deutschland beiträgt.

Ja, meine Damen und Herren, da kennt die Bundesregierung nicht einmal die entsprechenden Statistiken der OECD und leugnet sogar die Existenz des von der EFI klar beschriebenen Phänomens, dass eben deutsche Spitzenforscher abwandern. Was nicht ins eigene Weltbild passt, wird von Ihnen ignoriert; und das ist wirklich traurig.

(Beifall bei der AfD)

Es ist an der Zeit, dass Sie endlich mal die Befunde analysieren, dass Sie rausfinden, was man eigentlich in den anderen Ländern – USA, Großbritannien, Schweiz – besser macht als in Deutschland. Schiller trendet ja im Moment. Da möchte ich Ihnen frei nach Don Carlos zurufen: „Geben Sie Gedankenfreiheit, Sire!“ Wir brauchen Hochschulautonomie, Unabhängigkeit von staatlicher Bevormundung.

(Zuruf der Abg. Anke Domscheit-Berg [DIE LINKE])

Die Hochschulen brauchen die Freiheit. Den Unternehmergeist braucht man nicht unbedingt die ganze Zeit zu fördern. Es reicht, wenn man ihn nicht beschränkt. Und wir brauchen attraktive Rahmenbedingungen für die Wissenschaftler. Machen Sie Lehre und Forschung finanziell attraktiv.

(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: So wie ihre Vorgänger! Ja, ja!)

Sichern Sie eine persönliche Perspektive, weg von diesen prekären Arbeitsverhältnissen. Das ist das, was nötig ist.

Omnia praeclara rara – alles Vortreffliche ist selten, schrieb Cicero mal. Das gilt insbesondere für Spitzenforscher.

(Zuruf der Abg. Anke Domscheit-Berg [DIE LINKE])

Herr Kleinwächter.

Behandeln Sie sie auch so.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

(Beifall bei der AfD – Zuruf von der SPD: Jetzt kommt wieder Niveau! – Gegenruf des Abg. Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE]: Ist nicht schwer!)

Das Wort hat der Kollege René Röspel für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Personen

Dokumente

Automatisch erkannte Entitäten beta

Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7526690
Wahlperiode 19
Sitzung 234
Tagesordnungspunkt Digitale Ökonomie, Wissenschaftstransfer
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta