Marja-Liisa VöllersSPD - Ganztagsförderungsgesetz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute ist ein wichtiger Tag für viele Kinder und Eltern. Mit dem Ganztagsförderungsgesetz schaffen wir bis 2026 für jedes Grundschulkind einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung und sorgen bundesweit für gleichwertige Lebensverhältnisse für Kinder und Familien.
(Beifall bei der SPD)
Dies ist ein ganz großer Schritt nach vorne, schon fast historisch, hin zu einer noch besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf und vor allem ein Motor für bessere, für gleiche Bildungschancen für alle Kinder in unserem Land.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Maik Beermann [CDU/CSU])
Ja, wir wollen Wahlmöglichkeiten für die Familien schaffen; das wurde heute schon mehrfach angesprochen. Man kann den Ganztag nutzen, man muss es aber nicht. Gerade die Coronazeit hat uns noch einmal deutlich gezeigt, wie stark die Lernchancen und Entwicklungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen von ihrer Herkunft, ihrem Wohnort oder ihren Lebensumständen abhängig sind. Hier müssen wir Angebote schaffen, die dazu beitragen, die soziale, kulturelle, gesellschaftliche Teilhabe aller Kinder sicherzustellen. Der Ganztag ist an dieser Stelle eines der stärksten Instrumente, das wir haben.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Maik Beermann [CDU/CSU])
Die Ganztagsbetreuung – das wurde heute auch deutlich – muss qualitativ hochwertig, aber auch ein ganzheitlicher Ansatz sein. Neben der schulischen Bildung müssen wir in Kooperation mit der Kinder- und Jugendhilfe, den Schulen, Horten, Musikschulen, Sportvereinen Raum schaffen für qualitativ gute Angebote. Nur gemeinsam wird es gehen.
Ich möchte zwei Beispiele aufzeigen, liebe Kolleginnen und Kollegen, von Menschen, die hiervon profitieren werden. Das ist zum einen eine alleinerziehende Mutter dreier Kinder, nennen wir sie Melanie, sie kann nur Teilzeit arbeiten, Vollzeit geht momentan nicht, sie strampelt sich ab, geht zur Arbeit, versorgt ihre Kinder, kocht Essen und betreut die Hausaufgaben. Für sie ist das ein ständiger Balanceakt. Sie braucht den Ganztag.
(Beifall bei der SPD)
Die Folgen der noch fehlenden flächendeckenden Ganztagsbetreuung sind offensichtlich: weniger Einkommen für die Familie und weniger Rente im Alter. Mit diesem neuen Rechtsanspruch für Grundschulkinder schließen wir diese gravierende Lücke in der Kindertagesbetreuung.
(Beifall bei der SPD)
Zum anderen ist da Carlos, zehn Jahre, das jüngste Kind in der Familie. Wenn Carlos von der Schule nach Hause kommt, sind er und sein Bruder meistens alleine. Warmes Mittagessen gibt es nicht. Die Eltern müssen arbeiten. Die Hausaufgaben müssen, auch bei Fragen, alleine geschafft werden. Wie Carlos geht es vielen Kindern in unserem Land. Durch den Rechtsanspruch geben wir zukünftigen Kindern wie ihm die Möglichkeit auf eine gute Ganztagsbetreuung: Hilfe bei den Aufgaben, jeden Tag ein warmes Mittagessen, aber eben auch individuelle Förderung und kreative Angebote.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Recht auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter ist eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund, von Ländern und von unseren Kommunen. Wir haben alle auf unterschiedlichsten Ebenen lange und gut miteinander gestritten, hart verhandelt, und der Prozess – das wissen viele hier im Haus – war nicht einfach. Aber wir haben es geschafft, und wir waren erfolgreich.
Wir als SPD-Bundestagsfraktion gehen gemeinsam mit unserem Koalitionspartner, mit der Union, mit einem erheblichen finanziellen Beitrag, fast 1 Milliarde Euro pro Jahr, in die Mitverantwortung
(Martin Reichardt [AfD]: Noch, noch! Nicht mehr lange!)
und schaffen damit wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Ganztagsbetreuung. Es gilt nun – das ist nur eine kleine Mahnung, das wurde heute auch schon mehrfach angesprochen –, den letzten Kraftakt zu meistern und diese historische Chance, die wir heute und in den nächsten Wochen miteinander haben, ebendiesen Ganztagsanspruch in einer Grundschule zu verankern, nicht leichtfertig aufs Spiel zu setzen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Maik Beermann [CDU/CSU])
Meine Damen und Herren, der Bundestag verabschiedet viele, viele Gesetze. Einige geraten leider allzu schnell in Vergessenheit. An diesem Gesetz mitgearbeitet zu haben, war für mich eine sehr große Ehre: für die zukünftigen Melanies, für die zukünftigen Carlos’, für alle Kinder und Familien in diesem Land. All das wird bleiben.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Margit Stumpp [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Maik Beermann das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7526710 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 234 |
Tagesordnungspunkt | Ganztagsförderungsgesetz |