Rudolf HenkeCDU/CSU - Epidemische Lage nationaler Tragweite
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Zunächst vielleicht wegen zahlreicher Briefe und Anfragen, die wir kriegen, noch mal die notwendige Differenzierung: Wenn wir heute über eine epidemische Lage von nationaler Tragweite beschließen,
(Zuruf von der AfD: Gibt es nicht!)
dann hat das nichts zu tun mit der Frage, ob die sogenannte Bundesnotbremse fortgesetzt wird oder nicht. Ich habe Briefe bekommen, in denen steht drin: Wie kann das sein? Es ist doch angekündigt worden, die Bundesnotbremse läuft aus, am 30. Juni ist es so weit. Sie war von vornherein befristet. – Wir haben sie eingeführt, als die Not groß war und die Bremse nicht so groß. Wir haben dadurch eine Vereinheitlichung der Bremswirkung erreicht.
Jetzt kann man sich über die Effekte streiten, darüber, ob möglicherweise die Diskussion über die Bundesnotbremse auch einen wichtigen Beitrag geleistet hat, das Bewegungsgeschehen, das Getümmel, die Treffen der Menschen zu verringern. Jedenfalls sind wir jetzt in einer Situation, in der keiner daran denkt, die Bundesnotbremse zu verlängern.
(Beatrix von Storch [AfD]: Natürlich!)
Das Zweite ist die Frage: Ist das, was wir hier beschließen, gleichbedeutend mit Wiedereinführung oder Fortdauer – oder was auch immer – eines Lockdowns?
(Beatrix von Storch [AfD]: Natürlich!)
Auch das ist natürlich nicht der Fall, sondern das Thema Lockdown richtet sich einzig und allein nach der Situation, die wir vorfinden. In die Beurteilung dieser Situation – das haben wir gesetzlich so geregelt – fließt nicht nur die sogenannte Inzidenz, also die Anzahl der festgestellten Virennachweise in den Rachenräumen betroffener Menschen, ein, sondern da fließt natürlich auch die Frage der Entwicklung des Impfgeschehens ein, und da fließt die Frage der Belegung der Intensivstationen ein.
(Karsten Hilse [AfD]: Alles gelogen! – Gegenruf von der SPD: Unverschämtheit!)
Das, was wir hier machen, ist auch kein Hinderungsgrund für die Fortsetzung sommerlicher Lockerungen, sondern wir ermöglichen den Ländern über § 28a Infektionsschutzgesetz bestimmte, je nach Lage anzupassende Schutzmaßnahmen. Um diesen Katalog von Coronamaßnahmen und die damit verbundene Rolle des Bundesgesetzgebers haben wir im Oktober und November sehr hart gerungen, auch auf Anregung von Gerichten, auch auf Anregung des Bundestagspräsidenten. Wir wollen das beibehalten, damit die Länder dort eine rechtliche Sicherheit haben für die allgemeinen Anordnungen, die sie treffen müssen
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Es gibt keine epidemische Lage nationaler Tragweite!)
in der unterschiedlichen Lage, in der die Länder jeweils sind.
Wie wir ja alle derzeit in den Wahlkreisen spüren, sind in der erreichten Lage allein die Landesregierungen zuständig und gestalten. Deren Aufhebung von Schutzmaßnahmen ist unter anderem einem Parameter zu verdanken, den wir hier Anfang März – ich habe es gesagt – in § 28a Infektionsschutzgesetz eingefügt haben: der Anzahl der gegen Covid-19 geimpften Personen.
Auch in der gestrigen Anhörung des Parlamentarischen Begleitgremiums Covid-19-Pandemie gab es starke Signale, wie wichtig die Fortschritte der Impfkampagne sind. Fast ein Viertel der Gesamtbevölkerung ist inzwischen vollständig geimpft. Wir bewegen uns darauf zu, dass die Hälfte der Gesamtbevölkerung wenigstens einmal geimpft ist. Dennoch zeigt sich – etwa in England –: Erfolge sind fragil, Varianten unberechenbar.
Man wird diese Pandemie – und damit möchte ich schließen – bei aller Überdrüssigkeit zu keinem Zeitpunkt durch einen politischen Beschluss abschaffen können. Ich würde hier gerne ein Gesetz einbringen, in dem wir schreiben: Das Coronavirus wird kraft Beschlusses des Deutschen Bundestages abgeschafft.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Die Infektiosität wird abgeschafft. Die Möglichkeit, daran krank zu werden, wird abgeschafft. Aber das ist eine lächerliche Vorstellung.
(Karsten Hilse [AfD]: Peinlich! Wir reden über die Freiheit der Menschen!)
Deswegen ist das, was wir machen können, lediglich, dafür zu sorgen, dass die Länder alle Möglichkeiten haben, zu reagieren. Dafür sind die heutigen Oppositionsanträge realitätsnäher als früher.
Die epidemische Lage von nationaler Tragweite, die wir heute beschließen wollen, wird bis längstens zum 11. September andauern. Ich denke, wir werden uns auch noch ein weiteres Mal mit der Frage befassen, weil ich annehme, dass der Deutsche Bundestag im September noch mal zusammentritt.
Herzlichen Dank. Ich empfehle die Annahme des Antrags.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Götz Frömming [AfD]: Grundrechte zurückhaben! – Beatrix von Storch [AfD]: Ohne rot zu werden! – Karsten Hilse [AfD]: Ohne rot zu werden, so einen Mist zu erzählen hier! Wirklich, ey!)
Vielen Dank. – Das Wort geht an Detlev Spangenberg von der AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7526728 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 234 |
Tagesordnungspunkt | Epidemische Lage nationaler Tragweite |