Hilde MattheisSPD - Epidemische Lage nationaler Tragweite
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will hier mal ein paar Punkte von der Opposition aufgreifen.
Die erste Frage, die ich beantworten möchte, ist: Kann man mit dem Infektionsschutzgesetz das komplette Gesundheitssystem reformieren? Nein, kann man nicht.
(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Hat auch keiner gesagt!)
Wir haben gesehen, welche Defizite wir in unserem System haben. Ich bin da ganz bei Ihnen: Mehr Daseinsvorsorge täte uns gut; mehr Öffentlicher Gesundheitsdienst täte uns gut. Das brauchen wir.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN)
Deshalb ist es so wichtig, dass wir die Regierung beauftragt haben, externen Sachverstand einzuholen und zu evaluieren und diesem Parlament bis Ende des Jahres einen Bericht vorzulegen, welche Lehren man aus dieser Pandemie ziehen muss, damit wir bei ähnlichen Situationen, die hoffentlich nicht eintreten, besser vorbereitet sind. Das ist ein wichtiger Punkt. Dazu gehört meines Erachtens auch, dass wir uns auf den Weg machen müssen, dieses Gesundheitssystem nicht an ökonomischen Gesichtspunkten auszurichten, sondern an den Bedürfnissen der Menschen. Das muss die Lehre aus der Pandemie sein.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Harald Weinberg [DIE LINKE])
Die zweite Frage, die ich beantworten möchte, ist: Nimmt die Demokratie Schaden? Wir haben als Regierungsfraktionen – und das hat die SPD wirklich forciert eingebracht – hart für den Satz gekämpft, dass das Parlament entscheidet, ob diese epidemische Lage nationaler Tragweite existiert oder nicht. Das macht das Parlament.
(Beifall bei der SPD)
Wenn wir uns jetzt entscheiden, diese Lage fortbestehen zu lassen, dann tun wir das, weil wir mit Vorsicht und Umsicht agieren wollen. Ein Vorredner hat es schon gesagt: Der Blick auf Großbritannien hilft dabei. Innerhalb von wenigen Wochen haben sich die Inzidenzwerte dort mehr als verdreifacht.
(Zuruf des Abg. Uwe Witt [AfD])
Ich glaube, es ist wichtig, dass wir uns nicht in Sicherheit wiegen, so gern wir alle wieder ein normales öffentliches Leben hätten. Aber diese Sicherheit gibt es noch nicht. Und im Antrag steht ja auch: Wir können die Feststellung der pandemischen Lage jederzeit vor September aufheben,
(Dr. Lothar Maier [AfD]: Tun Sie aber nicht!)
und zwar wir Parlamentarierinnen und Parlamentarier.
(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Wann ist das denn dran? Wann?)
Aber wir müssen eine Abwägung treffen. Und die Frage, ob es jetzt an der Zeit ist, das Fortbestehen der pandemischen Lage aufzuheben,
(Zurufe von der AfD: Ja!)
ist im Moment mit Nein zu beantworten.
(Abg. Karsten Hilse [AfD] und Petr Bystron [AfD] melden sich zu einer Zwischenfrage)
Warum? Weil wir Maßnahmen brauchen, um den Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Frau Kollegin, es gibt zwei Zwischenfragen von der AfD-Fraktion.
Nein.
Übrigens: Genau vor einem Jahr hat die FDP-Fraktion hier einen fast wortgleichen Antrag eingebracht, in dem sie gefordert hat, die Feststellung der pandemischen Lage aufzuheben. Ich glaube, die nachfolgenden Monate haben gezeigt, dass das ein schwerer Fehler gewesen wäre.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Ja, dann lassen wir sie doch für immer! Unfassbar!)
Ein dritter Punkt, auf den ich hier eingehen möchte, ist das Thema Entwarnung. Können wir Entwarnung geben? Auch da sage ich Nein, nicht nur, weil es Mutanten gibt, die jetzt auch in Europa die Bevölkerung wieder gefährden, sondern auch, weil wir noch keine ausreichende Impfquote haben.
Abschließend komme ich zu einem ganz wichtigen Punkt, den wir noch mal auf die Agenda setzen müssen: die Eigentests. Wir haben das vernachlässigt. Ich glaube, wir tun gut daran, wenn wir neben einer Teststrategie auch eine Eigenteststrategie auf die politische Agenda nehmen.
(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Wo ist sie denn?)
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, liebe Kollegin. – Ich gebe das Wort an Herrn Hilse für eine Kurzintervention.
(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Hilse, Mensch! – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7526738 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 234 |
Tagesordnungspunkt | Epidemische Lage nationaler Tragweite |