Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Grünen fordern eine Strategie für den öffentlichen Verkehr, die alle Entscheidungsträger, also Bund, Länder und Kommunen, einbezieht. Sie fordern die Erhöhung der Regionalisierungsmittel. Fakt ist: Wir haben als Koalition die Regionalisierungsmittel schon wesentlich erhöht.
(Beifall bei der SPD)
Anfangen bei 8,6 Milliarden Euro im Jahr 2019, werden die Mittel bis 2031 auf 11,3 Milliarden Euro ansteigen. Zusätzlich haben wir letztes Jahr noch einmal 2,5 Milliarden Euro für die Pandemie zur Verfügung gestellt und gedenken, das auch dieses Jahr wieder zu tun. Die Mittel nicht erhöht zu haben, kann man der Koalition also nicht vorwerfen.
(Beifall bei der SPD)
Mit der Änderung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes haben wir als Bund auch die zweite Säule der ÖPNV-Finanzierung gestärkt. Wir haben die Fördermöglichkeiten ausgeweitet und die Mittel verdreifacht. Auch hier fördert der Bund also Investitionen in umweltfreundliche Alternativen zum privaten Pkw.
Ich freue mich sehr – da spreche ich auch im Namen meines sehr geschätzten Kollegen Detlef Müller –, dass wir als SPD mit dem wichtigsten Punkt bei der Union, beim BMVI und allen voran auch bei Herrn Staatssekretär Ferlemann auf offene Türen gestoßen sind, und das ist die standardisierte Bewertung. Dahinter steht ein Paradigmenwechsel; denn bei der Kosten-Nutzen-Untersuchung, ob also ein Projekt aus Bundesmitteln gefördert werden konnte oder nicht, waren bis zuletzt hauptsächlich wirtschaftliche Erwägungen entscheidend. Niedrigere Fahrgastzahlen auf dem Land haben aber dazu geführt, dass Projekte eben oft nicht gefördert werden konnten. Das kann aber nicht sein, wenn es um öffentliche Daseinsvorsorge geht. Das ist unsere tiefste Überzeugung als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten. Das wird sich jetzt ändern, wenn ein neues Parlament auch über die Änderung des GVFG abstimmt. Aber Fakt ist: Kommunen können schon jetzt nach den neuen Kriterien Projekte beantragen. Im Rahmen dessen werden dann auch Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt, und das ist eine erhebliche Erleichterung.
(Beifall bei der SPD)
Der private Pkw ist auf dem Land leider noch nicht wegzudenken. Was die Grünen zuletzt gefordert haben, ist eine Spritpreiserhöhung bzw. eine Benzinpreiserhöhung um 16 Cent. Damit haben sie kollektive Emotionen hervorgerufen. Ich habe mir einmal den Spaß gemacht und nachgerechnet. Wenn ich zugrunde lege, dass ein Arbeitnehmer aus dem Landkreis München etwa 8 000 Kilometer im Jahr pendelt, dann komme ich auf ungefähr 400 Liter Benzin. Lege ich für das Jahr 2023 den Vorschlag der Grünen, also eine Preiserhöhung um 16 Prozent, neben das, was wir als Koalition beschlossen haben, nämlich eine Preiserhöhung um 10 Prozent, dann komme ich auf eine Preisdifferenz von 24 Euro im Jahr.
Jeder Arbeitnehmer, für den es sich finanziell rechnet, mit seinem privaten Pkw täglich zur Arbeit zu pendeln, kann sich, so behaupte ich, 24 Euro im Jahr – von Ausnahmen einmal abgesehen – schon leisten. Das sind 10 Cent an einem Arbeitstag. Nur zum Vergleich: Die Schwankungen auf dem Rohölmarkt lagen in den vergangenen 10 bis 15 Jahren bei bis zu 50 Cent pro Liter.
Was folgt jetzt daraus? Daraus folgt, dass die mediale Debatte, die geführt worden ist, und der Vorschlag der Grünen eigentlich völlig lächerlich sind, weil es nämlich keine ernsthafte Incentivierung ist, um die Menschen vom privaten Pkw zum umweltfreundlichen ÖPNV zu bewegen.
Stattdessen müssen wir zwei Dinge angehen. Das sind erstens echte Alternativen, indem wir den ÖPNV stärken, vor allem auf dem Land. Dazu gehört auch, dass man sich Gedanken darüber macht, was man mit den Einnahmen aus der CO2-Bepreisung macht, ob wir die Kommunen etwa nicht stärker unterstützen; denn ich als Kommunalpolitikerin erlebe, dass wir ständig die Preise erhöhen müssen, ohne auf der anderen Seite das Angebot verbessern zu können. Aus Verbrauchersicht ist es dann eben nicht attraktiv, statt 30 Minuten mit dem Auto 60 Minuten öffentlich unterwegs zu sein.
(Beifall bei der SPD)
Wir brauchen zweitens ein Zusammenspiel von Arbeit und Klimaschutz. Denn soll der Arbeitnehmer aus meinem Rechenbeispiel einen signifikant besseren CO2-Fußabdruck haben, dann muss er auch von zu Hause aus arbeiten können. Deswegen war es richtig, dass wir als SPD mit Hubertus Heil den Anspruch auf Homeoffice gefordert haben. Das hat die Union verhindert; aber wir haben jetzt zumindest Erleichterungen geschaffen.
(Beifall bei der SPD)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das sind die Alternativen, die wir nicht nur dem ländlichen Raum bieten müssen, sondern den Menschen insgesamt, wenn wir die Mobilitätswende wirklich ernst meinen. Denn, mit Verlaub, 6 Cent oder 24 Euro im Jahr werden das Klima nicht retten können.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Vielen Dank. – Das Wort hat der Kollege Bernd Reuther von der FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7526750 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 234 |
Tagesordnungspunkt | Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen |