Christopher GohlFDP - Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein Kollege Bernd Reuther hat unseren liberalen Antrag schon gewürdigt und die Kritik an grünen Ideen deutlich gemacht. Ich will in meiner wahrscheinlich vorerst letzten Rede in diesem Hohen Haus diese Kritik noch vertiefen. Sie soll aber ein grundsätzliches Gesprächsangebot sein, und zwar über Freiheitspolitik.
Als Liberaler freue ich mich, wenn Frau Baerbock mit erfreulicher Stetigkeit Klimapolitik zur Freiheitspolitik erklärt. Aus liberaler Sicht ist alle Politik Freiheitspolitik. Aber der Entwurf Ihres Wahlprogramms bestätigt leider meinen Verdacht, dass Sie die Freiheit nur im Munde führen und nichts davon auf die Straße kriegen. Denn überhaupt nur an einer Stelle spricht Ihr Kapitel zum Schutz der Lebensgrundlagen von Freiheit, und dann so, als sei Freiheit bloß ein statisches Nullsummenspiel und Freiheitspolitik ein Verschiebebahnhof zwischen den Generationen, wo die einen mehr haben, wenn die anderen weniger davon kriegen.
Jetzt wollen Delegierte gar Ihren Mobilitätspass umwidmen in eine Abgabe, mit der die dezentrale Preisgestaltung von 120 Verkehrs- und Tarifverbünden gleichgeschaltet und nivelliert wird. Das alles hat mit Freiheitspolitik nichts, aber auch gar nichts zu tun.
(Beifall bei der FDP)
Freiheitspolitik heißt, das produktive Zusammenspiel verschiedener Freiheiten immer wieder neu zu optimieren, im Dienste von besseren Freiheiten für mehr Menschen. Dann erst gelingt nicht nur die Versöhnung von Ökologie und Ökonomie im Sinne eines Waffenstillstands, sondern erst dann nutzen wir doch die gebündelte Feuerkraft der Freiheit für die Zwecke nachhaltiger Entwicklung: die Freiheit fairen wirtschaftlichen Wettbewerbs als Treiber von Innovationen – Ordoliberalismus –, die Freiheit der Wissenschaften, der experimentellen Falsifikationen – Karl Popper – und die Freiheit demokratischer Such- und Lernprozesse, mit denen über Kritik und Korrektur friedliche Verständigung für friedliche Veränderung gelingt in der Tradition John Deweys.
Solche freiheitlichen Such-, Lern- und Gestaltungsprozesse sind doch das schlagende Herz, der Quellcode nachhaltiger Entwicklung. Das hat übrigens die Enquete-Kommission des Bundestags schon Ende der 90er-Jahre so gesehen; nachlesen lohnt.
Unser Antrag zu Seamless Mobility dagegen ist ein echtes Lehrstück der Freiheitspolitik. Der freiheitliche Zweck ist die selbstbestimmte, ökologisch verantwortliche Mobilität der Menschen, egal wo sie leben und wann sie fahren wollen. Zu den freiheitlichen Mitteln, die wir damit stärken wollen, gehören offene Daten und Plattformen, experimentelle Lernprozesse und fairer Wettbewerb sowie eine gestärkte digitale Infrastruktur als Basis digitaler Innovationen.
So können neue Unternehmen entstehen, die mit ökologisch verantwortlichen Geschäftsmodellen gute und zukunftssichere Arbeitsplätze, zugleich bessere Mobilität für mehr Menschen schaffen und so auch die Freiheit unserer Kinder sichern.
So, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht die Optimierung von Freiheitsbilanzen. So geht Freiheitspolitik – nicht nur, aber besonders dringlich in Zeiten des Klimawandels. Bitte lernen Sie daraus. Lernen wir alle daraus!
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank, Herr Kollege Gohl. – Nächster Redner ist der Kollege Karl Holmeier, CDU/CSU-Fraktion. Er hält seine letzte Rede im Deutschen Bundestag.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7526756 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 234 |
Tagesordnungspunkt | Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen |