Jens Spahn - Gesundheitsversorgung
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein starker Staat gibt Sicherheit, und ein starker Sozialstaat gibt Sicherheit in dieser Krise. Er gibt Sicherheit in der persönlichen Gesundheitskrise – bei Pflegebedürftigkeit, bei Krankheit –, und er gibt uns Sicherheit in der nationalen Gesundheitskrise, in dieser Pandemie.
Unser deutsches Gesundheitssystem, unsere Pflege hat sich als sehr leistungsstark, als sehr robust, als sehr verlässlich in dieser Pandemie erwiesen. Deswegen können wir nur einmal mehr ein herzliches Dankeschön sagen an all diejenigen – über 5 Millionen Menschen –, die jeden Tag mithelfen, dass wir so gut durch diese Krise kommen. Danke schön dafür!
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Aber die Krise zeigt eben auch wie unter einem Brennglas, wo wir noch besser werden können, und zwar im Bereich Gesundheit wie im Bereich Pflege. Eine Lehre – keine überraschende – ist: Die Bürgerinnen und Bürger wünschen sich eine Gesundheitsversorgung in der Nähe, flächendeckend, aber auch von guter Qualität. Eine ganze Reihe von Maßnahmen in diesem Gesetz adressiert genau das, etwa die Einführung von Personalbemessungsverfahren im Krankenhaus. Erstmalig beschreiten wir diesen Weg der gesetzlichen Vorgabe auch für die Krankenhäuser, um dort die Einstellung von mehr Kolleginnen und Kollegen, und zwar bedarfsgerecht, möglich zu machen und Pflegekräfte zu finanzieren.
Wir verbessern die Qualität in den Krankenhäusern und sorgen für Transparenz bei der Qualität. Es geht um Mindestmengen, und es geht vor allem um Patientenschutz; denn die Operation in der Nähe ist wichtig, aber eben auch die qualitativ gute Operation.
Wir ergreifen viele kleinere, aber doch wichtige Maßnahmen: von der Finanzierung ambulanter Krebsberatungsstellen über Tabakentwöhnung – erstmalig für bestimmte Patienten als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung;
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Das war überfällig!)
viele Kolleginnen und Kollegen haben dafür lange geworben – bis hin zu regionaler Hospiz- und Palliativversorgung. Das sind viele, viele kleine und größere Bereiche, die aber jeweils für die Patientinnen und Patienten wichtig sind.
Wir geben dem System auch finanzielle Sicherheit. Die Sozialversicherungsbeiträge müssen und sollen auch im nächsten Jahr bei unter 40 Prozent stabilisiert werden für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft in dieser Krise. Gleichzeitig sollen die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen. Dafür ist der Bundeszuschuss von 7 Milliarden Euro im nächsten Jahr das wichtige Signal. Wir wollen eine gut finanzierte Gesundheitsversorgung, aber wir wollen sie gleichzeitig so finanzieren, dass wir wirtschaftliches Wachstum nicht gefährden, sondern anreizen. Darum geht es.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dann geht es um den Bereich der Pflege. Da kommen wir – das wissen wir eigentlich schon seit der Zeit vor der Pandemie; da haben wir auch schon begonnen – mit bloßen Ankündigungen nicht weiter. Es geht darum, konkrete Schritte auf einem Weg für bessere Arbeitsbedingungen zu gehen – bedarfsgerecht, generationenfest und nachhaltig.
Ich habe schon gesagt, wir haben vor der Pandemie begonnen; aber wir gehen mit diesem Gesetz weitere wichtige Schritte, zum Beispiel mit einer besseren Bezahlung, gerade auch in der Langzeitpflege, in der Altenpflege, weil vor allem das die Attraktivität eines Berufes bestimmt. Ja, Danke sagen, klatschen, einmalige Prämien – all das ist wichtig. Aber es reicht eben nicht. Es geht darum, dass wir zu strukturellen Änderungen und damit dauerhaft zu einer besseren Bezahlung kommen, zu einer Bezahlung nach Tarif in allen Pflegeeinrichtungen – ambulant wie stationär –, die mit der Pflegeversicherung abrechnen, mit ihr zusammenarbeiten. Das ist für Hunderttausende Beschäftigte in der Pflege in Deutschland jeden Monat ein echter Unterschied in Euro und Cent. Deswegen ist das ein starkes, wichtiges Signal, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Es geht um mehr Personal, Personalbemessung, aber es geht übrigens auch um mehr Kompetenz für die Pflegekräfte. Pflege kann nicht jeder; aber die Pflegekraft kann viel mehr, als wir ihr zutrauen. Und deswegen werden wir es möglich machen, dass die Pflegekraft etwa Pflegehilfsmittel selbst verordnen darf und nicht Ärztinnen und Ärzte fragen muss. Da, wo die pflegerische Kompetenz es zulässt, wollen wir eigenständige Entscheidungen – diese Fähigkeit ist nach der Ausbildung unbedingt erforderlich – möglich machen. So haben wir es vereinbart, und so macht dieses Gesetz genau da einen Unterschied.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Abschließend, Herr Präsident, gehört dazu auch, dass wir die steigenden Kosten durch bessere Bezahlung und mehr Personal nicht zulasten der Pflegebedürftigen und ihrer Familien gehen lassen und sie nicht überfordern. Wir werden bei den pflegebedingten Eigenanteilen erstmalig ein System haben, das sich an der Länge der Pflegebedürftigkeit in den stationären Einrichtungen orientiert. Gerade bei Angehörigen mit Demenz, wenn es um zwei, vier, sechs Jahre Pflegedürftigkeit geht, können sich viele Familien, auch wenn sie sich etwas erspart haben, das beim besten Willen nicht mehr leisten. Das ist für viele unplanbar geworden. Deswegen sagen wir mit diesem Gesetz sehr, sehr klar – auch mit einer Entlastung in Höhe von 70 Prozent etwa im vierten Jahr, über 600 Euro im Monat –: Wir wollen diese Pflegebedürftigen und ihre Familien nicht alleine lassen, wir wollen sie entlasten. – Auch da setzen wir ein wichtiges Signal für eine starke Pflege in Deutschland.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das alles gelingt mit dem Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz; der Name ist Programm. Es ist nicht der letzte, aber ein wichtiger Schritt. Für diesen Schritt bitte ich um Ihre Zustimmung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank, Herr Minister Spahn. – Nächster Redner ist der Kollege Ulrich Oehme, AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7526775 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 234 |
Tagesordnungspunkt | Gesundheitsversorgung |