11.06.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 234 / Tagesordnungspunkt 45

Ulrich OehmeAfD - Gesundheitsversorgung

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Mit dem Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung möchte die Bundesregierung zahlreiche Vorhaben auf den Weg bringen, die auch aufgrund der Coronakrise liegen geblieben sind. Einige dieser Neuerungen sind notwendig, so die angemessene Entlohnung von Pflegekräften und die finanzielle Entlastung von Pflegebedürftigen. Auch die geplante Kurzzeitpflege in Krankenhäusern und die Verbesserung in der Palliativmedizin erachten wir als dringend notwendig.

Wir können dem Gesetz jedoch in der jetzt vorliegenden Form nicht zustimmen. In der öffentlichen Anhörung hagelte es Kritik von allen Seiten: Das Gesetz sei aus der Not geboren, ein Ersatzkonstrukt. Der geplante Zeitraum für die Umsetzung sei zu kurz; es sei akademisch und zu wenig machbar.

Ein Beispiel für „gut gedacht und schlecht gemacht“ sind die Qualitätsverträge zwischen den Kassen und den Krankenhäusern. Eine Verpflichtung zum Vertragsabschluss und ein festgeschriebenes Ausgabevolumen mit Sanktionen gegen die Krankenkassen werden gefordert. Dadurch könnten Krankenkassen zum Abschluss von Verträgen gedrängt werden, welche vor allem die finanziellen Interessen von Krankenhäusern bedienen. Zudem ist der Abschluss solcher Verträge bereits mit einem enormen Bürokratieaufwand verbunden. Wir lehnen den Vertragszwang für Krankenkassen entschieden ab. Wir fordern mehr Freiwilligkeit und Eigenverantwortung im Gesundheitssystem.

(Beifall bei der AfD)

Ein weiteres Beispiel ist der Pflegepersonalquotient. Dieser Quotient beruht vor allem auf Fallbeispielen. Nach Auffassung der Deutschen Krankenhausgesellschaft sind Pauschalen jedoch der falsche Weg; denn Pflegepersonalkosten werden von Pauschalen unabhängig, nämlich von den einzelnen Krankenhäusern finanziert. Eine angemessene Pflegepersonalausstattung kann so nicht ermittelt werden. Krankenhäuser laufen nach dem Gesetzentwurf vielmehr Gefahr, wegen mangelnder Beschäftigung von Pflegepersonal Strafen zu zahlen.

Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste beklagt Ähnliches. Von der Personalmenge über die Personalqualifikation bis hin zum Gehalt wird alles vorgeschrieben. Nun sollen Pflegekassen nur noch Verträge mit Einrichtungen abschließen, die Tarifverträge einhalten.

(Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sind Sie dagegen?)

– Ich bin nicht dagegen. Jedoch hat die hohe Nachfrage nach Pflegekräften schon zu wesentlichen Lohnsteigerungen geführt. – Gemeinsam fordern wir: endlich weniger Bürokratie, mehr Flexibilität, insbesondere bei den kleineren Heimen.

Auch den Zwang zu einer Berufshaftpflichtversicherung mit einer festgelegten Mindestversicherungssumme für Vertragsärzte lehnen wir ab.

(Sabine Dittmar [SPD]: Das ist überfällig!)

Dadurch wird nur Druck auf Ärzte ausgeübt; denn bei der Unterschreitung der gesetzlich vorgeschriebenen Versicherungssumme droht ihnen das Ruhen der Zulassung.

(Zuruf der Abg. Karin Maag [CDU/CSU])

Dabei ist in § 21 der Berufsordnung für Ärzte klar geregelt, dass sich Ärzte hinreichend gegen Haftpflichtansprüche im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit zu versichern haben. Zudem berücksichtigt eine einheitliche Mindesthöhe über alle Arztgruppen hinweg nicht die unterschiedlichen Schadenshöhen und Schadenshäufigkeiten in den verschiedenen Fachrichtungen. In Anbetracht des Ärztemangels ist diese Regelung unnötig wie unverständlich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Verwaltungsaufwand, Strafzahlungen und der Eingriff in die Vertragsfreiheit führen nie zu einer Weiterentwicklung, auch nicht im Gesundheitswesen.

(Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Zu einer Weiterentwicklung gehören hingegen mehr Freiwilligkeit, Flexibilität und Eigenverantwortung. Das Gesundheitssystem in seiner jetzigen Form gehört grundsätzlich auf den Prüfstand und reformiert.

(Beifall bei der AfD)

Diese Flickschusterei muss endlich aufhören.

(Marianne Schieder [SPD]: Oje, oje!)

Der Gesetzentwurf ist billige Wahlkampftaktik. Daher lehnen wir ihn ab.

Danke.

(Beifall bei der AfD – Marianne Schieder [SPD]: Wenig Ahnung, und davon viel!)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Als Nächster erhält das Wort Herr Bundesminister Hubertus Heil für die Bundesregierung.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Marianne Schieder [SPD]: Jawohl, endlich eine gescheite Rede!)

Personen

Dokumente
Beschlussempfehlung
Drucksache 19/30550
a) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksachen 19/26822, 19/27214, 19/28005 Nr. 1 - Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz - GVWG) b) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Axel Gehrke, Detlev Spangenberg, Dr. Robby Schlund, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD - Drucksache 19/27202 - Herdenimmunität durch flächendeckenden Antikörpertests ermitteln - Unnötige Impfrisiken vermeiden c) zu dem Antrag der Abgeordneten Pia Zimmermann, Susanne Ferschl, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 19/24448 - Solidarische Pflegevollversicherung umsetzen d) zu dem Antrag der Abgeordneten Pia Zimmermann, Matthias W. Birkwald, Susanne Ferschl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 19/25349 - Rentenplus für pflegende Angehörige e) zu dem Antrag der Abgeordneten Kordula Schulz-Asche, Maria Klein-Schmeink, Dr. Kirsten Kappert-Gonther, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 19/18957 - Pflegende Angehörige unterstützen - Nicht nur in der Corona-Krise f) zu dem Antrag der Abgeordneten Kordula Schulz-Asche, Beate Müller-Gemmeke, Maria Klein-Schmeink, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 19/19136 - Professionelle Pflegekräfte wertschätzen und entlasten - Nicht nur in der Corona-Krise g) zu dem Antrag der Abgeordneten Maria Klein-Schmeink, Dr. Janosch Dahmen, Dr. Kirsten Kappert-Gonther, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 19/26889 - Mehr Transparenz und mehr Anreize für eine bessere Versorgung im Wettbewerb der gesetzlichen Krankenversicherungen h) zu dem Antrag der Abgeordneten Maria Klein-Schmeink, Kai Gehring, Dr. Janosch Dahmen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 19/27829 - Perspektive für Therapieberufe schaffen - Verbindlichen Fahrplan für die reguläre akademische Ausbildung aufstellen i) zu dem Antrag der Abgeordneten Maria Klein-Schmeink, Corinna Rüffer, Kordula Schulz-Asche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 19/27874 - Die gesundheitliche Versorgung von Menschen mit Behinderungen unverzüglich menschenrechtskonform gestalten
von: Ausschuss für Gesundheit

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7526776
Wahlperiode 19
Sitzung 234
Tagesordnungspunkt Gesundheitsversorgung
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