11.06.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 234 / Tagesordnungspunkt 45

Kordula Schulz-AscheDIE GRÜNEN - Gesundheitsversorgung

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Pflege ist gesellschaftsrelevant, und das nicht erst seit der Coronapandemie. Aber jetzt wissen viele Menschen, wo überall professionelle Pflege stattfindet, und zwar an vielen Stellen in unserer Gesellschaft: in Krankenhäusern, in der Rehabilitation, in teilstationären oder stationären Einrichtungen, natürlich auch zu Hause in den Familien und mancherorts auch schon in Schulen und am Arbeitsplatz. Pflege ist an vielen Stellen für immer mehr Menschen ein zentrales Thema ihres Lebens.

Der demografische Wandel in den nächsten Jahrzehnten erfordert heute eine Reform der Pflegeversicherung: eine Pflegereform, die die Bedürfnisse und Bedarfe der auf Pflege angewiesenen Menschen in den Mittelpunkt stellt, eine Pflegereform, die die Qualifikation und Arbeit professioneller Pflege endlich aufwertet, eine Pflegereform, die Strukturen für Pflege schafft, die im Stadtteil oder im Dorf eine gute Versorgung der pflegebedürftigen Menschen und die Unterstützung ihrer Familien erleichtert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was hier heute entschieden wird, ist keine Pflegereform, sondern aufgrund einiger Maßnahmen bestenfalls ein Pflegereförmchen. Ich möchte das anhand von zwei zentralen Punkten darstellen.

Erstens. Natürlich ist es höchste Zeit für bessere Bezahlung von Pflegekräften. Es ist auch zu begrüßen, dass die Tarifbezahlung Standard werden soll. Aber dort, wo heute unter Tarif bezahlt wird, wird das durch Schlupflöcher im Gesetz über Haustarife weiter der Fall sein. Meine Damen und Herren, notwendig als Voraussetzung für einen Versorgungsvertrag wäre das Niveau eines repräsentativen Flächentarifvertrags. Das, Herr Minister Heil, wäre das richtige Mittel. Das hätten Sie als Sozialdemokrat hier heute vorstellen müssen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens. Die veraltete Logik der Pflegeversicherung bedeutet, dass mit jeder Verbesserung – dazu gehören natürlich auch die Gehälter des Personals – die finanzielle Belastung der Pflegebedürftigen durch den Eigenanteil an der Pflege steigt und dass dadurch immer mehr Menschen Sozialhilfe in Anspruch nehmen müssen. Das Problem hat diese Regierung erkannt – wenn auch spät. Aber Ihr Vorschlag ist nicht geeignet, die Verarmungsproblematik tatsächlich zu lösen. Was Sie vorschlagen, ist eine Entlastung durch einen 5-prozentigen Zuschlag im ersten Jahr. Aber dieser wird verpuffen; denn gleichzeitig verzichtet diese Regierung auf die Dynamisierung der Leistungen. Deswegen wird es im ersten Jahr überhaupt keinen Effekt geben. Damit haben wir erst im zweiten Jahr eine nennenswerte Entlastung, obwohl auch diese zu niedrig ist. Die volle Entlastung erfolgt erst ab dem vierten Jahr, und das wird mehr als die Hälfte der Pflegebedürftigen gar nicht mehr erleben.

Meine Damen und Herren, das ist keine Pflegereform. Nein, Sie hinterlassen der nächsten Bundesregierung ein wirklich explosives Erbe. Wir brauchen eine demografiefeste Lösung

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

mit der doppelten Pflegegarantie, wie wir es vorschlagen, und mit einer Bürgerversicherung; denn gute Pflege ist eine Frage von Qualität, von Menschlichkeit und von Solidarität.

Ich danke Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Das Wort geht an die CDU/CSU-Fraktion mit Karin Maag.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Personen

Dokumente
Beschlussempfehlung
Drucksache 19/30550
a) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksachen 19/26822, 19/27214, 19/28005 Nr. 1 - Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz - GVWG) b) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Axel Gehrke, Detlev Spangenberg, Dr. Robby Schlund, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD - Drucksache 19/27202 - Herdenimmunität durch flächendeckenden Antikörpertests ermitteln - Unnötige Impfrisiken vermeiden c) zu dem Antrag der Abgeordneten Pia Zimmermann, Susanne Ferschl, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 19/24448 - Solidarische Pflegevollversicherung umsetzen d) zu dem Antrag der Abgeordneten Pia Zimmermann, Matthias W. Birkwald, Susanne Ferschl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 19/25349 - Rentenplus für pflegende Angehörige e) zu dem Antrag der Abgeordneten Kordula Schulz-Asche, Maria Klein-Schmeink, Dr. Kirsten Kappert-Gonther, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 19/18957 - Pflegende Angehörige unterstützen - Nicht nur in der Corona-Krise f) zu dem Antrag der Abgeordneten Kordula Schulz-Asche, Beate Müller-Gemmeke, Maria Klein-Schmeink, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 19/19136 - Professionelle Pflegekräfte wertschätzen und entlasten - Nicht nur in der Corona-Krise g) zu dem Antrag der Abgeordneten Maria Klein-Schmeink, Dr. Janosch Dahmen, Dr. Kirsten Kappert-Gonther, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 19/26889 - Mehr Transparenz und mehr Anreize für eine bessere Versorgung im Wettbewerb der gesetzlichen Krankenversicherungen h) zu dem Antrag der Abgeordneten Maria Klein-Schmeink, Kai Gehring, Dr. Janosch Dahmen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 19/27829 - Perspektive für Therapieberufe schaffen - Verbindlichen Fahrplan für die reguläre akademische Ausbildung aufstellen i) zu dem Antrag der Abgeordneten Maria Klein-Schmeink, Corinna Rüffer, Kordula Schulz-Asche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 19/27874 - Die gesundheitliche Versorgung von Menschen mit Behinderungen unverzüglich menschenrechtskonform gestalten
von: Ausschuss für Gesundheit

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7526780
Wahlperiode 19
Sitzung 234
Tagesordnungspunkt Gesundheitsversorgung
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