23.06.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 235 / Tagesordnungspunkt 4

Sybille BenningCDU/CSU - Bericht Enquete-Kommission Berufliche Bildung

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach vielen Anregungen aus dieser Enquete-Kommission, die die Kollegen schon vorgetragen haben, frage ich: Warum entscheiden sich zu wenig junge Menschen für eine Ausbildung in Deutschland? Warum bleibt der Fachkräftebedarf ungedeckt? Ich meine, wir müssen die Attraktivität der Ausbildung deutlich steigern. Und wie? Zum Beispiel durch internationalen Austausch mittels eines Deutschen Beruflichen Austauschdienstes, des DBAD.

Schon vor 800 Jahren wanderten die Steinmetze, quasi Begründer des Handwerks, durch ganz Europa und bauten die Kathedralen überall auf dem Kontinent. Sie verbreiteten dadurch neue Fähigkeiten, Wissen und Perspektiven. Und heute? Heute fordern wir 20 Prozent in 2030. 20 Prozent: Das ist die neue, von der Enquete-Kommission beschlossene Zielmarke für Auszubildende, die während ihrer Ausbildung Auslandserfahrung gesammelt haben sollen. Das ist ambitioniert; denn heute haben wir nur einen Anteil von 7 Prozent Azubis mit Praxiserfahrung im Ausland. Im akademischen Bereich liegt dieser Wert um ein Vielfaches höher. Da müssen wir nachlegen. Als Konditor nach Paris, als Schreiner nach Italien oder als Kommunikationskauffrau nach London: Internationale Mobilität steigert die Attraktivität der Ausbildung. Dabei profitieren die Azubis selber, die Betriebe und die Gesellschaft vom interkulturellen und fachlichen Austausch.

Einerseits haben wir einen Mangel an Auszubildenden und andererseits einen hohen Bedarf auch an internationaler Erfahrung in der deutschen Wirtschaft. Aber gerade kleine und mittlere Unternehmen, die einen Großteil der Ausbildung leisten, brauchen Beratung für Auslandsaufenthalte; denn Azubis, Schulen und Ausbilder müssen wissen, was eigentlich möglich ist. Auch die finanziellen Mittel für das EU-Programm „Erasmus+“ müssen erhöht werden. Es reicht alles noch nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Es reicht immer noch nicht; denn es fehlt an regionaler und digitaler Beratung, an bundesweiter Öffentlichkeitsarbeit und an Nutzerfreundlichkeit der existierenden Portale. Bei den großen öffentlichen Programmen, der Vielzahl kleiner privater Träger von Austauschstipendien, den länderspezifischen Programmen und auch individuellen Mobilitätsprojekten unterschiedlicher Dauer für verschiedenste Branchen fehlt Klarheit.

Wie soll denn zudem eine ausländische Stelle im Wirrwarr von Kammern, Schulen, Betrieben, Bund und Ländern den richtigen Ansprechpartner für ihr internationales Mobilitätsprojekt finden? In der Enquete-Kommission habe ich mich besonders dafür eingesetzt, die internationale Mobilität auch institutionell zu stärken. Ein Deutscher Beruflicher Austauschdienst nach einer Skizze des DIHK kann von Grund auf dazu beitragen, die Quote der Auslandsaufenthalte zu steigern. Ein runder Tisch aus Bund, Ländern, Sozialpartnern und Wirtschaftsverbänden soll beraten, in welcher Form eine bundesweite Koordinierung und Stärkung der internationalen Mobilität in der beruflichen Bildung am besten gelingen kann, ohne dass Doppelstrukturen entstehen. Dafür müssen die bestehenden Programme und Strukturen verzahnt, aber auch erweitert werden. So eine Institution hätte Strahlkraft und soll als DBAD auch in der Begrifflichkeit klar an einen DAAD angelehnt sein; denn nicht nur der akademische Bereich hat in der internationalen Mobilität eine klare Institutionalisierung und Stärkung verdient.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Mir ist besonders wichtig, dass ein DBAD auch die gute regionale Arbeit der kammernahen Mobilitätsberatung wie „Berufsbildung ohne Grenzen“ integriert und forciert; denn es gibt viel zu viele weiße Flecken auf der Karte, wo Betriebe vor Ort keine Beratung zu Auslandsaufenthalten haben.

Für die Attraktivität der Ausbildung braucht es auch an anderen Stellen verbesserte Rahmenbedingungen. Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum für junge Menschen in Ausbildung, nicht nur studentisches Wohnen. Hier erwarte ich Angebote für junge Menschen. Das Azubi-Ticket ist besonders wichtig, und auch Ermäßigungen, die Studierenden zugutekommen, sollen in angemessener Weise ebenfalls für Azubis gelten, besonders was Kultur und Freizeit angeht.

Nur wenn Ausbildung für junge Menschen attraktiv ist und das auch bei ihnen ankommt, werden wir den Fachkräftebedarf decken können. Es gibt also in der nächsten Wahlperiode noch genug zu tun, und ich beobachte das auch.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Der nächste Redner macht sich bereit, der Kollege Axel Knoerig, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7530542
Wahlperiode 19
Sitzung 235
Tagesordnungspunkt Bericht Enquete-Kommission Berufliche Bildung
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