23.06.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 235 / Tagesordnungspunkt 6

Michael FrieserCDU/CSU - Bericht 2. Untersuchungsausschuss – Maut

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Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Alle gespielte Entrüstung hilft nichts. Wer geglaubt hatte, dass man sich, was den Tonfall angeht, vielleicht ein bisschen mehr der Sache zuwenden würde, der fühlt sich auch heute wieder getäuscht. Was wir hier hören – tut mir leid –, ist vielleicht ganz nett, steht aber nicht in diesen 800 Seiten, und es wird durch wiederholte Behauptung einfach nicht wahrer, es wird auch nicht besser.

Wir haben festgestellt: Es gab keine Manipulation.

(Oliver Luksic [FDP]: Sie haben das festgestellt!)

Wir haben festgestellt: Es gab keine Lüge.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Es gab keine Lüge“?)

Am Ende des Tages gibt es natürlich unterschiedliche Auffassungen. Das gilt selbst für Rechtsauffassungen. Aber Auffassungen sind noch keine Fakten. Und wenn tatsächlich unterschiedliche Auffassungen bestehen, ist und bleibt das eben noch kein Beweis. Da können Sie es tausendfach behaupten.

(Stefan Gelbhaar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt mal zum Thema!)

Es ist schon interessant, dass das Ergebnis dieses Ausschusses vorher feststand und sich übrigens überhaupt nicht verändert hat,

(Oliver Luksic [FDP]: Das stimmt ja gar nicht! Das sind Fake News! Das können Sie im ungarischen Parlament versuchen!)

als ob es die gesamten Zeugenaussagen, als ob es die gesamten Dokumente nicht gegeben hätte.

Deshalb muss man am Ende sagen: Gerade das Vergaberecht ist nun einmal keine ganz leichte Materie –

(Niema Movassat [DIE LINKE]: Aber ein Ministerium sollte sich doch Experten dafür holen können!)

dort, wo deutsches auf europäisches Vergaberecht trifft.

(Niema Movassat [DIE LINKE]: Das ist doch nicht so kompliziert! Dafür gibt es doch Experten! Was ist denn das für ein Argument?)

Aber klar ist auch, dass es auf das Vergaberecht durch die Leitungsebene des Ministeriums keinen Einfluss gab. Nicht ein Zeuge hat das in irgendeiner Art und Weise ausgesagt. Selbst das Verhandeln mit dem letztverbliebenen Bieter: nach Vergaberecht zulässig, möglich und im Falle der Wirtschaftlichkeit sogar angezeigt. Selbst das in Aufklärungsgesprächen hergestellte Preisreduzieren: möglich, wirtschaftlich geboten. Hier – darauf hätten Sie hinweisen sollen ‑musste sich der Bundesrechnungshof bei seiner ursprünglichen Behauptung sogar berichtigen. Was kam am Ende noch dabei heraus? Die Servicestelle Vergabe des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur wurde wegen seiner Unabhängigkeit und Professionalität gelobt

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, super!)

und nicht beschimpft, meine sehr verehrten Damen und Herren. Was sollen wir denn noch machen?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Aber ganz ehrlich: Da es ohnehin nie um die Sache geht, will ich schon ein persönliches Wort sagen. Was mich zutiefst auch menschlich enttäuscht hat, war zum Teil der Umgangston:

(Lachen des Abg. Konstantin Kuhle [FDP])

der Umgang mit Zeugen, mit Vorhaltungen, mit Argumenten, die

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reden Sie über sich?)

verdreht wurden, um die eigenen Klischees zu bestätigen, um am Ende der Befragungen trotzdem das Gegenteil von dem zu behaupten, was der Zeuge gesagt hat. – Herr Cezanne, ich nehme Sie von dieser Kritik ausdrücklich aus, weil ich nie den Eindruck hatte, Sie sind an dieser, sagen wir einmal, Hexenverbrennungsattitüde persönlich interessiert.

Das war der Stil; tut mir leid. Wie dort mit Zeugen umgegangen wurde, das hat weder etwas mit Wertschätzung noch etwas mit Respekt zu tun und schon gar nicht mit der Sache. Es gipfelte in der sehr demokratietheoretisch verdrehten Attitüde von Herrn Jung von der FDP als Mitglied in diesem Ausschuss, der tatsächlich sagte: Herr Minister, Sie konnten nicht beweisen, dass Sie nicht gelogen haben. – Also, verbogene Rechtsauffassung ist das eine, verbogene Auffassung von Demokratie ist das andere. Man müsste logischerweise Antworten: Herr Jung konnte auch nie beweisen, dass er in dieses Parlament gehört; aber das hat sich ja nun endlich erledigt.

(Zurufe von der FDP: Oh! – Konstantin Kuhle [FDP]: Keiner klatscht!)

Am Ende des Tages bleiben auch die Krokodilstränen, zu sagen, man müsse den Steuerzahler vor Schadensersatzzahlungen bewahren. Aber in einem Schiedsgerichtsverfahren das Geschäft der Anspruchsteller in einer Art und Weise zu betreiben, bei der die sich nur bedanken können, das wird der deutsche Steuerzahler vielleicht noch ganz übel bereuen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Da es nie um die Sache ging, ging es am Ende bei der Frage der Kommunikation um Post-its und um Logfiles. Da hat selbst der BGH gesagt: Herrschaften, das hat nun wirklich gar nichts mehr mit der Sache zu tun. – Sie sind mit einem erneuten Versuch krachend gescheitert, von der eigentlichen Sache, vom Zentrum der Bemühungen des Untersuchungsausschusses abzulenken.

Glauben Sie mir, seit der Römerzeit wissen wir, dass Infrastruktur gegen Gebühr benutzt wird. Glauben Sie allen Ernstes, dass dieses Thema von der europäischen Tagesordnung wegzudenken ist? Selbstverständlich werden wir auch zukünftig darüber reden; wie wir übrigens auch vorher darüber geredet haben, als der Minister Scheuer ein Gesetz auf den Weg bringen sollte, bei dem im Bundesrat auch die Grünen zugestimmt haben, nachdem die Europäische Kommission ihr grünes Licht gegeben hat. Ja, wie groß wäre das Geschrei gewesen, wenn er das nicht getan hätte? Dann wäre der Vorwurf tatsächlich massiv gewesen.

Alles, was dieser Untersuchungsausschuss an dieser Stelle hervorbrachte, hat am Ende des Tages leider Gottes das Klischee der Opposition nicht bedient. Welche Gründe es auch immer waren, die den EuGH die Maut haben ablehnen lassen: Es hat nichts mit einem Fehlverhalten des Ministers oder des BMVI zu tun.

(Lachen des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Oliver Luksic [FDP]: Nein! War alles super!)

Sie wollten ein Tribunal, und Sie haben es nicht bekommen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Stefan Gelbhaar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war eine Pippi-Langstrumpf-Rede!)

Vielen Dank. – Das Wort geht an die SPD-Fraktion mit Kirsten Lühmann.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7530565
Wahlperiode 19
Sitzung 235
Tagesordnungspunkt Bericht 2. Untersuchungsausschuss – Maut
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