Ulrich LangeCDU/CSU - Bericht 2. Untersuchungsausschuss – Maut
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss bietet die Chance zur parlamentarischen Kontrolle. Es gehört sich, dass das Ganze nüchtern, unaufgeregt, sachlich, differenziert vonstattengeht. Manchmal wäre auch juristische Kompetenz sinnvoll gewesen, insbesondere bei Themen wie Vergaberecht oder Europarecht.
(Zuruf des Abg. Oliver Luksic [FDP])
– Ja, gerade für die FDP als Rechtstaatspartei wäre es manchmal sinnvoll gewesen, sich an Recht und Gesetz zu orientieren; aber Sie haben ja noch Zeit zum Üben.
(Lachen bei der FDP – Oliver Luksic [FDP]: Sie haben ja ein Jahr lang gar keine Fragen gestellt!)
Es war von vornherein klar, was Sie wollten: Sie wollten einen Kopf. – Das war ja auch jetzt wieder gut sichtbar. Aber der Kopf sitzt noch da, und zwar, wie die Kollegin Lühmann gerade ganz richtig festgehalten hat, weil es unterschiedliche juristische Bewertungen gab, weil es unterschiedliche Bewertungen von Zeugenaussagen gab und weil am Ende weder dem Minister noch dem BMVI noch der Bundesregierung als Ganzes ein Fehlverhalten vorgeworfen werden kann. Und nur dann muss man Verantwortung übernehmen.
Liebe Kollegin Lühmann, nach Ihrer Schlussbemerkung erlauben Sie mir einfach den Verweis auf Freitag. Dann werden wir ja erfahren, ob der Bundesfinanzminister für sein Verhalten die Verantwortung übernimmt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich bin mal sehr gespannt, ob dann Töne in die gleiche Richtung kommen werden.
(Marianne Schieder [SPD]: Das ist ja wohl gar kein Vergleich!)
Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir halten einfach mal an dieser Stelle fest: saubere Bewertung juristischer Ergebnisse.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich selber twittere ja nicht, aber man bekommt ja trotzdem immer mal wieder Twittermeldungen mit. Daher sage ich: Twitter aus den Ausschusssitzungen
(Konstantin Kuhle [FDP]: Ist noch schlimmer als Twitter aus Fraktionssitzungen!)
ersetzt weder Sachverhaltsaufklärung noch juristische Kenntnis, liebe Kolleginnen und Kollegen. Und was manchmal kam, war menschlich schäbig; auch diese Bemerkung erlaube ich mir an dieser Stelle.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Kommen wir noch mal zur Genese der Maut; das will ja heute keiner mehr hören und keiner mehr wahrhaben. Es geht um das Europarecht und um das Gesetzgebungsverfahren hier. Liebe Kolleginnen und Kollegen, außer denen, mit denen wir an dieser Stelle nicht sprechen wollen, tragen für diese Maut alle Parteien die Verantwortung; denn ohne die Stimmen der Grünen und der Linken in Thüringen im Bundesrat hätte es diese Maut nicht gegeben. Also bitte nicht immer sich aus der Verantwortung stehlen! Wer Verantwortung übernehmen will und große Töne spuckt, der muss, lieber Kollege Krischer, auch zu der Verantwortung stehen, die er über den Bundesrat mit übernommen hat.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Erlauben Sie mir noch eine Bemerkung zum Europarecht. Wir haben in der letzten Periode lang und breit über das Europarecht diskutiert, und das haben wir auch in dieser Periode wieder getan. Wir mussten diese europarechtliche Abwägung vornehmen, und wir haben sie vorgenommen. Lieber Kollege Krischer, es ist unseriös, Professor Hillgruber als Kirchenrechtler zu bezeichnen. Was Sie hier tun wollen, ist, einen Juraprofessor lächerlich machen. Ich finde, das steht Ihnen persönlich nicht zu.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Mir wäre neu, dass der Generalanwalt, der für die EU-Kommission im Verfahren vor dem EuGH tätig war, Kirchenrechtler oder gar Angehöriger der Kurie gewesen wäre. Genau dieser hat aber das Modell der Infrastrukturabgabe vor dem EuGH als europarechtskonform vertreten.
(Oliver Luksic [FDP]: Was hat der Juristische Dienst der Kommission dazu gesagt?)
Noch eines gehört zur Wahrheit: Das Kanzleramt hat durch den Zeugen Pung-Jakobsen der These, dass die Bundesrepublik Vereinbarungen gegenüber der Kommission nicht eingehalten habe, deutlich widersprochen. Also bleibt festzuhalten: Die Einführung der Infrastrukturabgabe wurde zu dem Zeitpunkt sowohl vom Gesetzgeber des Bundes – Bundestag und Bundesrat – als auch später von der Kommission mitgetragen.
Dann kommen wir zu den angeblich widersprüchlichen Aussagen und der Gegenüberstellung, lieber Kollege Krischer. Auch da mal ganz einfach: Ich erinnere Sie an Ihre Parteifreunde in Bayern, die in einer Kleinen Anfrage zu Zusammenhängen zwischen Herrn Schulenberg und WM-Tickets nachgefragt haben, wie seriös das Geschäftsgebaren ist. Wenn Sie genau den jetzt zum Kronzeugen machen, dann habe ich damit schon ein Problem. Sie müssen sich schon überlegen und entscheiden, ob sich eine Person als Kronzeuge eignet oder nicht.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war Ihr Auftragnehmer!)
Es ist definitiv nicht dienlich, etwas als Protokoll zu bezeichnen, was Jahre später aus handschriftlichen Notizen gefertigt wurde.
Diejenigen Teile der Presse, die dann – wie einst die Veröffentlichung berühmter Tagebücher – die Veröffentlichung von Protokollen feierte, sollten sich an dieser Stelle über die Seriosität selber Gedanken machen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir wollen nicht über Post-its reden. Wir wollen nicht über völkerrechtliche Bewertungen reden; das tun ja angeblich maßgebliche Völkerrechtlerinnen immer wieder.
Ich möchte noch über einen Punkt reden, der für uns als Parlament wichtig ist. Der Sieger dieses Untersuchungsausschusses waren wir, wir Abgeordnete, mit unserem freien Mandat. Auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen und die Presse darüber auch nicht so in diesem Umfang berichtet hat – das bringt ja nichts, weil die falsche Seite gewonnen hat –: Aber wir haben zwei Verfahren vor dem BGH gewonnen.
Nur Sie selber waren schuld, dass der geschätzte Kollege Jerzy Montag seine Ermittlungstätigkeit nicht hat aufnehmen können, obwohl der Verkehrsminister seine Kooperation angeboten hat.
(Zuruf des Abg. Oliver Luksic [FDP])
Sie sind vor den BGH gegangen, Sie haben verloren, und damit war das Thema Sonderermittler, das Sie effekthascherisch eingesetzt haben, von Ihnen selber juristisch begraben worden. Sie haben damit der Aufklärung einen Bärendienst erwiesen. Aber Sie haben uns als Parlament zu einem echten Sieg verholfen. Danke schön für die Entscheidungen, die wir hier bekommen haben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
So viel zu dem Aspekt: Der Untersuchungsausschuss war nicht sinnlos, aber er hat nicht allzu viel Neues gebracht. – Die Frage des Schadensersatzes ist keine Frage des Untersuchungsausschusses.
Auch an dieser Stelle ganz interessant: Im „Handelsblatt“ spricht Herr Schulenberg jetzt plötzlich nur noch von 80 Millionen Euro Direktschaden. Da ist bei Herrn Schulenberg schon nichts mehr von einer halben Milliarde Euro zu lesen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP und den Grünen, lesen Sie mal selber das „Handelsblatt“, das Sie ja immer wieder mit Informationen bedienen.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, Ihnen, liebe Frau Kollegin Lühmann, Danke zu sagen. Ich sage dafür Danke, dass wir beide als Sprecher insbesondere in den letzten zwei Perioden, also in der letzten Periode und auch in dieser Periode, sehr eng zusammengearbeitet haben. Es war so das Team der Polizistin und des Rechtsanwalts sowohl in den beiden Untersuchungsausschüssen wie auch in der Verkehrspolitik. Das war bei der einen oder anderen Frage, ob Section Control oder Alcolocks, manchmal auch ein bisschen von juristischen Debatten geprägt.
Aber ich habe eines an Ihnen schätzen gelernt: die Zuverlässigkeit, die Offenheit. Wenn wir gesagt haben: „Wir machen es“, dann haben wir es gemacht, und wenn wir gesagt haben: „Wir machen es nicht“, dann haben wir es nicht gemacht.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Auch das gehört dazu, wenn man zusammen regiert: zuverlässig, ehrlich, authentisch und ein bisschen protestantisch. Ich denke an unser letztes Telefonat zum Untersuchungsausschuss, als Sie noch die Gebetsvorbereitung machen mussten und wir über eine Bibelstelle gesprochen haben. Die radfahrende Polizistin mit der selber eingekochten Marmelade zum Frühstück: Dafür mein persönlicher Dank und mein Dankeschön!
(Beifall der Abg. Marianne Schieder [SPD])
– Ja, das ist den Applaus wert, nicht nur den der SPD.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Ich glaube, das gehört sich hier unter uns Kolleginnen und Kollegen so.
Ein Dankeschön auch Udo Schiefner, Nina Warken und allen, die hier mitgearbeitet haben. Frau Präsidentin, Entschuldigung für die Überziehung. Aber ich glaube, das durfte man sich am Schluss so herausnehmen.
Danke schön. Alles Gute!
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 235 |
Tagesordnungspunkt | Bericht 2. Untersuchungsausschuss – Maut |