23.06.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 235 / Tagesordnungspunkt 7

Eckhard GnodtkeCDU/CSU - Aufnahme afghanischer Ortskräfte

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Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Nicht nur in den Redebeiträgen der Kollegen Thorsten Frei und Josef Oster ist bereits dargelegt worden, dass die Bundesrepublik Deutschland ihre Verantwortung für die Aufnahme afghanischer Ortskräfte in vollem Umfang wahrnimmt.

Aufnahmen aus dem Ausland zur Gewährung humanitären Schutzes sind – das ist die Grundlage – nach § 22 des Aufenthaltsgesetzes möglich. Das BMI kann die Aufnahme „zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland“ zusagen oder aus humanitären Gründen bzw. völkerrechtlichen Gründen. Das geschieht. Zur Durchführung des Aufnahmeverfahrens wurden Anlaufbüros eröffnet. Der Kollege Frei hat bereits das IOM-Büro in Kabul erwähnt.

Frau Kollegin Amtsberg, ich weiß nicht, woher Sie Ihre Informationen haben, wenn Sie sagen, es sei noch nicht geschehen. Ich habe heute – ich weiß nicht, ob Sie es auch bekommen haben – um 15.55 Uhr vom Auswärtigen Amt ein Schreiben bekommen. Da heißt es – ich zitiere –: Das Auswärtige Amt (AA) schuf in kürzester Zeit eine Visainfrastruktur mit Bundeswehrsoldaten in Masar-i-Scharif und eine Inlandsvisastelle AA für die Ostkräfte der Bundeswehr, um eine große Anzahl an Visaverfahren in kurzer Zeit sicherzustellen.

(Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gibt es aber halt noch nicht!)

Zu den Zahlen komme ich gleich noch.

Ich möchte darauf verweisen, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht erst jetzt – nach Verkündung der Entscheidung zum Abzug aus Afghanistan – damit begonnen hat, gefährdeten afghanischen Ortskräften und ihren Familien die Einreise nach Deutschland zu ermöglichen. So wurden bis April 2021 bereits 781 Ortskräfte in Deutschland aufgenommen.

Seit Verkündung der Abzugsentscheidung und der im April 2021 getätigten Zusage der Bundesministerin der Verteidigung, gefährdete afghanische Ortskräfte aufnehmen zu wollen, gibt es aus allen Ressorts betroffener Ministerien insgesamt 520 Gefährdungsanzeigen afghanischer Ortskräfte.

Das Auswärtige Amt wiederum teilte in diesem Schreiben mit, dass es sich dann bei insgesamt 520 gefährdeten afghanischen Ortskräften und unter Berücksichtigung der Familien um bis zu 2 500 Personen handeln könne, denen parallel zum Abzug der Bundeswehr Visa erteilt werden. Laut Auswärtigem Amt wurden bisher circa 2 400 Anträge – inklusive Familien – bearbeitet, dabei circa 2 000 Visa erteilt.

Was ganz neu ist – wie gesagt, das habe ich auch erst um 15.55 Uhr erfahren –: Das Ortskräfte-Aufnahmeverfahren ist im Juni 2021 auf 350 ehemalige Ortskräfte – mit Familien, also noch einmal 1 500 bis 2 000 Personen – ausgeweitet worden, welche nach dem 1. Januar 2013 ihre Gefährdung angezeigt haben, deren Beschäftigung aber jeweils mehr als zwei Jahre zurücklag.

Gruppenverfahren oder Einzelverfahren – Sie merken schon, dass innerhalb kürzester Zeit, nämlich von April bis Mitte Juni 2021, von 2 400 möglichen Visazusagen 2 000 erteilt wurden. Und die übrigen sind bereits in Bearbeitung, sodass weiterhin kein Grund besteht, von einer, wenn auch zügigen, Einzelfallprüfung abzusehen.

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages – ich nehme an, das kennen Sie – hat sich zu dieser Frage bereits am 23. Juni 2016 in einem Gutachten geäußert, direkt zum Schutz afghanischer Ortskräfte im Übrigen. Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin:

Kurz!

Die Bundesregierung ist der Auffassung, mit diesem individualisierten Verfahren den Interessen aller beteiligten Akteure … am besten entsprechen zu können. Die Bundesregierung berücksichtigt dabei insbesondere das Interesse der afghanischen Regierung, des afghanischen Parlaments und der afghanischen Zivilgesellschaft, die sich mit dem Hinweis auf die Gefahr der Abwanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte (Brain Drain) gegen pauschale Aufnahmezusagen ausgesprochen haben.

Lieber Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

– Gut. – Fazit: Es besteht kein Grund, ein Gruppenverfahren durchzuführen. Auch eine Beweislastumkehr ist nicht nötig. Ich bitte um Ablehnung des Antrags bzw. um Annahme der Beschlussempfehlung des Ausschusses.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7530580
Wahlperiode 19
Sitzung 235
Tagesordnungspunkt Aufnahme afghanischer Ortskräfte
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