24.06.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 236 / Tagesordnungspunkt 9

Michael GerdesSPD - Förderung und Unterstützung des Handwerks

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Handwerkerinnen und Handwerker! Gestatten Sie mir zunächst auch von dieser Stelle, Herr Dr. Solms, Ihnen alles Gute für Ihren weiteren Lebensweg auf den Weg zu geben. Ich wünsche Ihnen viel Gesundheit und noch viele gute Jahre. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass Sie sich komplett aus der Politik heraushalten können.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Meine Damen und Herren, jetzt wieder zur Tagesordnung. Gerade Sie von der rechten Seite haben in den letzten Wochen ganz offenbar keine Probleme zum Beispiel mit Ihrem Auto gehabt; denn dann wüssten Sie, dass sich das Kraftfahrzeuggewerbe momentan vor Aufträgen gar nicht retten kann und die Wartezeiten in den Werkstätten lang sind. Für betroffene Autofahrer und Autofahrerinnen ist das kein Spaß. Aber dass die Werkstätten und die Baustellen jetzt brummen, das ist gut, und das sei ihnen auch gegönnt.

Es ist klar, dass es in Coronazeiten mit hohen Coronainzidenzen und harten Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen für viele Branchen erhebliche Einbrüche gab. Das gilt natürlich und vielleicht insbesondere für das Handwerk. Aber ebenso klar ist, dass wir noch eine Zeit brauchen werden, bis sich die Märkte von den Folgen der Pandemie erholen. Dafür unterstützen wir die Unternehmen und vor allen Dingen das Handwerk. Ich erinnere an Überbrückungshilfen, Steuerstundungen, Kurzarbeitergeld, Härtefallregelungen, Neustarthilfen und noch vieles mehr. Wir haben diese Hilfen immer wieder verbessert, verlängert und den aktuellen Gegebenheiten entsprechend angepasst.

Ich möchte nun auf einige Ihrer 26 Forderungen eingehen, die Sie, liebe FDP, in Ihrem Antrag stellen. Sie wünschen sich zum Beispiel eine E-Government-Strategie. Genau dafür haben wir in dieser Woche die Weichen mit dem Zweiten Open-Data-Gesetz gestellt. Open Data wird in Zukunft einen hohen Stellenwert für alle gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereiche haben.

Sie wünschen sich ein Einwanderungsrecht nach Punkten für Gutqualifizierte wie in Kanada, die Aufwertung von Mini- und Midijobs und die Vereinfachung der Arbeitszeitdokumentation im Zusammenhang mit dem Mindestlohn. Meine Damen und Herren von der FDP, wir halten mehr davon, zum Beispiel Geflüchtete zu integrieren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Hier ist gerade das Handwerk vorbildlich. Kein Wirtschaftsbereich hat so viel für die Integration der Menschen getan wie das Handwerk. Wir sind froh über junge Leute, die sich so gut integrieren, und wir brauchen sie. Das klappt auch ohne Punktesystem.

Was nicht klappen wird, ist die Aufwertung von Mini- und Midijobs; denn sie zementieren den Niedriglohnsektor, garantieren Altersarmut und führen nicht zu mehr Weiterbildung und Qualifizierung. Sie sind nicht krisenfest, wie Corona gezeigt hat. Minijobber waren die ersten, die entlassen wurden; schauen Sie nur mal ins Gastgewerbe. Minijobs gehören mit Übergangsfristen umgewandelt in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, die Arbeitszeitdokumentation ist in vielen Bereichen längst digitalisiert, und es genügen formlose Nachweise. Natürlich muss man beim Mindestlohn und gerade bei den Minijobs nachweisen, wie viele Stunden wann und wo gearbeitet worden ist. Das ist doch selbstverständlich.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Selbstverständlich sollte es auch sein, sich bei einer so umfassenden Betrachtung des Handwerks den Ausbildungsmarkt anzuschauen. Merkwürdigerweise erwähnen Sie das Thema Ausbildung nur am Rande und gehen mehr auf Aufstieg, Exzellenzinitiativen und berufliche Bildung ein, was natürlich grundsätzlich richtig und wichtig ist. Aber aktuell ist eben die Ausbildungssituation das Problem; hier brennt es derzeit. Ohne Azubis keine zukünftigen Facharbeiter, ohne Azubis keine Zukunft im Handwerk – da müssen wir gegensteuern, und das tun wir auch.

(Beifall des Abg. Andreas Rimkus [SPD])

Es fehlt an Ausbildungsplätzen und an Bewerberinnen und Bewerbern. Das war übrigens auch vor der Pandemie schon ein Problem. Die Berufsberater konnten pandemiebedingt nicht in die Schulen, es konnten keine Ausbildungsmessen stattfinden, Schülerinnen und Schüler konnten keine Praktika absolvieren. Das alles hat gefehlt. Deshalb hat Hubertus Heil im Schulterschluss mit den Wirtschaftsverbänden, den Gewerkschaften und der Bundesagentur für Arbeit die Allianz für Aus- und Weiterbildung initiiert. Das ist ein Matching-Programm, mit dem Auszubildende und Unternehmen zusammengebracht werden. Es läuft unter dem Motto „Sommer der Ausbildung“. Außerdem haben wir das Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“ ausgebaut, unter anderem mit einer Verdoppelung der Ausbildungsprämien im kommenden Ausbildungsjahr von 2 000 auf 4 000 bzw. von 3 000 auf 6 000 Euro, wenn Betriebe ihre Ausbildungsplätze halten oder gar deren Zahl erhöhen.

(Beifall des Abg. Andreas Rimkus [SPD])

Meine Damen und Herren von der FDP, anstatt alle Forderungen, die Sie irgendwann einmal in dieser Legislatur erhoben haben, mit dem Besen zusammenzukehren und in einen Antrag zu schütten, hätten Sie doch einmal einen Antrag mit wirklich neuen Konzepten und Ideen für das Handwerk stellen können. Ich als gelernter Handwerker und Bergmann hätte mich darüber sehr gefreut. Herr Todtenhausen, ich weiß, wie Handwerker und deren Familien ticken; aber ich bin auch Gewerkschafter. Wir lehnen Ihren Antrag ab; denn da ist einfach zu wenig für Arbeitnehmer drin und zu viel für Arbeitgeber.

Ich will mich an dieser Stelle noch einmal herzlich nicht nur bei den Handwerkerinnen und Handwerkern bedanken, sondern bei all denjenigen, die in Deutschland den Laden am Laufen halten. Dazu zählen ganz viele. Ich nenne beispielsweise die Verkäuferin oder den Verkäufer an der Kasse. Ich rede aber auch von denen, die ganz hart an der Front kämpfen, nämlich von den Pflegekräften in der Alten- oder in der Krankenpflege.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Glück auf!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Klaus Ernst, Die Linke, ist der nächste Redner.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7530617
Wahlperiode 19
Sitzung 236
Tagesordnungspunkt Förderung und Unterstützung des Handwerks
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta