Johann SaathoffSPD - Ökologisch-soziale Transformation, Wohlstand

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Grünen legen mit dem Antrag heute ein kleines Wahlprogramm auf den Tisch. Zentral für den Wohlstand von morgen ist ganz sicher die Klima- und Energiepolitik, die untrennbar – so hat das unser Kanzlerkandidat Olaf Scholz auch gesagt – mit der Industriepolitik verbunden ist.

Aus meiner Sicht macht es Sinn, heute ein bisschen Bilanz zu ziehen. Die Union hat aus meiner Sicht in den vergangenen vier Jahren ihre Allergie gegen die Erneuerbaren ausreichend gepflegt. Immer wieder gab es neue Vorwände in der Großen Koalition gegen den verstärkten Ausbau von erneuerbaren Energien. Die fehlende Akzeptanz in der Bevölkerung wurde vorgeschoben. Es gab eine koalitionsinterne Arbeitsgruppe, die mehr als ein Jahr lang getagt hat. Die CDU wollte über Abstandsregeln den Windparkausbau zum Erliegen bringen; wir Sozialdemokraten konnten das vermeiden.

(Beifall bei der SPD)

Ein weiterer Vorwand waren die Redispatchkosten, also die Kosten, die entstehen, wenn Erneuerbare wegen Netzengpässen abgeschaltet werden müssen. Die Lösung liegt im Stromnetz. Es gibt gute Ansätze im Wirtschaftsministerium zur Digitalisierung von Stromnetzen, zur reaktiven Betriebsführung. All das ist leider im Sand verlaufen. Ob Mieterstrom, ob Sonderausschreibungen – wir mussten alles hart erkämpfen. Selbst jetzt, bei der Änderung des Klimaschutzgesetzes, weigert sich die Union, die Ausbaumengen der erneuerbaren Energien bis 2030 zu erhöhen; das steht auch im CDU-Wahlprogramm. Sie hätten in den nächsten Stunden noch Zeit, das zu ändern. Klar ist: Für eine Politik mit echtem Klimaschutz braucht es eine Regierung ohne CDU.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Und es braucht die SPD. Die Initiative zur Deckelung und mittelfristigen Abschaffung der EEG-Umlage kam von der SPD. Wir haben das Klimaschutzgesetz gemacht. Wir haben den Kohleausstieg beschlossen.

(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Alleine?)

Wir haben den Ausgleich zwischen Klimaschützern und Kohlekumpeln geschafft. Wir haben die nationale CO2-Bepreisung eingeführt und gleichzeitig auch die Carbon-Leakage-Verordnung für die Industrie. Wir scheuen uns nicht vor der Diskussion; wir fechten sie aus. Und wir treffen Entscheidungen, nicht wie Herr Altmaier, der bei dem zugegeben komplizierten, aber wichtigen Thema der Spitzenkappung seinen Entwurf einfach wieder in der Schublade verschwinden lässt, wenn die Automobilindustrie mal leicht hüstelt.

Wir wollen mehr staatlichen Einfluss bei den Stromnetzen. Die Entscheidung von Schwarz-Gelb zum Verkauf der Stromnetze war und ist ein schwerer Fehler, der uns heute immer noch anlastet,

(Beifall bei der SPD)

ebenso der Ausstieg aus dem Atomausstieg. Dank Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU und der FDP, zahlen wir den Konzernen 2,4 Milliarden Euro.

(Dr. Christoph Hoffmann [FDP]: Was ist mit dem Kohleausstieg?)

Und erst gestern wurde im Wirtschaftsausschuss wieder deutlich, dass in den Reihen der Union immer noch einige bedauern, dass wir uns von der Atomenergie verabschieden. Ich war vor zwei Wochen in Tschernobyl, liebe Kolleginnen und Kollegen, und finde, das müsste eigentlich zum Pflichtprogramm eines jeden Energiepolitikers dieser Erde werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Und nun zum Antrag der Grünen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sehe naturgemäß, auch über die letzten Jahre betrachtet, viele Schnittmengen; allerdings fehlt aus meiner Sicht die sozial gerechte Verteilung der Lasten.

(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Aha!)

Ein Energiegeld, sofern es sich überhaupt technisch irgendwie bewerkstelligen lässt, ist genauso sozial wie eine Kopfpauschale bei der Krankenversicherung.

(Beifall bei der SPD – Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben es nicht verstanden!)

Der Zahnarzt bekommt genauso viel wie die Kassiererin; gleich ist eben nicht automatisch auch gerecht. Außerdem ist es eine Umverteilung von den ländlichen Räumen in die Städte. Das wollen wir nicht!

(Beifall bei der SPD)

Starke Schultern müssen auch mehr Last tragen; deswegen braucht es die SPD.

Gleiches gilt für Ihre Vorstellung bei der CO2-Bepreisung. Mit 60 Euro treffen Sie einige Menschen sehr schnell sehr hart. Denken Sie mal an die Menschen im ländlichen Raum, die in alten Gebäuden leben und weite Wege zur Arbeit haben. Diese müssen wir mitnehmen;

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

wir brauchen ihre Akzeptanz der Energiepolitik. Den grünen Klimaschutz muss man sich leisten können, den sozialen Ausgleich gibt es nur mit der SPD.

(Beifall bei der SPD)

Sie müssen sich entscheiden zwischen Energiegeld und Abschaffung der EEG-Umlage, und Sie müssen auch eine Entscheidung treffen zwischen Klimaschutz und Artenschutz. Man kann, wie man in Ostfriesland sagt, neet twee Peer mit een Achtersteven rieden.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7530656
Wahlperiode 19
Sitzung 236
Tagesordnungspunkt Ökologisch-soziale Transformation, Wohlstand
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