Sybille BenningCDU/CSU - Aktuelle Stunde – Sichere Jobs statt Dauerbefristung in der Wissenschaft
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Zukunft des Wissenschaftsstandortes Deutschland ist in hohem Maße davon abhängig, dass es uns gelingt, die findigsten Talente zu holen und zu halten. Schon allein deshalb sind gute Arbeitsbedingungen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen ein Ziel unserer Politik.
Aber es gibt auch ein Leben außerhalb des Wissenschaftssystems. Hier bieten sich für hochqualifizierte promovierte Absolventen lukrative und interessante berufliche Perspektiven; denn sie verfügen über Kompetenzen, die auch für Wirtschaft und Verwaltung eine Bereicherung darstellen. Es können nicht alle in der Wissenschaft ihr Auskommen finden, und das ist auch nicht nötig. Aber es ist wichtig, dass die Entscheidung, ob man in der Wissenschaft bleibt oder wechselt, frühzeitig fällt – aus meiner Sicht so kurz wie möglich nach der Promotion. Dafür müssen die Forschungsinstitutionen ihren Mitarbeitern ehrlich ihre Möglichkeiten im Wissenschaftssystem aufzeigen. Heute hat die Rektorin der Uni Freiburg dies in einem Artikel in der „Zeit“ klar formuliert – Zitat –: „Das ist nicht nur eine Frage der Personalentwicklung, sondern des Respekts.“
Wir wollen, dass wissenschaftliche Karrieren planbarer und transparenter werden. Wir setzen uns für Chancengleichheit und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Wissenschaft ein. Und weil wir diese Ziele verfolgen, haben wir auch in diesem Sinn gehandelt.
Zur Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes haben die Ministerin und Kollege Schipanski schon ausführlich gesprochen.
Wir haben das Professorinnenprogramm in der dritten Auflage verlängert, um nach der Promotion mehr Frauen im Wissenschaftssystem zu halten; und wir sehen ja auch schon Erfolge.
Wir haben den Zukunftsvertrag „Studium und Lehre stärken“ als Nachfolger des Hochschulpaktes als dauerhafte Bundesförderung aufgestellt. Das gibt den Hochschulen die Planungssicherheit, dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse auszubauen.
Dafür gibt es riesige Summen. Der Bund hat hier mit erheblichen Mitteln den Anreiz an die Länder gesetzt, ihrer ureigenen Aufgabe, nämlich der Grundfinanzierung der Hochschulen, nachzukommen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielleicht könnten Sie das auf Oppositionsseite auch mal anerkennen. Ich kann mich jedenfalls gut daran erinnern, dass Sie alle in der letzten Legislaturperiode immer gefordert haben, der Bund solle den Hochschulpakt auf Dauer stellen. Voilà!
Noch mal: Wir haben von Bundesseite ganz klar die Erwartungshaltung formuliert, dass mit diesen Mitteln unbefristete Stellen für Hochschulpersonal in Studium und Lehre geschaffen werden. Das ist als Schwerpunkt der Mittelverwendung in der Bund-Länder-Vereinbarung verankert.
Dann möchte ich zum Tenure-Track-Programm kommen. Damit fördert der Bund bis 2032 mit 1 Milliarde Euro die Etablierung von 1 000 Tenure-Track-Professuren, also 1 000 neue planbare Karrieren. Zugleich haben wir damit eine große strukturelle Reform angeschoben, die Personalstrukturen nicht nur auf Ebene der Professur zu überdenken, sondern für das gesamte wissenschaftliche Personal. Denn Bedingung für die Förderung war, dass die Hochschulen ein Personalentwicklungskonzept für das gesamte wissenschaftliche Personal erstellen. Das ist ein echter zukunftsweisender Fortschritt für Transparenz und Planbarkeit wissenschaftlicher Karrieren.
Es ist also schlicht falsch, zu behaupten, wir würden uns als Bund nicht um bessere Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft scheren. Im Gegenteil! Aber die Länder müssen schon auch ihrer Verantwortung nachkommen.
Ich möchte jetzt mit einem erfreulichen Beispiel aus meiner Heimatstadt Münster schließen. Die WWU Münster hatte sich auf Mittel aus dem Bundes-Tenure-Track-Programm beworben, war aber leider dabei nicht erfolgreich. Und anstatt dann einfach alles beim Alten zu belassen, hat die WWU das Konzept, das sie für die Bundesförderung erarbeitet hatte, dann – zwar in kleinerem Umfang, aber trotzdem – mit Bordmitteln umgesetzt.
Es gibt an der WWU jetzt ein eigenes Programm für Juniorprofessuren mit Tenure Track, und das stellt nicht nur die Finanzierung dieser Stellen sicher, sondern macht über ein Begleitprogramm genau das, was zukunftsfähige Personalentwicklung ausmacht: Es hilft exzellenten jungen Wissenschaftlern durch Coachings und Mentoring dabei, auch die Kenntnisse zu erwerben, die neben der Forschungsleistung erwartet werden, für Lehre, Betreuung, Administration. Es fördert den Austausch und die Vernetzung dieser Young Professors untereinander. Und es begleitet sie und die Nachwuchsgruppenleiter/-innen auch fachbereichsspezifisch, damit sie sich schnell an der Hochschule integrieren.
Sie sehen also, dass die Bundesinitiative des Tenure-Track-Programms an einer Universität als Anreiz gewirkt hat, durch ein eigenes Modell Karrierewege planbar zu machen – ganz ohne Bundesgeld. Ich finde, solche Beispiele sollten noch viel mehr Schule machen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Eine weitere erfreuliche Wirkung hat das Tenure-Track-Modell in Münster übrigens auch noch: Es ist für Frauen besonders attraktiv. Weil hier ein strukturiertes, ganz transparentes Auswahlverfahren geführt wird, sind Frauen hier häufig erfolgreich. Und weil damit Verlässlichkeit entsteht, die besonders für Frauen in der Familienphase so wichtig ist, ist das eine ganz besonders attraktive Option. Das lässt sich übrigens auch für international rekrutierte Spitzennachwuchsforscher sagen. Das Tenure-Track-Modell hat also viele interessante Zielgruppen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dies ist jetzt definitiv meine letzte Rede im Plenum des Deutschen Bundestags. Es war mir eine Ehre und eine Freude, meinen Wahlkreis Münster in den letzten beiden Wahlperioden hier zu vertreten. Ich bedanke mich bei allen, mit denen ich in den letzten Jahren für gute Bedingungen für Wissenschaft, Forschung und Bildung konstruktiv zusammenarbeiten konnte.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der AfD und der FDP)
Ich wünsche Ihnen alles Gute für den vor Ihnen liegenden neuen Lebensabschnitt!
(Sybille Benning [CDU/CSU]: Herzlichen Dank! – Beifall)
Letzter Redner in dieser Aktuellen Stunde ist der Kollege Dr. Wolfgang Stefinger für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7530677 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 236 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde – Sichere Jobs statt Dauerbefristung in der Wissenschaft |