Sandra Bubendorfer-LichtFDP - Bericht Kommission Antiziganismus
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin eine der letzten überlebenden Sintiza des Porrajmos, Zilli Schmidt: „Ich will es erzählen, solange ich lebe. Und ich habe es aufgeschrieben, damit man nachlesen kann, was Sie gemacht haben.“ Dieser Satz von Zilli Schmidt macht eines deutlich: Die Selbstzeugnisse der Opfer von damals, von denen leider nur noch sehr wenige leben, müssen in den Mittelpunkt der Aufklärung und der Beseitigung von Antiziganismus rücken.
(Beifall bei der FDP)
Die Erscheinung des Antiziganismus hat viele Facetten. Sie äußert sich durch sprachliche Abwertung, aber auch durch gesellschaftliche und politische Ablehnung. Durch unsere große historische Verantwortung, die aus den Gräueltaten der Nationalsozialisten an Sinti und Roma besteht, müssen wir dieses Phänomen klar identifizieren und auch benennen. Dabei darf es auch nicht mehr unter dem Deckmantel des Rassismusbegriffes verschwinden, sondern muss eine begriffliche Eigenständigkeit erfahren.
Antiziganismus hat nicht erst mit den Verbrechen der Nationalsozialisten begonnen und auch nicht nach dem Ende der Naziherrschaft aufgehört, zu bestehen.
(Beifall bei der FDP)
Er ist weiterhin ein zentrales Element von an Sinti und Roma begangenen Verbrechen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist völlig gleich, wo Menschen herkommen, wo ihre Vorfahren geboren sind, welchen Volksgruppen sie angehören. Viel wichtiger ist: Wo wollen Menschen hin? Sinti und Roma wollen in der Mitte unserer Gesellschaft ankommen. Sie möchten Respekt, Anerkennung und ein gesellschaftliches und politisches Bewusstsein schaffen, dass sie ein Teil unserer Gesellschaft sind.
Aus dem Bericht der Unabhängigen Kommission ist für mich persönlich eine wichtige Grundmaxime deutlich geworden: Nichts über uns ohne uns! – Sinti und Roma müssen zu jeder Zeit bei jeglichen Vorhaben und Initiativen mitgenommen werden. Nur Betroffene selbst können beurteilen, ob sie durch Sprache, Handlungen oder auch politische Entscheidungen diskriminiert werden.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Susann Rüthrich [SPD])
Wir als FDP-Bundestagsfraktion wollen das Aufstiegsversprechen gerade auch für Angehörige von Minderheiten geben. Im Jahre 2021 darf niemand aus dieser Volksgruppe strukturelle Nachteile im Alltag erfahren. Wir wollen eine Sensibilisierung auch schon in der Ausbildung von Lehrkräften erwirken, gepaart mit präventiven und aufklärerischen Konzepten und einem Empowerment-Programm für Betroffene.
Auch in der Innenpolitik wollen wir Freien Demokraten eine größere Sensibilisierung für antiziganistische Straftaten herbeiführen und Meldestellen bei der Polizei ausbauen. Zuletzt muss auch der Fokus auf Straftaten im Internet liegen. Hier müssen Auskunftsansprüche für Opfer von Hasskriminalität, gerade bei Angehörigen von Minderheiten, ermöglicht werden.
Nehmen wir gemeinsam den Kampf gegen Antiziganismus auf, und nehmen wir dabei die Anliegen und Zeugnisse der Betroffenen in den Mittelpunkt!
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Helge Lindh [SPD])
Vielen Dank. – Ich möchte darauf hinweisen, dass die namentliche Abstimmung um 21.11 Uhr zu Ende ist. Wer noch nicht die Gelegenheit hatte, abzustimmen, sollte das jetzt tun.
Es geht weiter mit der Fraktion Die Linke und Ulla Jelpke.
(Beifall bei der LINKEN)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
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Electoral Period | 19 |
Session | 236 |
Agenda Item | Bericht Kommission Antiziganismus |