24.06.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 236 / Tagesordnungspunkt 17

Edgar FrankeSPD - Krankenhausfinanzierung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein flächendeckendes Netz aus Krankenhäusern ist kein Luxus, sondern absolut notwendig. Das haben wir in der Pandemie gelernt. Und deswegen müssen wir immer eine auskömmliche Finanzierung unserer Kliniken sicherstellen.

Dass einige Krankenhäuser unterfinanziert sind, wissen wir. Aber das liegt nicht allein an den Fallpauschalen. Mein geschätzter Kollege Harald Weinberg, der nachher redet, wird sicherlich sagen – das behauptet er gebetsmühlenartig, würde ich fast schon meinen –: Das liegt alles an den DRGs. – Aber das Problem der Krankenhäuser und der Krankenhausfinanzierung ist, dass die Länder nicht genug investieren. Es fehlen jedes Jahr 3 Milliarden Euro, weil die Länder ihrer Investitionsverpflichtung nicht nachkommen. Das ist der eigentliche Grund.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Andrew Ullmann [FDP])

Aus diesen Gründen müssen die Krankenhäuser einen Teil der Einnahmen aus den Fallpauschalen, aus den DRGs, zweckentfremden. Diese sind aber eigentlich für die laufenden Kosten gedacht. So zahlen also die Krankenhäuser für das kaputte Dach. So zahlen die Krankenhäuser die Geräte für den OP-Saal aus den laufenden Mitteln. Es ist aber Aufgabe der Länder, diese Finanzierungslücke endlich zu schließen.

Wir müssen deshalb – das sage ich ganz klar, meine sehr verehrten Damen und Herren – die Krankenhausfinanzierung grundlegend reformieren. Zum Beispiel könnte der Bund notwendige Investitionen mitfinanzieren oder zumindest zu einem Drittel kofinanzieren, um die Länder zu ermutigen, die notwendigen Mittel in die Hand zu nehmen. Wir Sozialdemokraten wollen auf jeden Fall eine zukunftsfeste Lösung der Krankenhausfinanzierung, und das ist nur mit einer Reform möglich.

(Beifall bei der SPD)

Aber, lieber Harald Weinberg, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen das System der Fallpauschalen in der Tat weiterentwickeln. Wir alle wissen, momentan lohnen sich manche Operationen, manche Diagnosen mehr als andere. So verdient eine Spezialklinik zum Beispiel mit einem künstlichen Hüftgelenk gutes Geld. Andererseits bleibt die kommunale Klinik, die für die Grundversorgung zuständig ist, die vielleicht ein bisschen kleiner ist, aber die Grundversorgung sicherstellt, oft auf Kosten sitzen. Warum? Weil man sehr, sehr viele verschiedene und ganz unterschiedliche Diagnosen bei weniger Patienten hat. Hier müssen wir ansetzen, hier muss die Reform ganz konkret Verbesserungen erzielen.

Deshalb sollten wir die Vorhaltekosten – die Grünen sagen „Sockelfinanzierung“, Maria Klein-Schmeink – in bedarfsnotwendigen Kliniken decken, also in Kliniken, die für die Versorgung, gerade im ländlichen Bereich, absolut notwendig sind. Das wäre ein wichtiger, ein sinnvoller Schritt in die richtige Richtung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die Sicherstellungszuschläge des Bundes zu bekommen, ist ein wichtiger erster Schritt in diese Richtung, den wir auch gegangen sind. Sie erinnern sich: Bedarfsnotwendige Kliniken bekommen jedes Jahr zwischen 400 000 Euro und 800 000 Euro, je nachdem, wie viel sie für die Versorgung konkret tun. Das stärkt die strukturschwachen Regionen, die für die flächendeckende Versorgung notwendig sind. Auch dort muss manchmal ein Krankenhaus stehen. Dafür haben sich viele von uns eingesetzt, und das war auch richtig. Dieses Instrument müssen wir weiter ausbilden.

Momentan gelten für die Sicherstellungszuschläge strenge Regeln, wie dies bei den Sicherstellungszuschlägen der Länder der Fall ist. Deshalb gehen einige Kliniken leer aus, obwohl sie für die Versorgung wichtig sind. In meiner Region ist zum Beispiel ein katholisches Krankenhaus in der Dom- und Kaiserstadt Fritzlar, das nicht die gesamten Voraussetzungen für die jeweiligen Zuschläge erfüllt. Dieses Krankenhaus wird nicht im notwendigen Umfang gestützt. So sollten auch die Kliniken, die für die Versorgung wichtig sind, eine solche Förderung des Bundes bekommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ökonomische Anreize in der Medizin, zum Beispiel durch Fallpauschalen, Harald Weinberg, sind nicht grundsätzlich schlecht für die Versorgung; manchmal ist es ganz im Gegenteil. Schließlich haben wir alle nur begrenzte finanzielle Mittel zur Verfügung. Die bestmögliche Versorgung erreichen wir aber nur, wenn wir das Geld effizient einsetzen.

(Harald Weinberg [DIE LINKE]: An Unternehmensberatungen sparen!)

Wir als Große Koalition haben in dieser Legislaturperiode schon viel für die bestmögliche Versorgung getan:

Erstens. Wir haben die Personalkosten für die Pflege aus den Fallpauschalen herausgenommen. Es lohnt sich nicht mehr, auf Kosten der Pflege zu sparen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Zweitens. Mit dem Krankenhauszukunftsgesetz stellt der Bund 3 Milliarden Euro für moderne und digitale Kliniken bereit. Hiermit stärken wir nicht nur die Krankenhäuser, sondern auch die Konjunktur.

Drittens. Es gibt die schon erwähnte Bundesförderung für bedarfsnotwendige Krankenhäuser. Damit stärken wir die flächendeckende Versorgung.

Viertens. Für die Krankenhäuser gab es, wie wir wissen, 2020 Freihaltepauschalen; aber für 2021 gibt es einen Ganzjahreserlösausgleich bei Coronaeinbußen. Auch das hat den Krankenhäusern sehr geholfen. Es hat Liquidität geschaffen, und dafür haben sich auch Sozialdemokraten besonders eingesetzt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

So sichern wir die bestmögliche gesundheitliche Versorgung für die Menschen in diesem Land, und zwar unabhängig vom Alter, unabhängig vom Wohnort und unabhängig vom Geldbeutel der Versicherten; denn der Patient muss immer im Mittelpunkt stehen und nicht das Geld, das an ihm verdient wird. Das ist und bleibt der rote Faden sozialdemokratischer Gesundheitspolitik.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank. – Das Wort geht an die FDP-Fraktion mit Dr. Andrew Ullmann.

(Beifall bei der FDP)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7530741
Wahlperiode 19
Sitzung 236
Tagesordnungspunkt Krankenhausfinanzierung
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