24.06.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 236 / Tagesordnungspunkt 31

Sonja SteffenSPD - Stiftungsrecht

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will Sie nicht lange mit vielen Zahlen nerven; aber ich möchte Ihnen kurz einen Einblick geben, dass wir hier in Deutschland derzeit circa 23 000 Stiftungen haben und diese Stiftungen mindestens 4,3 Milliarden Euro für das Gemeinwohl pro Jahr ausgeben. 80 000 haupt- und ehrenamtliche Beschäftigte sind im Stiftungssektor tätig. Stiftungen machen einen breiten Teil des gemeinnützigen Engagements aus.

Nach jahrelanger Vorbereitung – und ich möchte mich hier ausdrücklich beim BMJV bedanken, vor allem bei Frau Bartodziej; falls Sie das weitergeben könnten, wäre ich Ihnen dankbar – und intensiven Verhandlungen – an dieser Stelle auch herzlichen Dank an die Berichterstatter von nahezu allen Fraktionen, die mitgewirkt haben – haben wir uns jetzt endlich darauf geeinigt, das Stiftungsrecht bundeseinheitlich zu regeln und der Rechtszersplitterung in den einzelnen Bundesländern ein Ende zu setzen. Das bedeutet für alle Stiftungen, ob groß oder klein: keine nervige und aufhaltende Bürokratie mehr beim Umzug in ein anderes Bundesland, und man ist auch nicht mehr davon abhängig, wie die Rechtsauffassung der jeweiligen örtlichen Stiftungsbehörde ist.

Es ist gut und richtig, dass wir diese Reform jetzt auf den Weg bringen. Wir müssen jetzt handeln, um die derzeitigen erschwerten Rahmenbedingungen endlich zu überwinden. Mit einer weiteren Verschiebung hätten wir nichts gewonnen; aber wir hätten dafür gesorgt, dass der langwierige Reformprozess mitsamt den Abstimmungen zwischen Bund und Ländern erneut beginnen würde – viele von uns wissen, was das bedeutet; diese Bund-Länder-Verhandlungen sind überaus schwierig –, und das ohne die Sicherheit, dass es überhaupt jemals zu einem Abschluss kommen würde.

Es wäre vor allem fatal gewesen für die notleidenden Stiftungen, die wir damit im Stich gelassen hätten. „ Notleidende Stiftungen“, da fragen Sie sich vielleicht: Gibt es die? – Ja, es gibt sie in der Tat; denn für den Stiftungszweck steht nur der Zinsertrag zur Verfügung, den das Geld abwirft – nicht der Kapitalstock selbst. Von dem Ertrag müssen außerdem die Verwaltungskosten bezahlt und Rücklagen gebildet werden. Da bleibt nicht viel bei niedrigen Summen, zumal dann, wenn – wie derzeit als Folge der Finanzkrise – die Zinsen niedrig sind.

Unsere Reform hilft genau hier: Zukünftig haben Stiftungen die Möglichkeit, ihren Zweck weiterzuverfolgen, auch wenn der Ertrag knapper wird. Sie können sich nämlich entweder einfacher, als derzeit möglich, in eine Verbrauchsstiftung umwandeln oder mit anderen Stiftungen, die einen ähnlichen Zweck verfolgen, beispielsweise den Sparkassenstiftungen, zusammengehen. Dafür haben wir Erleichterungen geschaffen und sorgen so dafür, dass wir ihre Arbeit zukünftig sichern.

Aber wir schaffen nicht nur eine sichere Grundlage für alle Stifterinnen und Stifter, sondern wir holen die Stiftungen endlich dahin, wo sie hingehören, nämlich ins 21. Jahrhundert. Die Zeiten haben sich geändert: Heute wird nämlich – anders als früher – überwiegend zu Lebzeiten gestiftet. Wir erleben eine Gesellschaft, die in ihrem Handeln schon zu Lebzeiten einen guten Zweck verwirklichen möchte. Deshalb gehört der mutmaßliche Stifterwille als Auslegungshilfe zur Fortentwicklung der Ewigkeitsstiftungen in die Reform. Hier schaffen wir das, was das Stiftungswesen ausmacht: eine langfristige Bindung der Stiftung an den Stifterwillen, aber auch die notwendige Flexibilität, die die Stiftung braucht, um ihren Zweck erfüllen zu können.

Schließlich schaffen wir noch eins, und zwar Transparenz: Endlich kommt das lang geforderte Stiftungsregister. Aber: Transparenz darf nicht auf Kosten der Stifterinnen und Stifter gehen, die etwas Gutes tun möchten, aber dabei nicht unbedingt in der Öffentlichkeit stehen möchten. Deshalb haben wir den Schutz der persönlichen Informationen, der sensiblen Daten, ins Register integriert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Gesetz ist ein wirklich wichtiger Schritt. Aber es ist zugleich auch ein Anfang. Die Zeiten ändern sich, und wir müssen dafür Sorge tragen, dass die Rechtsform der Stiftungen attraktiv für potenzielle Stifterinnen und Stifter ist und bleibt. Dabei schauen wir natürlich auch auf die bestehenden Stiftungen und geben ihnen ausreichend Zeit, sich auf die neue Rechtslage einzustellen, indem das Gesetz erst am 1. Juli 2023 in Kraft tritt. Und: Wir haben Evaluierungsvorschriften eingebaut, damit der Reformprozess weitergehen kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Steffen. – Jetzt kommt als nächster Redner der Abgeordnete Fabian Jacobi, AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7530749
Wahlperiode 19
Sitzung 236
Tagesordnungspunkt Stiftungsrecht
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