25.06.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 237 / Tagesordnungspunkt 39

Bernhard DaldrupSPD - Versteuerung von Übergewinnen, Investitionspflicht

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Fritz, es tut mir leid, ich habe nur vier Minuten Redezeit. Deswegen kann ich es nicht so ausführlich machen, wie du das eben angefangen hast, und kann nicht über BEPS und das Steueroasen-Bekämpfungsgesetz und anderes reden.

(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Wir ergänzen uns ja gut!)

Es sind im Übrigen zwei Anträge, die die Linken stellen. Das Interessante an diesen Anträgen ist eigentlich das Datum der Einbringung. Daran sieht man, dass beide Anträge schon ein Stück weit überholt sind, und zwar maßgeblich durch das Handeln von Olaf Scholz; darauf komme ich gleich gerne zurück.

Die Linke fordert zum einen, die Profiteure der Coronapandemie, die großen Digitalkonzerne wie Amazon etc., steuerlich stärker zu belasten. Wer wollte dagegen etwas haben? Wir nicht. Die Übergewinnsteuer ist ein spannendes Konzept. Die Linke fordert diese Steuer aus zwei Gründen: Sie fordert sie erstens, um zu zeigen, dass sie steuerpolitisch auf der Höhe der Zeit ist. Daran habe ich eigentlich keinen Zweifel. Ich empfehle im Übrigen die Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes zu diesem Thema, 28 Seiten, da kann man alles nachlesen; Herr Glaser hat das sogar gemacht.

(Albrecht Glaser [AfD]: Ja!)

Und zweitens fordert sie sie im Bewusstsein, dass der Antrag abgelehnt wird. Das wird auch passieren.

Vor drei Wochen haben sich die Finanzminister der G 7 auf eine revolutionäre Neuordnung der Besteuerung internationaler Konzerne geeinigt. Das ist doch einmal wichtig festzuhalten! Darüber haben wir jahrelang gesprochen, dass das endlich gelingt. Das ist ein historischer Durchbruch, der ohne den Einsatz von Olaf Scholz nicht passiert wäre.

(Beifall bei der SPD)

Die Internetgiganten können sich zukünftig eben nicht mehr ihrer Steuerpflicht dadurch entziehen, dass sie ihre Gewinne in Niedrigsteuerländer verschieben. Amazon, Apple, Facebook, Google werden künftig stärker zur Finanzierung von Investitionen und öffentlichen Aufgaben herangezogen, und zwar nicht irgendwie im akademischen Diskurs, sondern im tatsächlichen Leben. Jahrelang haben wir darüber diskutiert. Wird also der Gewinn in einer Tochtergesellschaft im Ausland unterhalb eines international festgelegten Mindeststeuersatzes von beispielsweise 15 Prozent besteuert, darf der Staat, in dem die Muttergesellschaft ihren Sitz hat, die Differenz zum Mindeststeuersatz nachversteuern. Ich glaube, diesen Erfolg muss man nicht dadurch relativieren, dass man mit der Übergewinnsteuer sozusagen ein neues Thema aufmacht, das nicht im Vordergrund steht.

Ich glaube, ehrlich gesagt, es wäre, statt mit interessanten Varianten der Steuerfindung zu experimentieren, eine Aufgabe der politischen Linken in Europa, dass solche Konzepte und Vereinbarungen tatsächlich Wirklichkeit werden, dass der jetzt eingeschlagene Weg stark gemacht wird, statt sich sozusagen mit akademischen Debatten auseinanderzusetzen.

Ich fand es sehr beeindruckend, wie Martin Schulz gestern nach langjähriger Erfahrung und 23 Jahren Mitgliedschaft im Europäischen Parlament genau diesen Aspekt deutlich gemacht hat und gesagt hat, wie wichtig diese Entscheidung der G 7 für Europa ist. Sie ist nicht erst auf europäischer Ebene getroffen worden. Das ist doch die politische Aufgabe, die wir als Bundesrepublik Deutschland haben. Dass das gelungen ist mit Olaf Scholz an der Spitze, dafür müssen wir, finde ich, außerordentlich dankbar sein. Das ist eine ausgesprochen gute Sache.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte nicht auf die Details des zweiten Antrags eingehen, sondern ihn nur kurz erwähnen. Dieser ist interessanterweise von Oktober 2019 und fordert eine Investitionspflicht für den Bund. Kurz darauf ist der unvorhergesehene Konjunktureinbruch durch die Coronakrise eingetreten. Was aber nicht eingetreten ist, ist die befürchtete Verschärfung des Investitionsstaus. Ganz im Gegenteil! Die kommunalen Investitionen haben sich trotz der Pandemie 2020 deutlich positiv entwickelt und sind 2020 um 7 Prozent gestiegen. In diesem Jahr wird mit einem weiteren Anstieg der kommunalen Investitionen um rund 10 Prozent auf 38,7 Milliarden Euro gerechnet. Vor sieben Jahren, als ich hier angefangen habe, waren das bei den Kommunen im Jahr 22 Milliarden Euro.

(Otto Fricke [FDP]: Die Schuldenbremse gilt für die Kommunen an dieser Stelle doch gar nicht!)

Wir haben gegen die Krise nicht gespart, sondern haben mit gezielten Maßnahmen zur Konjunkturbelebung und mit zusätzlichen Investitionen reagiert. Und wenn man jetzt sozusagen auf der Höhe der Zeit sein will bei diesem Thema, dann geht es nicht darum, einfach nur die Investitionsseite zu betrachten, die zusätzlich gestärkt werden muss, sondern die Finanzverteilung vor allen Dingen zwischen Ländern und Kommunen und in Teilen auch die Steuerverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Das ist in Wirklichkeit ein Problem – das Thema Altschulden im Übrigen auch, zu deren Abbau Union und FDP leider im Moment nicht bereit sind.

(Otto Fricke [FDP]: Aber nur in manchen Ländern! – Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Es gibt erfolgreiche Länder, beispielsweise da, wo die CDU regiert!)

– Lernt dazu!

Ich will zuletzt darauf hinweisen, dass wir auch in den Folgejahren jedes Jahr 50 Milliarden Euro an zusätzlichen Investitionen im Haushaltsentwurf vorsehen.

(Beifall bei der SPD)

Bis 2025 ist die Rekordsumme von über 200 Milliarden Euro vorgesehen. Das heißt, alles das, was auch Die Linke noch vor wenigen Jahren für unmöglich erklärt hat und permanent gefordert hat, das ist Wirklichkeit.

Dafür sollten wir Olaf Scholz herzlich danken und sollten ihn, wenn das Wirklichkeit bleiben soll, am besten zum Bundeskanzler wählen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD – Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Wenn du den letzten Satz weggelassen hättest, hätte ich auch geklatscht!)

Vielen Dank. – Katja Hessel von der FDP-Fraktion hat als Nächste das Wort.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7530927
Wahlperiode 19
Sitzung 237
Tagesordnungspunkt Versteuerung von Übergewinnen, Investitionspflicht
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