25.06.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 237 / Tagesordnungspunkt 39

Sonja SteffenSPD - Versteuerung von Übergewinnen, Investitionspflicht

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Fraktion Die Linke! Auch ich möchte mich für Ihre Anträge ausdrücklich bedanken, und zwar gleich aus mehreren Gründen. Es gibt mir die Gelegenheit, meine letzte Rede hier im Bundestag zu einem wichtigen Thema zu halten,

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

und ich kann meine Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass wir vieles von dem, was Sie in Ihren Anträgen fordern, schon in die Wege geleitet haben. Anscheinend haben Sie Ihre eigenen Anträge vor der Debatte gar nicht mehr gelesen; denn dann wäre Ihnen doch aufgefallen, dass sie zum Teil längst überholt sind.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Unser Finanzminister Olaf Scholz hat bereits dafür gesorgt, dass sich die G-7-Staaten auf eine Internetsteuer geeinigt haben.

(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat er nicht von allein gemacht!)

Mein Kollege Bernhard Daldrup hat es bereits wunderbar erklärt; ich fasse mich daher kurz: Internetkonzerne müssen in Zukunft da Steuern zahlen, wo sie ihren Umsatz erwirtschaften, und nicht da, wo sie ihren Sitz haben. Damit werden viele Steuersparmodelle der Vergangenheit angehören. Zusammen mit dem weltweiten globalen Mindeststeuersatz schaffen wir also genau das, was Sie, jedenfalls zum Teil, fordern: Wir bitten die Internetgiganten wie Amazon, Facebook und Google zur Kasse, und damit können wir auch bei uns in Deutschland mit mehreren Milliarden an Steuermehreinnahmen rechnen.

(Beifall bei der SPD – Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schön wär’s!)

Ihr zweiter Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken, gehört erst recht in die Mottenkiste. Und wenn jetzt schon drei Rednerinnen und Redner, nämlich der Kollege Güntzler, die Kollegin Hessel und ich diesen Begriff verwenden, spätestens dann würde ich mir an Ihrer Stelle wirklich ernsthaft Gedanken machen.

Sie wollen mit dem Antrag aus 2019 eine Investitionspflicht einführen. Das hört sich ja so an, als würden wir gar nicht investieren. Dabei investieren wir landauf, landab. Alleine im aktuellen Haushalt 2021 investieren wir insgesamt 61,9 Milliarden Euro – der Kollege Daldrup hat es vorhin schon gesagt –, davon sind 38 Milliarden Euro für die Kommunen. Mit der mittelfristigen Finanzplanung – sie ist ja letzte Woche veröffentlicht worden – werden wir bis 2025 mit Olaf Scholz als unserem Bundeskanzler über 200 Milliarden Euro in Investitionen stecken.

(Beifall bei der SPD – Fabio De Masi [DIE LINKE]: Ist der schon Bundeskanzler?)

Ihre Anträge sind also bereits jetzt Geschichte, liebe Linke.

Meine Zeit im Bundestag ist es allerdings auch schon recht bald. Ich werde dem nächsten Bundestag nicht mehr angehören, und daher ist es Zeit, Abschied zu nehmen.

(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Das ist schade! Ein großer Verlust!)

Während ich aktuell ganz viele letzte Male habe – das geht den anderen, die sich verabschieden, wahrscheinlich ähnlich – und mich von Arbeitsgruppen, Gremien, Ausschüssen und allem Möglichen verabschiede, habe ich am Mittwoch auch noch etwas komplett Neues erlebt. Ich wurde nämlich, zumindest noch bis zum Ende der Legislaturperiode, zur Vorsitzenden der Wahlrechtskommission gewählt und habe zum ersten Mal einen Ausschuss geleitet.

(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Eine exzellente Wahl!)

Und ja, ich war fast so aufgeregt wie damals bei meiner ersten Rede 2009.

(Beifall bei der SPD)

Vorgeschlagen für den Vorsitz wurden der Kollege Ansgar Heveling von der CDU und ich, und zwar von Britta Haßelmann von den Grünen. Gewählt wurden wir fraktionsübergreifend.

Spätestens jetzt denken Sie wahrscheinlich: Warum erzählt sie das in ihrer letzten Rede? Es geht mir um etwas, was hier im Plenum nicht immer ersichtlich wird, nämlich darum, zu zeigen, dass wir in den Ausschüssen und auf der Arbeitsebene überwiegend gut und fraktionsübergreifend zusammenarbeiten.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Stefan Liebich [DIE LINKE])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, als ich 2009 neu in den Deutschen Bundestag kam, gab es – ich ging in den Rechtsausschuss – einen Staatssekretär im Justizministerium, den vor allem die Kolleginnen und Kollegen von der FDP vielleicht noch gut kennen, aber viele andere auch. Es war Max Stadler von der FDP. Einige von Ihnen werden sich noch an ihn erinnern. Jedenfalls waren wir, die SPD, damals in der Opposition. Aber er hatte immer ein Ohr für unsere Anliegen. Er war nicht nur ein feiner Kerl, sondern ich habe bei ihm gelernt, was gute kollegiale Zusammenarbeit bedeutet, und zwar unabhängig vom Parteibuch.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dass man immer dann am erfolgreichsten ist, wenn man zusammenarbeitet, haben wir auch in der Region unter Beweis gestellt. – Lieber Eckhardt Rehberg, liebe Kerstin Kassner und liebe Claudia Müller, ihr wisst, wovon ich rede.

(Kerstin Kassner [DIE LINKE]: Ja!)

Besonders genossen habe ich auch die kollegiale Zusammenarbeit in den Ausschüssen. Ich freue mich, dass zu dieser Stunde noch so viele Kolleginnen und Kollegen vom Haushaltsausschuss da sind. Und ich hoffe, dass wir unseren Herdenschutzesel einpacken und dann wie Hase und Igel am nächsten Black Friday gemeinsam über die Brunsbütteler Schleuse zum Reeperbahn Festival segeln, um dort gemeinsam einen Glühwein zu trinken. – Und wer diesen Insider jetzt versteht, der weiß, ich komme nun zum Schluss.

Gestatten Sie mir, am Ende meiner letzten Rede noch zwei Namen zu nennen, die mir nicht nur Kollegen, sondern auch echte Freunde waren. Es ist sehr schade, dass sie heute nicht dabei sein können. Das ist Toni Schaaf, und das ist Thomas Oppermann.

Liebe Dagmar, ich freue mich sehr, dass du mir heute den Rücken stärkst. Aber ich bin lange Zeit fest davon ausgegangen, dass bei meiner letzten Rede Thomas hinter mir im Präsidium sitzen wird und dass ich dann anschließend mit Toni zusammen ein Bier trinken werde. Jedoch, was bleibt? Ich bin dankbar für die vielen tollen Menschen und Begegnungen in den Jahren hier im Parlament und vor allem in meiner SPD-Fraktion.

Ich bedanke mich auch bei meinem Team. Ich weiß, die hören das nicht gerne; aber sie sitzen oben auf der Tribüne. Und wir alle wissen: Ohne ein gutes Team wären wir nichts. – Daher auch an Sie herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Kay Gottschalk [AfD])

Ich bin vor allem dankbar, dass ich drei Legislaturperioden Abgeordnete des Deutschen Bundestages sein durfte.

Macht es gut!

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der AfD)

Herzlichen Dank, liebe Kollegin Steffen. Das Präsidium bedankt sich im Namen des Hauses für die immer sehr kollegiale, konstruktive Zusammenarbeit. Wir wissen, was wir an Ihnen hatten und was wir mit Ihnen verlieren. Wir wünschen Ihnen beruflich viel Erfolg und vor allem im persönlichen Bereich alles, alles Gute. Danke schön!

(Beifall)

Das Wort geht an Christian Haase von der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7530934
Wahlperiode 19
Sitzung 237
Tagesordnungspunkt Versteuerung von Übergewinnen, Investitionspflicht
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