Kay GottschalkAfD - Bericht 3. UA – Wirecard
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Mitbürger! Vor allen Dingen aber auch: Liebe Geschädigte! Ich kann nicht finden, Frau Kiziltepe, dass Wirecard ein Glücksfall für uns ist. Es ist eher schändlich den Opfern gegenüber. 20 Milliarden Euro sind hier verloren gegangen.
(Beifall bei der AfD)
Lassen Sie mich vorwegstellen: Ich möchte mich zunächst bei den Kolleginnen und Kollegen Obleuten für die fraktionsübergreifende Zusammenarbeit bedanken. Ich denke, nur so konnten wir diesen Fall in so kurzer Zeit nachhaltig aufklären und auch austragen. Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle auch bei meinem Stellvertreter, Dr. Hans Michelbach, der immer da war, wenn ich ihn brauchte. Dafür noch mal mein Dankeschön. Es hat sehr viel Spaß gemacht, mit Ihnen zusammenzuarbeiten.
(Beifall bei der AfD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Nebenbei ein Dankeschön an Fritz Güntzler. Ich habe jetzt mehr über den FC Bundestag gelernt und werde in der nächsten Legislatur gerne mal zum Probetraining erscheinen.
(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Harte Bedingungen!)
Dann möchte ich mich noch bei unserem Ausschusssekretariat bedanken. Ich denke, ohne die hervorragende Arbeit – Dr. Raue sei hier an erster Stelle genannt, ohne die anderen zu verschweigen – wäre diese Aufklärung nicht möglich gewesen. Mein aufrichtiges Dankeschön an unser Ausschusssekretariat an dieser Stelle.
(Beifall bei der AfD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])
Und last, but not least: In Coronazeiten ein Dank an die Bundestagsverwaltung und an die Mitarbeiter unseres Bundestagspräsidenten, der in Zeiten von Corona trotz größter Raumnot die Möglichkeit geschaffen hat, dass unser Untersuchungsausschuss in Würde und sehr vernünftig, was die Öffentlichkeit angeht, zu tagen. Auch dafür mein großes Dankeschön.
(Beifall bei der AfD)
Kommen wir jetzt zu den Fakten. Es hat mir natürlich gefallen, was zu den Wirtschaftsprüfern gesagt wurde, Frau Kiziltepe. Einen Satz habe ich aber schon kritisiert. Denn eines ist allen klar geworden: Wirecard ist nicht nur ein kriminelles System zur Bereicherung einiger weniger Akteure gewesen. Nein – und das haben Sie verschwiegen –, es war auch ein Staatsversagen auf allen politischen Ebenen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der AfD)
Ein weit verzweigtes Netz mit unzähligen Sicherungsinstanzen hat vollkommen versagt: Ministerien, Kanzleramt, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung, die Abschlussprüferaufsichtsstelle, die Betriebsprüfung, der Aufsichtsrat, Nachrichtendienste und last, but not least natürlich genauso – Sie haben es gesagt – die Wirtschaftsprüfer. Das werden die Gerichte klären, meine Damen und Herren.
Am Ende steht aber ein Verlust von 20 Milliarden Euro für Anleger, für Menschen, die teilweise sogar ihre Altersvorsorge verloren haben. Würde eine Antiterrorabwehrmaßnahme derart versagen, meine Damen und Herren, würden am Ende Menschen sterben. Wir müssen uns hier im Hohen Hause die Frage stellen, ob wir sowas zulassen können. Hinterher ist man immer klüger – diesen Satz hab ich sehr oft von den Kolleginnen und Kollegen gehört –, das ist klar. Aber, meine Damen und Herren, die Bürger dürfen von verantwortungsvoller Politik, einer antizipierenden Politik, und einer verantwortungsbewussten Gesetzgebung erwarten, dass solche Konstellationen durch den Gesetzgeber vorausgeahnt werden und ein Lügenkonstrukt wie Wirecard verhindert worden wäre.
Doch leider ist genau das Gegenteil eingetreten. Dieser riesengroße Skandal wurde massiv gedeckt; nicht zuletzt durch ein völlig unprofessionelles Agieren der BaFin bei Leerverkaufsverboten, wonach viele Anleger doch denken mussten, dass an den Vorwürfen gegen Wirecard von 2018 und 2019 nichts dran sein kann. Die Hauptverantwortung – dort sitzt der Kollege; dafür bin ich sehr dankbar – für den Erlass des Leerverkaufsverbots trägt nun einmal das BMF. Das muss an dieser Stelle in aller Klarheit und Deutlichkeit ausgesprochen werden, Herr Scholz.
(Beifall bei der AfD)
Wenn wir von Systemversagen sprechen, dann müssen wir an dieser Stelle auch von einem Demokratieversagen sprechen. Meine Damen und Herren, in Deutschland scheint eine Kultur von Pattex-Ministern Einzug gehalten zu haben. So gut wie jeder bleibt auf seinem Posten sitzen oder kleben, egal wie groß die Verfehlungen sind. Herr Scholz und Herr Scheuer stehen sinnbildlich dafür.
(Beifall bei der AfD)
Das ist eine Unkultur der Großen Koalition, die unser gesamtes Politsystem belastet. Sie zeichnet quasi ein Sittengemälde unserer Demokratie und Gesellschaft der untersten Güte.
Im Fall Wirecard will niemand Verantwortung übernehmen. Es gab zwar einige Bauernopfer – das begrüßen wir – wie den Chef der BaFin, seine Stellvertreterin oder den Chef der APAS, aber fest steht auch, dass nicht einmal ein Staatssekretär in dieser Affäre seinen Hut nehmen musste. Ja, Sie konnten sich nicht mal dazu durchringen – Frau Kiziltepe sprach von einem Glücksfall –, sich bei den Geschädigten zu entschuldigen, meine Damen und Herren. Was ist das für eine Kultur und eine Ethik in unserem Lande?
(Beifall bei der AfD)
Deshalb muss ich an dieser Stelle nochmals klar sagen: Herr Scholz, treten Sie als Minister endlich zurück! Schlagen Sie es sich aus dem Kopf, Kanzler dieser Republik zu werden! Das Fass ist übergelaufen, und das bei ausgeschlagenem Boden, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der AfD)
Und Frau Merkel – sie ist nicht hier –: Wenn Herr Scholz nicht gewillt ist, von sich aus zurückzutreten, dann wäre es an Ihnen als Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland, Herrn Scholz umgehend freizustellen. Machen Sie endlich Gebrauch von Ihrer Richtlinienkompetenz! In der Flüchtlingskrise war das doch auch möglich. Hier wäre es aber tatsächlich mal richtig, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der AfD – Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Peinlich!)
Sehr geehrte Damen und Herren, wir sollten uns aber auch nicht davon täuschen lassen, was ja oft gesagt wurde, dass die Gesetzgebung bestimmte Mittel einfach nicht hergegeben hat und Wirecard deshalb passieren konnte. Das ist nicht der Fall. Nein, es gab auch damals schon hoheitliche Befugnisse und Möglichkeiten, die aber – und auch das hat der Ausschuss sehr deutlich gezeigt – einfach nicht genutzt worden sind. Verantwortlich war dafür der Mann, der jetzt auch noch Interimspräsident der BaFin geworden ist, namens Herr Röseler. Auch das ist ein Schlag ins Gesicht der Geschädigten, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der AfD)
Genauso wenig nachvollziehbar ist für mich die fehlende Selbstkritik in Ministerien und im Kanzleramt. Beim Thema Compliance-Regelungen haben alle ein Bild abgegeben, das zu meiner Schulzeit zu einer glatten Sechs geführt hätte. Der Staat kann nicht von Unternehmen das verlangen, was er anscheinend sich selbst nicht auferlegen will. Er hat auf Sicherungssysteme wie Compliance vollkommen verzichtet. Meine Damen und Herren, Sie sehen, es gibt noch unzählige Baustellen, die wir zusammen bewältigen müssen.
Den Oppositionsparteien, insbesondere der FDP, den Grünen und der Linken, kann ich hier zumindest eine Sache nicht ersparen: Dass die Regierungsparteien einen schnellen Abschluss wollten, liegt natürlich auf der Hand. Weder CDU und CSU noch SPD wollten, dass wir weitermachen. Ende September ist Bundestagswahl. Da wollte man diesen Ballast natürlich schnell loswerden. Eine Debatte im September wäre da nicht angezeigt gewesen. Aber, meine Damen und Herren der Oppositionsparteien, was haben Sie denn davon? Oder wollten die FDP und die Grünen mögliche Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl nicht belasten? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass eine weitere Beweisaufnahme nach dem PUA-Gesetz möglich gewesen wäre und dass wir, nur um mal einen Namen zu nennen, uns auch gerne mit Dr. Wolfgang Schäuble unterhalten hätten, der nämlich bis 2017 Finanzminister dieser Republik war.
Aber – das sei zum Schluss erwähnt – ich bin mir sicher, dass wir von den Kollegen in Österreich zu diesem Thema noch etwas hören werden. Ich prophezeie deshalb schon jetzt einen Fortsetzungsroman zu Wirecard in der nächsten Legislaturperiode. Viel zu viele Dinge wie FIU und das Versagen der Geheimdienste sind ungeklärt geblieben.
Wir werden uns auf jeden Fall weiter konstruktiv – wie mit dem 107 Seiten starken Sondervotum; da haben wir bewiesen, dass wir uns konstruktiv hier eingebracht haben – an der Aufklärung beteiligen. Ich wage die Prognose: Wir sind hier noch nicht am Ende. Und das sind wir nach wie vor den Geschädigten schuldig.
Ich bedanke mich.
(Beifall bei der AfD)
Danke. – Das Wort geht an Matthias Hauer von der CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 237 |
Tagesordnungspunkt | Bericht 3. UA – Wirecard |