Matthias HauerCDU/CSU - Bericht 3. UA – Wirecard
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Dienstag haben wir den Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses an den Präsidenten des Bundestages übergeben. Über 2 000 Seiten zeigen einen dramatischen Kriminalfall, grobe Fehler durch Abschlussprüfer und ein multiples Versagen der deutschen Finanzaufsicht bis hin ins Bundesfinanzministerium. In knapp neun Monaten hat der Untersuchungsausschuss ein großes Arbeitspensum geleistet – in 52 Sitzungen, mit Hunderten Gigabyte Daten, Tausenden Ordnern Beweismaterial, Unterstützung mehrerer Sonderermittler und Hunderten Stunden Zeugenvernehmungen. Wir haben fraktionsübergreifend jeden Stein beim Fall Wirecard umgedreht.
Bei Wirecard wurde mit immenser krimineller Energie gehandelt. Eine Handvoll Täter bereicherte sich zum Schaden vieler. Anleger wurden um ihr Erspartes gebracht. Mitarbeiter haben ihren Arbeitsplatz verloren. Das Vertrauen in den Finanzmarkt wurde zutiefst erschüttert. Ein Fall Wirecard darf sich nicht wiederholen. Mit dem Kriminalfall Wirecard beschäftigen sich die Strafverfolgungsbehörden und die Gerichte. Auch unsere Arbeit im Untersuchungsausschuss unterstützt diese Arbeit der Justiz. Unsere Erwartung ist, dass die Täter dieses Milliardenbetrugs mit aller Härte des Rechtsstaats bestraft werden.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Florian Toncar [FDP])
Wirecard steht auch für die Fehler der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY. Prüfer haben jahrelang uneingeschränkte Testate erteilt und dabei Prüfungsstandards missachtet. Auf Initiative der Union haben wir als Untersuchungsausschuss mit einem Team aus Sonderermittlern die Versäumnisse bei den Abschlussprüfern offengelegt, etwa im Umgang mit erfundenem Drittpartnergeschäft oder auch mit nicht vorhandenen Milliarden auf Treuhandkonten.
Der Wirecard-Skandal ist aber nicht nur ein Fall schwerster Kriminalität und des Versagens der Abschlussprüfer, auch die politische Dimension ist dramatisch. Der Fall offenbart ein eklatantes Versagen bei Behörden, vor allem bei der BaFin. Das Parlament hat uns als Untersuchungsausschuss beauftragt, den Sachverhalt intensiv aufzuarbeiten. Wir als Union haben gemeinsam mit anderen Fraktionen, vor allem mit der Opposition, mit Hochdruck kritisch nachgehakt und die Aufklärung vorangetrieben, unabhängig vom Parteibuch der Zeugen.
Aber der Ausschuss hat vor allem auch die Frage nach der politischen Verantwortung zu beantworten. Die BaFin hat mit ihrem rechtswidrigen Leerverkaufsverbot und mit Strafanzeigen gegen kritische Journalisten offen für Wirecard Partei ergriffen. In dieses Leerverkaufsverbot waren Ihr Ministerbüro, Herr Scholz, und Ihr zuständiger Staatssekretär persönlich von Beginn an eingebunden. Weder Herr Scholz noch Herr Kukies haben die Reißleine gezogen.
Wir haben zudem eine BaFin vorgefunden, die nicht den Gesamtkonzern Wirecard beaufsichtigt hat, eine Bilanzkontrolle, die keinen Betrug aufdecken konnte, eine Geldwäscheaufsicht, die niemand ausgeübt hat.
(Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Da hat Wolfgang Schäuble ganz schön gepennt die ganzen Jahre anscheinend! -Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)
Und Sie, Herr Scholz, wollen als zuständiger Minister von alldem nichts mitbekommen haben? Was ist eigentlich der Job des Finanzministers? Ist es nicht gerade der Job, so etwas mitzubekommen? Mit Wegsehen führt man kein Ministerium.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf von der SPD: Wo ist eigentlich Peter Altmaier?)
Die wesentlichen Teile des Behördenversagens laufen alle bei der BaFin zusammen. Wo war denn die Rechts- und Fachaufsicht von Ihnen, Herr Scholz, die Sie über die BaFin hätten ausüben müssen? Fehlanzeige!
Sie, Herr Scholz, besitzen noch nicht einmal die Größe, irgendeinen Fehler einzuräumen, sich bei den Tausenden geschädigten Anlegerinnen und Anlegern zu entschuldigen.
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Was ist mit Herrn Altmaier? Nichts gehört!)
Mehrere Spitzenmanager von BaFin, APAS, DPR, EY mussten gehen.
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Sehr einseitig!)
Einzig dort, wo die politische Verantwortung liegt, nämlich im Bundesfinanzministerium, folgten keine personellen Konsequenzen, noch nicht einmal bei dem für die BaFin zuständigen Staatssekretär. Nicht ohne Grund, Herr Scholz, mussten sich fünf Ihrer sechs Staatssekretäre gegenüber dem Untersuchungsausschuss verantworten.
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Das haben die exzellent gemacht! – Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Ist Andi Scheuer eigentlich noch im Amt?)
Durch die Wirecard-Insolvenz wurden dann Ihr Aufsichtstiefschlaf, Herr Scholz, und der Ihres Ministeriums beendet. Wir haben einen Minister mit unglaubwürdigen Erinnerungslücken, mit fadenscheinigen Ausreden, mit verspäteten Aktenlieferungen, mit vorenthaltenen Informationen erlebt.
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Ach, mein Gott!)
Er und sein Ministerium haben bei der Rechts- und Fachaufsicht über die BaFin schlicht versagt.
(Beifall bei der CDU/CSU, der AfD und der FDP)
Die Einzige, die das infrage stellt – das merken Sie ja auch an der regen Teilnahme an diesem Austausch hier – ist die SPD. Ihr Aufklärungswille, Kollegen Sozialdemokraten, wäre sicherlich größer gewesen, wenn nicht Ihr Kanzlerkandidat im politischen Fokus dieses Skandals gestanden hätte.
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Das ist eine bösartige Unterstellung! Ganz bösartige Unterstellung!)
Herrn Scholz zu schützen, das war der oberste Auftrag der Sozialdemokraten in diesem Untersuchungsausschuss. Das zeigt sich auch daran, dass der Kollegin Kiziltepe die BaFin in ihrer Rede nicht ein Wort wert war.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Da passt es auch ins Bild, dass wir vorgestern noch erfahren haben, dass sich ein hochrangiger Beamter von Ihnen, Herr Scholz, im Vorfeld einer Zeugenvernehmung an die BaFin gewandt hat, mit dem Ziel, von dort Unterstützung für kritische Fragen gegen eine Zeugin zu erhalten – vielen Dank an den Kollegen de Masi, der da kritisch nachgefragt hat –; das ist mehr als schlechter Stil. Da fehlen einem fast die Worte.
(Beifall bei der CDU/CSU und der LINKEN)
Wir haben als Untersuchungsausschuss viele gesetzgeberische Konsequenzen angestoßen, die auch stark die Handschrift der Union tragen: Bilanzkontrolle aus einer Hand, stärkere Transparenz, höhere Haftung bei Abschlussprüfung, Stärkung von Aufsichtsräten und Compliance.
(Cansel Kiziltepe [SPD]: Alles unsere Vorschläge!)
Das sind Ergebnisse der gemeinsamen Arbeit.
Zum Schluss möchte ich noch Dank sagen: meinen Unionskollegen für die sehr gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit, Hans Michelbach, der nach 27 Jahren starker Arbeit hier als Abgeordneter gleich seine letzte Rede halten wird, Kollegen Fritz Güntzler, der als Wirtschaftsprüfer den Ausschuss sehr stark unterstützt hat, den stellvertretenden Mitgliedern Sebastian Brehm, Sepp Müller, Johannes Steiniger, aber auch den Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen. Das war fraktionsübergreifend eine starke Teamleistung. Das Interesse an lückenloser Aufklärung hat uns bei allen politischen Differenzen geeint. Stellvertretend für alle Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen nenne ich Danyal Bayaz und Fabio de Masi, die leider nicht erneut für den Deutschen Bundestag kandidieren werden. Großer Dank auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Sekretariat, in den Fraktionen, in den Abgeordnetenbüros, die eine super Arbeit geleistet haben.
Letzter Satz. Nicht zuletzt gilt großer Dank den Journalistinnen und Journalisten, die sich im Ausschuss gemeinsam mit uns die Nächte um die Ohren geschlagen haben und mit ihrer Arbeit geholfen haben, den Skandal aufzudecken und Licht ins Dunkel bei Wirecard zu bringen.
Vielen Dank dafür.
(Beifall bei der CDU/CSU und der LINKEN)
Das Wort geht an Dr. Florian Toncar von der FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 237 |
Tagesordnungspunkt | Bericht 3. UA – Wirecard |