Fritz GüntzlerCDU/CSU - Bericht 3. UA – Wirecard
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Als Kapitän des FC Bundestag bin ich natürlich schier gerührt darüber, welche Bedeutung diese wichtige Institution des Deutschen Bundestags heute in der Debatte hat. Wir können auch feststellen, dass fünf Redner, die hier heute zu dem Thema geredet haben, Mitglied des FC Bundestag sind. Man hat in der Ausschussarbeit gesehen, dass wir den Team Spirit, den wir in der Fußballmannschaft haben, auch dort gezeigt haben, auch wenn heute in der Debatte schon klar geworden ist, dass wir ab und zu auf unterschiedliche Tore gespielt haben. Das passiert bei uns, beim FC Bundestag, aber ehrlicherweise auch. Eigentore kommen auch bei uns vor, meine Damen und Herren.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Aber ich will zurückblicken auf wirklich spannende Monate im Untersuchungsausschuss. Ich habe in der letzten Legislaturperiode dem Cum/Ex-Untersuchungsausschuss angehören dürfen. Auch da ging es um viel Geld – sogar um ein bisschen mehr Geld –, und auch da gab es spannende Debatten. Aber ich habe die Zusammenarbeit in diesem Ausschuss völlig anders erlebt, viel kollegialer und zielführender über alle Fraktionen hinweg.
Ich möchte zunächst einen Kollegen erwähnen, ohne die anderen zu schmälern, und das ist mein Fußballfreund – das darf ich sagen – und Kollege Fabio De Masi, der uns wirklich angetrieben hat. Ich glaube, keiner kennt die Akten so gut wie Fabio. Er hat die richtigen Fragen gestellt. Er war im Thema. Ich habe oftmals gedacht – die Redezeiten, Fragezeiten werden ja nach der Größe der Fraktion zugeteilt –, man hätte ihm auch ein bisschen mehr Fragezeit geben müssen und können, weil doch viele Fragen von ihm offengeblieben sind. Lieber Fabio, einen ganz herzlichen Dank für den tollen Job, den du im Untersuchungsausschuss gemacht hast!
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Dass ich der Kollegin Kiziltepe mal vollständig recht geben muss, passiert ja auch nicht alle Tage. Aber sie hat meinen geschätzten Freund und Kollegen Hans Michelbach als Ehrenmann bezeichnet. Das kann man nur unterstreichen. Wer den Hans Michelbach kennt – ich habe ihn jetzt acht Jahre hier im Deutschen Bundestag kennenlernen dürfen –, weiß, dass er tatsächlich ein Ehrenmann ist, der der Sache verpflichtet ist. Das haben wir auch bei den Befragungen im Untersuchungsausschuss bemerkt. Da gab es keine Parteibücher mehr. Da galt es nur, die Wahrheit herauszufinden und die Sache aufzuklären. Lieber Hans, du bist ein Vorbild für uns jüngere Abgeordnete. Das darf ich mit 55 Jahren vielleicht auch noch sagen. Darüber bin ich sehr froh, und wir sind dir alle sehr dankbar. Du hast in unserer Arbeitsgruppe gesagt, du hättest ein Buch geschrieben. Aber das Buch kommt – ihr könnt ruhig sein – erst nach der Wahl raus. Von daher wird es keinen Einfluss haben auf den Wahlausgang. Aber wir sind alle gespannt, dieses Buch zu lesen.
Aber zum Untersuchungsausschuss zurück. Es ist für den letzten Redner natürlich schwierig, noch viel Neues zu bringen. Aber ich glaube, man kann vielleicht manches noch mal bestätigen. Ich finde, dieser Untersuchungsausschuss hat tatsächlich einen wertvollen Beitrag für die Demokratie geleistet. Viele Kleinanleger sind geschädigt worden, haben ihre Ersparnisse verloren; 20, 30 Milliarden Euro. Daher ist es auch unsere Aufgabe, dass wir uns als Volksvertreter mit diesem Thema beschäftigen. Wir haben uns immer wieder die Frage gestellt: Wie kann so etwas am Finanzplatz Deutschland mit so einer Finanzaufsicht, mit so einem engmaschigen Netz von Aufsicht überhaupt passieren? Warum haben die Aufsichtsbehörden letztendlich alle versagt?
Mir ist aber wichtig, dass wir, wenn wir von Behördenversagen, von Wirtschaftsprüferversagen, von Regierungsversagen reden – und was ich hier nicht alles gehört habe –, in den Mittelpunkt der Debatte stellen, dass es hier zuallererst kriminelle Energie gegeben hat.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN)
Hier sind Verbrecher am Werk gewesen, die die Menschen betrogen haben, und es ist gut, dass die Strafverfolgungsbehörden jetzt die Richtigen verfolgen.
Wir haben die falsche Sicherheit gehabt, dass unsere Aufsichtsbehörden alles im Griff haben. Und es war leider nicht so; das mussten wir feststellen. Wir haben feststellen müssen, dass es ein kollektives Aufsichtsversagen gegeben hat, und da sind viele betroffen – fast alle sind hier in der Debatte auch schon genannt worden –: der Aufsichtsrat, der ein reines Abnickgremium war, die Geldwäscheaufsicht, wenn sie denn überhaupt stattgefunden hat – das war ja eher ein Streit darum: Wer ist eigentlich zuständig?
(Dr. Florian Toncar [FDP]: Wer ist nicht zuständig?)
Man kann übrigens auch nicht das Gefühl loswerden, dass für Wirecard in Deutschland eigentlich irgendwie keiner zuständig war. Jedenfalls war das teilweise so. Die BaFin ist mehrfach genannt worden, mit der DPR, der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung, der Enforcement-Bilanzkontrolle, die nicht richtig gelaufen ist. Die Fach- und Rechtsaufsicht, Herr Minister, liegt nun mal beim BMF. Von daher, finde ich, hat es schon einen kleinen Beigeschmack, dass Sie nicht den Mumm haben, zu sagen: Da sind Fehler passiert bei der BaFin, und ich als verantwortlicher Minister übernehme die politische Verantwortung dafür, dass hier Fehler geschehen sind.
Dann gibt es natürlich die Abschlussprüfer von EY. Und ich kann Ihnen sagen, dass ich als Wirtschaftsprüfer, der seit 30 Jahren in diesem Bereich tätig ist, schon sehr davon betroffen bin, Dinge zu sehen, von denen ich nicht geglaubt habe, dass man sie mal sehen wird. Wir Wirtschaftsprüfer und Abschlussprüfer – auch das ist in den Befragungen deutlich geworden – genießen ein großes Vertrauen. Man muss sagen: Dieser Vertrauensstellung ist EY in keinster Weise gerecht geworden. Die Schutzfunktion der Wirtschaftsprüfung hat nicht funktioniert. Der Wirtschaftsprüfer hat die Aufgabe, die Verlässlichkeit der Informationen im Jahresabschluss und im Lagebericht zu bestätigen. Das ist alles nicht geschehen. Durch die verschiedenen Berichte – sei es der KPMG-Sonderbericht oder auch der Wambach-Bericht des Ermittlungsbeauftragten, den wir gemeinsam beauftragt haben – ist deutlich geworden, dass es geballte Auffälligkeiten gab. Der einzelne Punkt hätte nicht zwingend dazu führen müssen, mehr Fragen zu stellen; aber die Häufigkeit der Auffälligkeiten hätte zwingend dazu führen müssen, kritischer an diese Prüfungen heranzugehen. Von daher verstehe ich überhaupt nicht, dass diese große, sonst anerkannte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft so wenig Aufklärungswillen gezeigt hat, so wenig Willen zur Zusammenarbeit gezeigt hat. Ich finde es gut, dass die neue Geschäftsführung nun endlich mal ein Bedauern darüber ausgedrückt hat, dass sie diesen Betrug nicht früher aufgedeckt haben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD und des Abg. Dr. Florian Toncar [FDP])
Es gäbe noch viel zu sagen, Frau Präsidentin.
Nee.
Ich sehe, dass meine Redezeit abläuft. – Mir ist es wichtig, eines vielleicht abschließend zu sagen: Wir haben aufgrund des Wirecard-Untersuchungsausschusses gesetzliche Maßnahmen ergriffen. Wir können per Gesetz vieles regeln; aber wenn die Menschen innerhalb des gesetzlichen Rahmens nicht die kritische Grundhaltung und das gesunde Misstrauen haben, wird Aufsicht immer versagen. Dann können wir noch so viele Gesetze machen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Cansel Kiziltepe [SPD])
Von daher ist es vielleicht ein Ansporn für die Aufsichtsbehörden, aber auch für uns, die Aufsichtsbehörden bei ihrer schwierigen Arbeit zu unterstützen und nicht nur den Finanzbeamten beim Landesamt für Steuern. Auch das werden wir beobachten.
Herzlichen Dank, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 237 |
Tagesordnungspunkt | Bericht 3. UA – Wirecard |