25.06.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 237 / Tagesordnungspunkt 41

Marian WendtCDU/CSU - Digitalisierung der Polizei

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur Erinnerung: Heute ist Freitag, der 25. Juni 2021. Es ist der letzte normale Sitzungstag vor der Bundestagswahl im Herbst. Die Kolleginnen und Kollegen der FDP legen uns das Thema „Digitalisierung der Polizei“ ans Herz. Dafür vielen Dank; denn die Polizei braucht unsere Unterstützung. Ihr Motiv für diesen Antrag ist aber durchsichtig. Ihnen geht es nach meinem Ermessen nur um das Erhaschen von ein paar Wählerstimmen und nicht um die wirkliche Verbesserung der Polizeiarbeit. Denn wenn es Ihnen um die Sache gehen würde, hätten Sie diesen Antrag nicht schon mehrmals geschoben und hätten heute im Bundesrat für das Bundespolizeigesetz gestimmt.

Sie finden nun, dass es einen kompletten Neustart bei der Digitalisierung der Polizei braucht, und fordern das mit populistischer Feder. Liebe Freunde von der FDP, was die Polizei zunächst vor allen Dingen braucht, ist aber Vertrauen und Unterstützung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir alle hier wissen, dass Ihre Partei, meist gemeinsam mit den Grünen und anderen linken Kräften, eher auf Misstrauen und unberechtigte Kritik gegenüber der Polizei setzt. Sie stimmten gegen das Bundespolizeigesetz.

(Benjamin Strasser [FDP]: Oje!)

Sie sind gegen die Quellen-TKÜ.

(Benjamin Strasser [FDP]: Ja! Überlegen Sie sich mal, warum!)

Sie stellen sich schon gegen die kleinsten notwendigen technischen Anpassungen an das 21. Jahrhundert bei der Polizei. Wenn Sie wirklich die Polizei unterstützen wollen, dann setzen Sie sich für die bessere technische und rechtliche Ausstattung der Polizei gemeinsam mit uns als Union ein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Benjamin Strasser [FDP]: Oje, oje, oje!)

Wieso erschweren Sie die Überwachung und Kontrolle von Gefährdern und Terroristen? Wieso meinen Sie, dass die Polizei unbegründet Bürger überwachen würde? Aus meiner Sicht schwächen Sie mit Ihrem Verhalten die Polizei und gefährden die Sicherheit im Land. Ziehen Sie also Ihren Antrag zurück, und machen Sie sich ehrlich!

(Zuruf der Abg. Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Meine sehr geehrten Damen und Herren, am heutigen Freitag, dem 25. Juni, ist auch mein letzter normaler Sitzungstag als Abgeordneter des Deutschen Bundestages. Wie einige von Ihnen wissen, werde ich nicht für den 20. Deutschen Bundestag kandidieren. Gestatten Sie mir deswegen aus Anlass dieser letzten Rede ein paar Gedanken grundsätzlicher Natur:

Das Thema „innere Sicherheit“ – und da schließt sich auch der Kreis zu diesem Antrag – ist schon seit jeher mein Herzensthema und mir quasi auf den Leib geschneidert. Mein Vater ist Polizeibeamter und war in verschiedenen Verwendungen für unser Land tätig. Bei mir in Torgau war die Polizei allgegenwärtig. Selbstverständlich trafen sich die Kolleginnen und Kollegen an Geburtstagen bei uns zu Hause, oder ich war mit auf dem Revier. Sicherheit und Polizei waren immer das Thema. Auch meine Schwester hat dies geprägt. Sie arbeitet heute bei der Bundespolizei in Diez. Mit meiner Tätigkeit als aktiver THW-Helfer schließt sich für mich nun der Kreis von der Polizei zu den ehrenamtlichen Sicherheitsbehörden.

Angesichts all dieser Prägungen, aber auch aus eigener Überzeugung sage ich deshalb: Sicherheit ist nicht alles, aber ohne Sicherheit ist alles nichts. Diesen Grundsatz müssen wir uns bewahren. Denn ein Staat, der seine Bürger nicht schützen kann, ist kein Staat mehr.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Sicherheit ist die Grundlage für gute Bildung, Gesundheit und wirtschaftliches Wachstum, ein starker Staat aus meiner Sicht Grundvoraussetzung für Wohlstand, Innovation und Zukunftsfähigkeit. Zusammen haben wir deshalb in den letzten acht Jahren sehr viel für die Sicherheit im Land erreicht: 7 500 neue Stellen bei der Bundespolizei, weitere Zuwächse bei den Polizeien der Länder, beim BKA, beim BfV, im Bereich der Verteidigung und vieles Weitere mehr.

Die Novellierung des THW-Gesetzes im letzten Jahr war für mich auch ein persönlicher Erfolg, auf den ich sehr stolz bin. Im letzten Jahr hatte das THW so viele Einsätze wie noch nie, und das lag nicht nur an der Pandemie, sondern vor allem an der neuen Rechtslage. Vielen Dank an alle, die daran mitgewirkt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es braucht aber noch mehr als nur Gesetze und Geld für die innere Sicherheit. Es braucht eine gesellschaftliche Akzeptanz für die Polizei und die Sicherheitsbehörden, insbesondere auch für die Kameradinnen und Kameraden im Rettungsdienst, der Feuerwehr und im THW.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Und die Bundestagspolizei!)

Wir müssen als Gesellschaft insgesamt erkennen, dass ohne die Menschen in Uniformen und Einsatzanzügen keine Sicherheit gewährleistet werden kann. Da hilft kein Geld der Welt. Und deswegen ist es mein Appell, dass wir uns demonstrativ und geschlossen hinter dieses Engagement stellen. Stärken wir unseren Polizisten, Soldaten – heute haben wir von dem schrecklichen Ereignis in Mali gehört –, den Kameraden der Feuerwehr, den Helfern des THW und dem Rettungsdienst den Rücken!

Es ist für mich immer noch unverständlich, wenn in der Rigaer Straße Steine auf Beamte geworfen und Barrikaden angezündet werden. Es ist für mich nicht hinnehmbar, wenn in Leipzig an einem normalen Tag ein Rettungswagen im Clara-Park von angeblich Feiernden angegriffen wird oder wenn Reichsbürger mit Waffengewalt Polizisten bedrohen und sogar auf sie schießen. Gegenüber all dieser Gewalt müssen wir wachsam sein, und wir müssen ihre Bekämpfung in den Mittelpunkt unserer Arbeit stellen. Innere Sicherheit gehört nicht in die politische Schmuddelecke, sondern muss hier im Bundestag an erster Stelle stehen und auch bleiben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich sehe aber auch Nachholbedarf bei uns hier im Hause und in den Ministerien. Um nämlich zu verstehen, was Polizisten, Einsatzkräfte und Soldaten brauchen, empfehle ich, dass Minister, Staatssekretäre und auch die Kollegen Abgeordneten, die im Bereich der inneren oder äußeren Sicherheit Verantwortung tragen, mindestens eine Grundausbildung bei der Bundeswehr, Polizei, Feuerwehr, dem Rettungsdienst oder bei dem THW absolvieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)

Es ist essenziell, dass Entscheider wissen, wie Einsätze ablaufen und wie die Menschen in den Einsätzen denken, arbeiten und wie das Zusammenspiel im Gefüge der Sicherheitsbehörden funktioniert. Nur so verstehen wir, welche Anforderungen und Bedarfe bei Material, Recht oder anderer Unterstützung notwendig sind.

Als Präsident der THW-Bundesvereinigung habe ich – leider durch die Pandemie verzögert – die Grundausbildung zum THW-Helfer absolviert und die Prüfung bestanden. Was ich vorher nur aus Gesprächen kannte, erlebte ich in Ausbildung und Einsatz. Ich habe nun ein noch tieferes Verständnis vom Aufbau der Sicherheitsbehörden, von Einsatzzwängen und den Belastungen der haupt- und ehrenamtlichen Kräfte. Es macht aus meiner Sicht einen Unterschied, wenn man über Ausstattung debattiert und man selbst mal Schere und Spreizer bediente, einen Einsatzort ausleuchtete oder auch einen Rettungskorb getragen hat. Es braucht mehr Verantwortliche aus Politik und Verwaltung, die sich dieses Wissen aneignen. So kann ein tiefes Verständnis für die Arbeit der Sicherheitskräfte entwickelt werden. Dann steht in der Debatte auch die fachliche Perspektive über dem Sicherheitspopulismus. Vielleicht würden dann auch die FDP und Grüne zu anderen, differenzierten Positionen bei diesem Themenfeld kommen.

(Benjamin Strasser [FDP]: Wo ist eure differenzierte Position?)

Weil ich weiß, welche Belastung insbesondere die Ehrenamtler schultern, möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bei allen Menschen bedanken, die für uns in unserem Land Verantwortung im Einsatz übernehmen und die täglich ihren Kopf für uns hinhalten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Harald Weyel [AfD])

Insbesondere bedanke ich mich bei meinen Kameradinnen und Kameraden aus dem THW, die mich so herzlich empfangen und schnell in die große THW-Familie aufgenommen haben. Wir haben hier einen besonderen Schatz, den wir als Parlamentarier in besonderer Weise pflegen müssen. Mein Appell daher: Gehen Sie im Sommer in die Ortsverbände! Wir haben gute Beziehungen zwischen Parlament und THW. Pflegen Sie diese weiterhin, hören Sie vor Ort zu, schauen Sie sich die Arbeit an, und unterstützen Sie die Helferinnen und Helfer dort, wo es notwendig ist!

Ich darf mich auch abschließend bei Ihnen allen, besonders meiner Fraktion, für das gute kollegiale Miteinander über Parteigrenzen hinweg bedanken. Als Vorsitzender des Petitionsausschusses habe ich gelernt, dass man oft gemeinsame Ziel hat, auch wenn man unterschiedlichen Fraktionen angehört. Man denkt ähnlich, und es gibt sehr viele Kolleginnen und Kollegen, die alle das gleiche Ziel haben: sich zum Wohl der Menschen einzusetzen. Ich finde es beeindruckend, dass miteinander gute Verbindungen über alle Fraktionsgrenzen hinweg entstanden sind, und hoffe und wünsche mir, dass wir diese auch weiterhin pflegen. Ich darf dazusagen: Mich ganz persönlich hat es gefreut, als ich hörte, dass Präsidentin Roth heute den Vorsitz während meiner Rede hat. Ich glaube, wir haben in den letzten Jahren eine gute Beziehung entwickelt,

(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Oh!)

und ich freue mich schon auf unseren kleinen Ausflug nach Prag. Vielen Dank.

(Christoph Bernstiel [CDU/CSU]: Da bin ich aber neugierig!)

Tja.

Tja. – Einen Dank möchte ich auch an all meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Büro richten. Sie haben mich als Chef nicht nur getragen, sondern auch ertragen. Sie standen mir mit Rat und Tat zur Seite. Sie waren offen und ehrlich, wenn Sie anderer Meinung waren oder wenn ich mich mal verrannt hatte.

Zum Schluss einen Gruß und lieben Dank an meine Familie. Ich wäre nie in den Deutschen Bundestag eingezogen, wenn es nicht die Unterstützung durch meine Eltern gegeben hätte, die mich ermutigt und tatkräftig unterstützt haben. Ich erinnere mich noch,

(Der Redner stockt – Beifall im ganzen Hause)

als wäre es gestern gewesen, als wir im Wahlkampf 2013 zusammen im heimischen Wohnzimmer mit den Helfern saßen, Kaffee getrunken und Hunderte Kaffeebecher mit meinem Logo beklebt haben. Ohne die Unterstützung der Familie ist es schwer möglich, sein Mandat vollumfänglich und gut auszufüllen. Viel zu selten habe ich mich im Alltag dafür bedankt. Deshalb: Danke.

(Beifall im ganzen Hause)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, als jemand, der 1985 in der ehemaligen DDR geboren wurde, ist es für mich nicht selbstverständlich, Abgeordneter im gesamtdeutschen Bundestag sein zu dürfen. Dass ich einmal hier, in Westberlin, im freien und wiedervereinigten Deutschland stehe, war für meine Familie undenkbar; es schien unmöglich. Es zeigt aber, dass wir als engagierte Menschen unser Schicksal selbst in die Hand nehmen können. Seien wir also auch weiterhin offen, mutig und engagiert! Setzen wir uns für die Freiheit ein! Den Abgeordneten des 20. Deutschen Bundestages wünsche ich dabei, für den Kampf für die Freiheit, weiterhin alles Gute, viel Kraft und Gottes reichen Segen.

Ich freue mich, nun zusammen mit meiner Lebensgefährtin einen neuen Weg gehen zu dürfen und in einen neuen, lebendigen Lebensabschnitt zu starten. Als politischer Mensch werde ich Ihre Arbeit im Interesse Deutschlands und Europas weiter eng und offen begleiten. Deshalb sage ich heute nicht Ade, sondern Auf Wiedersehen.

Vielen Dank.

(Beifall im ganzen Hause – Die Abgeordneten der CDU/CSU erheben sich)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7530953
Wahlperiode 19
Sitzung 237
Tagesordnungspunkt Digitalisierung der Polizei
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