25.06.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 237 / Tagesordnungspunkt 42

Gyde JensenFDP - Menschenrechtspolitik

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor einer knappen Woche hatten viele Menschen im Iran die Wahl: Sie konnten sich entscheiden, ob sie bei den Präsidentschaftswahlen durch ihre Stimmabgabe eine Wahlfarce legitimieren oder ob sie zu Hause bleiben und die Wahl boykottieren. Der Großteil der Iranerinnen und Iraner, die diese Wahl hatten – Staatsbedienstete hatten sie zum Beispiel nicht –, hat Letzteres getan, und sie haben sich damit wohl für die einzige Form des Protestes entschieden, die im Iran überhaupt noch möglich ist, ohne Familie, Freunde, Angehörige oder sich selbst massiv in Gefahr zu bringen.

In Russland wiederum setzen Alexej Nawalny und viele andere alles aufs Spiel, weil sie wollen, dass die Menschen bei der Duma-Wahl, nur eine Woche vor der Bundestagswahl hier, über mehr abstimmen können als über das kleinere Übel. In Belarus gehen die Menschen auch fast ein Jahr nach der gestohlenen Wahl unter Einsatz ihrer persönlichen Freiheit und Sicherheit auf die Straße, weil sie die Hoffnung auf faire und freie Neuwahlen nicht aufgeben wollen. In Hongkong haben Hunderte Menschen ihre Solidarität bekundet, als die letzte freie Zeitung der Stadt schließen musste, weil die Peking-treue Regierung ihre Finanzmittel eingefroren, ihren Verleger verurteilt und ihre Chefredakteure festgenommen hat.

Menschenrechtskrisen von katastrophalem Ausmaß passieren derzeit in Myanmar, in Tigray/Äthiopien, in Syrien und im Jemen. Die UN-Menschenrechtsbeauftragte Michelle Bachelet nannte das, was wir momentan weltweit leider erleben müssen, vor wenigen Tagen die „weitreichendste und schwerwiegendste Kaskade von Menschenrechtsverletzungen zu unseren Lebzeiten“.

Die vergangenen Jahre müssen jeden von uns hier und in der Bevölkerung aufgerüttelt haben. Der Weg zu Freiheit, zu Demokratie, zu Rechtsstaatlichkeit, zu einer Welt, in der alle Menschen überall ihre Menschenrechte völlig selbstverständlich leben können, ist keine schicksalhafte Bestimmung. Das war eine Entscheidung, die die internationale Gemeinschaft am 10. Dezember 1948 mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte bewusst getroffen hat. Und dass wir dieses Ziel erreichen, ich glaube, das muss uns jeden Tag, unabhängig von einer Legislaturperiode, immer wieder neu anspornen.

(Beifall bei der FDP)

Das fängt damit an, dass Menschen aus der ganzen Welt, die hier bei uns in Deutschland Schutz vor Verfolgung suchen, auch sicher sind. Deswegen haben wir Freie Demokraten nicht nur den schon angesprochenen überfraktionellen Antrag zum Iran mit eingereicht, sondern wir haben weitere Initiativen angekoppelt, unter anderem einen Antrag, der sich mit dem Schutz von Menschen, die hier in Deutschland Zuflucht suchen, beschäftigt. Ich würde mich freuen, wenn wir vielleicht auch in der nächsten Legislaturperiode bei solchen Themen interfraktionell arbeiten könnten.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU], Aydan Özoguz [SPD] und Margarete Bause [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Menschenrechte sind keine Buzzwörter, die man aneinanderreiht, es sind auch keine pathetischen Projekttitel und wohlfeile Statements – denn die ändern nichts –, aber davon gab es in dieser Legislatur aus dem Auswärtigen Amt ein bisschen zu viel. Wer weltweit für Menschenrechte eintritt, der braucht auch den Mut, einmal anzuecken. Da kam in dieser Legislatur aus dem Auswärtigen Amt deutlich zu wenig.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Margarete Bause [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich möchte mich für die wunderbare Zusammenarbeit im Menschenrechtsausschuss bedanken – es wurde schon angesprochen –, und ich möchte mich auch dafür bedanken, dass wir die Debatte mit einem interfraktionellen Antrag zur wichtigen Arbeit der Menschenrechtspolitik – es geht um die universellen, unteilbaren und unveräußerlichen Menschenrechte im Iran – schließen können. Lassen Sie uns in dieser Legislatur damit enden und in der nächsten damit weitermachen: im Zweifel für die Freiheit und im Zweifel für die Menschenrechte.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Gyde Jensen. – Nächste Rednerin: für die Fraktion Die Linke Zaklin Nastic.

(Beifall bei der LINKEN)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7530965
Wahlperiode 19
Sitzung 237
Tagesordnungspunkt Menschenrechtspolitik
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