Nicole HöchstAfD - Pflegeversicherung
Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir debattieren eine Reihe von Anträgen rund um die Pflegeversicherung. Unser Antrag möchte vor allem pflegende Eltern unterstützen. Mit dem Begriff der Pflegebedürftigkeit wird zumeist das Bild eines älteren Menschen assoziiert. Dass es deutschlandweit auch über 73 000 Kinder und Jugendliche mit anerkannter Pflegebedürftigkeit gibt, wissen die wenigsten.
Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI wird gewährt, wenn eine Pflegeperson wegen Krankheit, Urlaub oder aus sonstigen Gründen an der Pflege gehindert ist. Für die Verhinderungspflege steht derzeit ein jährlicher Betrag von 1 612 Euro zur Verfügung. Dieser Betrag kann um bis zu 806 Euro aus Mitteln der Kurzzeitpflege aufgestockt werden.
Anders als die Kurzzeitpflege, die nur in bestimmten stationären Einrichtungen in Anspruch genommen werden darf, ist die Verhinderungspflege sehr flexibel einsetzbar. Sie kann beispielsweise durch nicht erwerbsmäßig pflegende Personen wie Angehörige oder Nachbarn oder familienunterstützende Dienste erbracht werden. Sie kann mehrere Wochen am Stück, aber auch tage- oder stundenweise in Anspruch genommen werden.
Leider bedeutet der Arbeitsentwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium zum Pflegereformgesetz eine Verschlechterung für Menschen mit Behinderungen. Ein Teil der sogenannten Verhinderungspflege soll künftig einer längeren Verhinderung der Pflegeperson vorbehalten bleiben. Für die stundenweise Inanspruchnahme der Verhinderungspflege sollen dagegen ab dem 1. Juli 2022 nur noch maximal 40 Prozent des Gesamtjahresbetrags zur Verfügung stehen. Im Ergebnis würden durch diese Regelungen die Mittel für die flexible Einsetzbarkeit der Verhinderungspflege um fast 50 Prozent gekürzt. Das ist unglaublich familien- und behindertenfeindlich.
Verhinderungspflege ist die wichtigste Entlastungsleistung in der Pflegeversicherung, gerade für Menschen und Familien mit behinderten Kindern. Diese Entlastungsleistung darf in ihrer Flexibilität nicht eingeschränkt werden. Die Alternative für Deutschland fordert: erstens den jährlichen Betrag für Verhinderungspflege sowie die Mittel aus der Kurzzeitpflege jeweils um 20 Prozent zu erhöhen, zweitens den derzeitigen Rahmen für die Inanspruchnahme der stundenweisen Verhinderungspflege deutlich zu erhöhen und somit bis zu 80 Prozent des Gesamtjahresbetrags zur Verfügung zu stellen, drittens für Kinder mit hohem Unterstützungsbedarf Ersatzpflegeangebote zu schaffen, die Kinder nicht schlechterstellen als Erwachsene.
Familien mit behinderten Kindern benötigen oft auch kurzfristig Auszeiten von der Pflege, weil der Pflege- und Familienalltag eben nicht immer planbar ist. Für viele Familien ist die Inanspruchnahme von stundenweiser Verhinderungspflege die einzige Möglichkeit, eine solche geltend zu machen, weil insbesondere für Kinder mit hohem Unterstützungsbedarf nicht genügend geeignete Ersatzpflegeangebote für längere Zeiträume zur Verfügung stehen.
Meine Damen und Herren, Entlastung kann nur effektiv sein, wenn sie flexibel, ganz nach Bedarf genutzt werden kann. Auf Eltern behinderter Kinder, die durch die Coronapandemie ohnehin schon bis an ihre Grenzen hochgradig belastet sind, sollte gerade jetzt Rücksicht genommen werden. Ich bitte Sie im Namen der betroffenen Familien unseres Landes: Unterstützen Sie unseren Antrag und zeigen Sie, dass Kraftanstrengungen für die Bürger parteiübergreifend und über alle ideologischen Grenzen hinweg möglich sind.
Ja, auch ich halte heute eine letzte Rede: die letzte Rede vor der Sommerpause. Wenn alles gut geht, sehen wir uns alle wieder. Ich freue mich darauf! Tanken wir Kraft, wir werden sie brauchen für „Deutschland. Aber normal“.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Vielen Dank, Frau Höchst. – Nächste Rednerin: für die SPD-Fraktion Heike Baehrens.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7530974 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 237 |
Tagesordnungspunkt | Pflegeversicherung |