Henning OtteCDU/CSU - Regierungserklärung der BKn zur Lage in Afghanistan, Bundeswehreinsatz zur Evakuierung aus Afghanistan
Herzlichen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Genau darum geht es: um die Verabschiedung eines Mandates, um damit unseren Kräften, die Menschen retten, die politische Rückendeckung und die Rechtsgrundlage zu geben. Denn wir alle haben doch die Bilder aus Kabul vor Augen, wo sich Menschen in Sicherheit bringen, wo sie bereit sind, alles aufzugeben und zu hinterlassen aus Angst vor Rache und vor Vergeltung – Bilder, die wir nicht vergessen werden und die mich als Familienvater auch persönlich umtreiben.
Aber ich habe auch die Bilder von Nine Eleven nicht vergessen, damals, vor 20 Jahren in New York. Das war die Initialzündung, der Anlass für das Engagement in Afghanistan. Dazwischen, in diesen 20 Jahren, liegen viel Licht und Schatten: Licht bei der Zerschlagung von al-Qaida, der Terrorstrukturen unter Bin Laden. Das war der Kernauftrag des militärischen Einsatzes unserer Bundeswehr, und das ist erfolgreich gelungen.
Licht, das waren die erfolgreichen Leistungen unserer Soldatinnen und Soldaten, die sich mit Tapferkeit und mit Kampfkraft für unsere Bundeswehr im Einsatz, im Krieg für mehr Sicherheit eingebracht haben. Und heute, gerade auch heute, denke ich an die 59 gestorbenen und gefallenen Soldaten unserer Bundeswehr und an die Kameradinnen und Kameraden, die an Leib und Seele verwundet sind. Licht gab es auch deswegen, weil aufgrund dieses Einsatzes für viele Jahre ein normales Leben für junge Menschen und vor allem für Frauen möglich war.
Licht und Schatten, so heißt es, liegen oft beieinander. Ein Schatten, ein großer Schatten ist das Versagen der afghanischen Regierung und die Flucht des Präsidenten Ghani. Schatten, das ist das Versagen der afghanischen Armee, die am Ende weitestgehend widerstandslos die Verteidigung aufgegeben hatte. Und Schatten, das ist die Machtübernahme durch die Taliban, ein Tiefpunkt internationaler Bemühungen, eine Krise auch für die NATO.
Aber wir sehen auch die Bilder erfolgreicher Rettungen – die Rettung durch unsere Kräfte, durch unsere Bundeswehr. Das ist die größte Evakuierungsoperation in der Geschichte der Bundeswehr, mit den A400M-Flugzeugen aus Wunstorf, mit den Fallschirmjägern, mit den Spezialkräften und mit leichten Hubschraubern. Das ist modernstes Einsatzgerät, und das ist Einsatzbereitschaft. Für die finanzielle, personelle und materielle Ertüchtigung haben wir uns in der Union immer eingesetzt. Das war wichtig, damit solche Aufträge auch jetzt zur Rettung deutscher Staatsangehöriger durchgeführt werden können, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es ist vollkommen richtig, wenn auch in diesem Zusammenhang dargestellt wird, dass wir für solche gefährlichen Einsätze bewaffnete Drohnen brauchen. Herr Mützenich, es war die SPD, die sich unter der Führung von Frau Esken nicht dazu durchringen konnte. Und Herr Scholz war es, der die Vorlage nicht zugeleitet hat. Wir müssen unseren Soldatinnen und Soldaten diese Geräte auch zur Verfügung stellen, wenn sie jetzt Menschen in gefährlichen Einsätzen dort retten wollen, wo es geht. Wir retten auch befreundete Staatsangehörige. Damit zeigen wir Bündnissolidarität. Wir stehen für dieses Bündnis ein. Deutschland ist ein verlässlicher Partner, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])
Man wundert sich: Wie auch der Einwurf des Kollegen Dehm wieder zeigt, schieben sich die Linken und die AfD die Bälle gegenseitig zu. Sie sitzen an den Rändern dieses Parlamentes, dort, wo man nicht Politik für die Menschen macht, die in der Mitte der Gesellschaft stehen. Mit den Anwürfen im Zusammenhang mit dem Satz von Peter Struck, die Sicherheit Deutschlands würde auch am Hindukusch verteidigt werden – was damals ein richtiger Satz war –, versuchen Sie wieder, die innere Demokratie zu gefährden. Sie gefährden mit Ihrem national isolierten Blick auch die Verteidigung Deutschlands. Wir müssen jetzt dafür kämpfen, dass wir eine starke Mehrheit in der Mitte bekommen. Wir kämpfen dafür, dass die Union wieder die Regierung stellt.
(Beifall bei der CDU/CSU – Jan Korte [DIE LINKE]: Um Gottes willen!)
Diese Doppelmoral – „Um Gottes willen!“ wurde eben von den Linken reingerufen –, auch heute einem Mandat nicht zuzustimmen, das die Voraussetzung dafür ist, dass weitere Menschenleben gerettet werden, gehört nicht in dieses Parlament.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es geht darum, dass wir deutlich machen: Am Anfang war es ein rot-grünes Mandat; jetzt stimmt die Fraktion der Grünen beim Mandat nicht mehr mit. Da geht Ihnen offensichtlich die Luft aus.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], eine blaue Abstimmungskarte hochhaltend: Herr Otte!)
Man muss beharrlich dranbleiben, und man muss Verlässlichkeit zeigen.
Verlässlichkeit nicht gezeigt hat allerdings der ehemalige US-Präsident Trump, der einseitig mit den Taliban Gespräche aufgenommen hat. Es war ein Fehler der amerikanischen Regierung, sich zurückzuziehen,
(Beifall des Abg. Dr. Dr. h. c. Karl A. Lamers [CDU/CSU])
bevor ein Friedensvertrag der Taliban mit der afghanischen Regierung unterschrieben worden ist. Wir hätten dort mehr erwartet, auch von der afghanischen Regierung, auch von der afghanischen Armee. Aber dies ist der Grund, warum wir jetzt dieses Chaos haben. An der Bundeswehr hat es jedenfalls nicht gelegen, meine Damen und Herren.
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: An Ihnen hat es gelegen, an der Regierung! Versager!)
Wir geben unseren Soldatinnen und Soldaten Rückendeckung, und wir wünschen, dass diese Rettungsaktion, auch wenn sich das Fenster bald schließt, erfolgreich weitergeführt werden kann.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir brauchen – das sage ich abschließend – auch Mut für unsere Politik in Europa, eine abgestimmte Außen- und Sicherheitspolitik, als eine Säule der NATO. Wir müssen den Wertekanon der NATO wieder stärken, und wir müssen auch unsere Bundeswehr mit dem ausstatten, was notwendig ist. Es geht darum, mehr Frieden und mehr Freiheit zu generieren. Dafür müssen wir als Deutschland einstehen.
Herzlichen Dank, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7531863 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 238 |
Tagesordnungspunkt | Regierungserklärung der BKn zur Lage in Afghanistan, Bundeswehreinsatz zur Evakuierung aus Afghanistan |