Sabine DittmarSPD - Epidemische Lage von nationaler Tragweite
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir befinden uns mitten in der vierten Welle mit einem äußerst dynamischen, exponentiellen Infektionsgeschehen. Aber diese Welle verläuft anders; es sind vorwiegend junge Menschen betroffen. Mehr als die Hälfte der über 50 000 Neuinfektionen der letzten sieben Tage betrafen Menschen unter 30. Die Krankheitsverläufe sind in vielen Fällen weniger schwer. Das schlägt sich in der Hospitalisierungsrate nieder, also in der Anzahl der Menschen, die wegen ihrer Covid-Erkrankung im Krankenhaus behandelt werden müssen – von denen im Übrigen 94 Prozent keinen Impfstatus haben. Von den derzeit 1 200 stationär behandelten Patienten werden 800 intensivmedizinisch betreut.
Das ist deutlich weniger als im Oktober 2020 bei vergleichbaren Inzidenzen. Deshalb ist es nur folgerichtig, die Infektionsschutzmaßnahmen eben nicht mehr maßgeblich an der Sieben-Tage-Inzidenz festzumachen. Ich sage aber auch: Die Inzidenz ist unbestritten ein sehr wichtiger Frühindikator, um die Infektionsdynamik vor allem in den verschiedenen Altersgruppen abzubilden. Aber die Inzidenz verliert mit zunehmender Impfquote an Aussagekraft, was die Belastung des Krankenhaussektors angeht. Deshalb ist es richtig, jetzt die Hospitalisierungsrate stärker mit in den Fokus zu nehmen. Glückwunsch Herr Minister, dass auch Sie jetzt zu dieser Erkenntnis gekommen sind! Mit Spannung sehe ich den Vorschlägen aus Ihrem Hause entgegen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Meine Damen und Herren, aber eine Sorge habe ich schon. Es ist richtig, dass die Krankheitsverläufe bei den jungen Infizierten in der Regel milder verlaufen. Aber richtig ist leider auch, dass dieser Verlauf einer Covid-19-Erkrankung auf die Entwicklung eines Long-Covid-Syndroms keinen Einfluss hat, und bedauerlicherweise wissen wir über die Verbreitung von Long Covid immer noch viel zu wenig.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Für Deutschland ist bislang weitgehend unbekannt, wie viele Menschen infolge ihrer Covid-19-Erkrankung konkret an Spät- und Langzeitfolgen leiden. Wir wissen nicht, wie schwer diese Beeinträchtigung ist. Die wenigen Studien, die derzeit laufen, reichen nicht aus, um daraus geeignete Präventionsmaßnahmen ableiten zu können.
(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Dazu hat die FDP einen Antrag gestellt!)
Wir brauchen deshalb dringend – dringend – eine verbesserte Daten- und Forschungslage zu Long Covid in den unterschiedlichen Altersgruppen, und wir brauchen weitere Anstrengungen für eine adäquate Diagnostik, Therapie und Rehabilitation. Frau Karliczek, Herr Minister Spahn, geben Sie hier endlich Gas!
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Liebe Bürgerinnen und Bürger, entscheidend ist und bleibt es aber, die Infektion überhaupt zu vermeiden. Und dafür gibt es einen ganz einfachen Weg: Impfen, Impfen, Impfen! Eine Impfung schützt Sie selbst und andere. Unsere Impfstoffe sind sicher, sie sind regulär zugelassen, sie wurden mittlerweile millionenfach – heute die hundertmillionste Impfung auch in Deutschland – verimpft. Und wenn Sie immer noch unsicher sind, suchen Sie das Gespräch mit Ihrem behandelnden Arzt, Ihrer behandelnden Ärztin.
Ich sage hier auch: Ich bin sehr dankbar, dass es zwischenzeitlich auch eine allgemeine Impfempfehlung der STIKO für Kinder und Jugendliche ab zwölf gibt. Das Angebot wird rege angenommen. Zwischenzeitlich sind fast 30 Prozent dieser Altersgruppe erstgeimpft.
Ich sage auch: Klare Vorgaben wünsche ich mir für die Booster-Impfung. Im Moment sind hier die Verfahren von Region zu Region, von Impfzentrum zu Impfzentrum sehr unterschiedlich. Hier brauchen wir dringend eine bundeseinheitliche Verfahrensweise und keinen Flickenteppich.
Meine Kolleginnen und Kollegen, Covid-19 ist noch nicht zu Ende. Steigende Infektionszahlen, steigende Positivrate bei den Tests, steigende Hospitalisierung, eine Impfquote, die noch nicht ausreicht, um die besonders gefährdeten Gruppen effizient zu schützen, all das zeigt uns, dass weiterhin Maßnahmen wie Maskenpflicht – zum Beispiel im ÖPNV, in Innenräumen –, Abstandsregeln, Kontaktnachverfolgung nötig sind. Dies muss in einem rechtssicheren Raum geschehen. Deshalb werbe ich um Ihre Zustimmung zu unseren Antrag.
Kollegin – –
Danke für die Aufmerksamkeit. Passen Sie auf sich auf, und bleiben Sie gesund!
(Beifall bei der SPD)
Das Wort hat Dr. Thomas Sattelberger für die FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7531903 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 238 |
Tagesordnungspunkt | Epidemische Lage von nationaler Tragweite |