07.09.2021 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 239 / Tagesordnungspunkt 2

Markus HerbrandFDP - Sondervermögen "Aufbauhilfe 2021"

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch mein Heimatort Gemünd in der Eifel ist durch das Hochwasser weitgehend zerstört worden. Alleine in meiner Heimatkommune haben in dieser Nacht neun Personen infolge des Hochwassers ihr Leben verloren. Dass es nicht deutlich mehr waren, ist ein großes Wunder. Auch die materiellen Schäden sind apokalyptisch. Straßennetze, Ladengeschäfte, Kindergärten, Schulen, Vereinshäuser sind ebenso verloren wie ganz viele Privathäuser inklusive der darin befindlichen Lebenserinnerungen. Viele haben dazu noch ihre Arbeit verloren. Die Werkstatt des Handwerkermeisters, das Geschäft des Einzelhändlers, Restaurants, Hotels – alles weg, alles zerstört. Alle, die diese Nacht überlebt haben, werden sie nicht vergessen. Ich kenne viele Menschen persönlich, die um ihr Überleben gekämpft haben und die das sicher noch Jahre, vielleicht sogar ihr ganzes Leben lang nicht loslassen wird.

Zu dieser Verzweiflung gesellt sich aber auch sehr große Dankbarkeit – Dankbarkeit für die großartigen Hilfen, organisiert durch Bundeswehr, Technisches Hilfswerk, viele Menschen, Landwirte, Unternehmen aus nah und fern, Rotes Kreuz, die über viele Wochen kamen und immer noch kommen, um selbstlos zu helfen. Hierfür ist selbstverständlich auch die solidarische Hilfe von Bund und Ländern notwendig. Bis heute ist allerdings schon sehr viel Zeit vertan worden. Es wäre daher richtig gewesen, bereits früher eine Sondersitzung einzuberufen, wie von uns gefordert. Jeder Tag früher, an dem die Gewissheit darüber herrscht, wie finanziell entschädigt werden kann, entlastet diese Menschen von diesbezüglichen Sorgen.

(Beifall bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, geben Sie mir bitte auch die Gelegenheit, nach vorne zu schauen. Wir dürfen mit dem heutigen Tag keinesfalls zur Tagesordnung übergehen. Viele der betroffenen Gebiete sind seit jeher ohnehin strukturschwach. Wenn wir jetzt nicht nachhaltig helfen, besteht die Gefahr, dass ganze Landstriche langfristig veröden. Deshalb vier Aspekte, die mir wirklich wichtig sind:

Der erste Punkt. Die Hilfen müssen jetzt wirklich unbürokratisch, zeitnah und nachhaltig kommen. Unser Ziel muss es sein, den Menschen eine langfristige Bleibeperspektive als Arbeitnehmer oder als Arbeitgeber vor Ort zu geben.

Der zweite Punkt. Beim Neuaufbau der öffentlichen und privaten Infrastruktur darf es keine bürokratischen Hürden oder Denkverbote geben. Wir müssen die Chance jetzt nutzen, um nicht nur den Status quo wiederherzustellen, sondern die Regionen fit für die Zukunft zu machen, beispielsweise durch die Förderung energieeffizienter Heizungstechnik und eines modernen Maschinenparks in den Unternehmen. Damit stellen wir Weichen für die Zukunft. Zudem ist die Anbindung der ländlichen Räume von grundlegender Bedeutung für das zukünftige Mit- und Nebeneinander von Stadt und Land. Deshalb muss die langfristig debattierte Elektrifizierung der Eifelbahn von Köln in die betroffenen Regionen ganz oben auf die Prioritätenliste.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Sonja Amalie Steffen [SPD])

Der dritte Punkt. Wir müssen weiterhin lernen, zukünftig besser mit solchen Katastrophen umzugehen. Das reicht von den Warnsignalen, ob digital und/oder analog, bis hin zur Ausschöpfung der Potenziale bei den Aufräumarbeiten. Leider musste ich erleben, dass Hilfe vor Ort oft aus sehr formalen Gründen nicht geleistet werden konnte, obwohl die Bundeswehr oder das Technische Hilfswerk hochmotiviert schon vor Ort waren. Auch muss diese Hilfe dringend über längere Zeiträume gewährt werden, meines Erachtens zum Teil über Monate. Das brauchen die Menschen in den betroffenen Gebieten.

Der vierte und letzte Punkt. Wir werden in den nächsten Monaten erleben, dass weniger das fehlende Geld, sondern der Fachkräftemangel vor Ort zum Problem wird. Wir sollten deshalb auch da Ideen sammeln.

Kollege Herbrand, Sie haben jetzt auch die Zeit, die Ihnen der Kollege Kubicki übrig gelassen hat, aufgebraucht. Sie müssen einen Punkt setzen.

Ein letzter Satz. – Ich denke da beispielsweise an Solidaritätsaktionen über die Handwerkskammern in ganz Deutschland und vielleicht darüber hinaus.

Lassen Sie uns bitte gemeinsam nach vorne schauen und den betroffenen Gebieten nachhaltig helfen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat der Kollege Oliver Krischer für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7531992
Wahlperiode 19
Sitzung 239
Tagesordnungspunkt Sondervermögen "Aufbauhilfe 2021"
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